Julia Saison Band 05
danach war Ashley einfach zu müde, um darüber zu reden, was sie vorher so nervös gemacht hatte. Am Dienstagabend erzählte sie Cal ausführlich von ihrem ersten Tag in der Praxis, und er hörte gern zu. Er fand es toll, wenn sie so leidenschaftlich von ihrer Arbeit sprach. Mittwochmittag wollten sie zusammen essen, doch da kam ihm ein Notfall dazwischen. Am Abend hatte Ashley Bereitschaft und musste ins Krankenhaus zu einer Zwillingsgeburt. Am Donnerstag hatte Cal ab Mittag frei, also fuhr er nach Hause und ging joggen. Als er zurückkam, stand Ashleys Mutter vor der Haustür.
„Hallo Margaret!“, begrüßte er sie höflich.
Ashleys Mutter war ebenso schön wie ihre Tochter, nur trug sie die von ersten grauen Strähnen durchzogenen Haare modisch kurz. Anders als seine Mutter Helen, die zwischen geschäftlichen Dingen und Freizeit strikt trennte, benahm sich Margaret immer wie bei einem Geschäftstermin: kurz angebunden, effizient und distanziert höflich.
„Cal.“ Sie nickte ihm zu und betrachtete die Schweißperlen auf seiner Stirn mit hochgezogenen Augenbrauen.
Hastig wischte er sich mit dem Ärmel übers Gesicht. „Ich war gerade laufen.“
„Das sieht man.“
Er bat sie herein und half ihr aus dem Mantel. „Ashley hat mir gar nicht erzählt, dass du kommst.“
„Ich wollte sie überraschen.“ Margaret zupfte den Saum ihrer maßgeschneiderten Kostümjacke zurecht.
Na toll . Mit gemischten Gefühlen führte Cal sie ins Wohnzimmer.
„Wo ist sie denn?“, fragte Margaret ungeduldig.
Unauffällig schaute Cal auf die Uhr. Erst halb fünf.
„Sie hilft einer Kollegin in ihrer Praxis aus und kommt leider erst um sechs nach Hause oder noch später.“ Cals Bedauern war echt – er hatte keine große Lust, so viel Zeit allein mit seiner Schwiegermutter zu verbringen.
„Das ist hoffentlich nur eine zeitweilige Beschäftigung?“
Warum behielt sie ihre Meinung nicht für sich? Cal nickte steif. „Sieht so aus.“
„Kann ich ganz offen sein?“
Mir wär’s lieber, wenn nicht, dachte er, aber das konnte er wohl schlecht laut sagen. Also schwieg er abwartend.
„Was ist hier eigentlich los?“, fragte Margaret schließlich, als sie sich auf der Couch niederließ. „Hat Ashley etwa noch gar nicht angefangen, sich nach einer passenden Stelle umzusehen?“
Wobei mit passend eindeutig nicht in Holly Springs gemeint war.
„Das solltest du sie vielleicht selbst fragen“, erwiderte Cal vorsichtig.
„Habe ich ja“, gab sie genervt zurück, „aber sie beantwortet meine Fragen zu dem Thema einfach nicht und sie ruft auch nicht zurück, wenn ich Nachrichten auf ihrer Mailbox hinterlasse.“
„Tja, dann weiß ich nicht, was ich dir sagen soll.“
„Dafür sage ich dir jetzt was. Ich bin nicht glücklich mit dieser Situation! Du solltest Ashley dazu bringen, sich für den Job in Maui zu entscheiden – zumindest für ein oder zwei Jahre. Diese Erfahrung wird in ihrem Lebenslauf sehr wertvoll sein. Aber wenn sie die Stelle dort absolut nicht will, dann solltest du dafür sorgen, dass sie sich anderweitig bewirbt, und zwar für Positionen, die ihrer Ausbildung angemessen sind. Stattdessen verschwendet ihr eure Zeit mit einer zweiten Hochzeitsfeier!“
Natürlich hatte er auch Ashleys Eltern eingeladen, sobald der Termin festgestanden hatte, bis jetzt jedoch noch keine Zusage bekommen.
Cal ging in die Küche, um Kaffee aufzusetzen. „Hast du was dagegen?“
„Ich sehe keinen Sinn darin“, antwortete sie achselzuckend. „Ihr seid ja schon verheiratet. Was hat sich in den drei Jahren geändert?“
Alles und doch nichts. Jedenfalls lief ihre Ehe immer noch nicht rund, und er wollte einfach ein Zeichen setzen. Einen neuen Anfang wagen – ob es ihren Eltern gefiel oder nicht.
Als der Kaffee durchlief, ging Cal ins Wohnzimmer zurück und setzte sich Margaret gegenüber in einen Sessel.
„Das Wichtigste zuerst: Ashley weiß nichts von der zweiten Hochzeit. Es ist mein Geschenk für sie zum Valentinstag. Und ich wäre euch sehr verbunden, wenn ihr das für euch behalten könntet. Und zweitens würde es Ashley sehr viel bedeuten, wenn ihr dabei wärt.“
„Ihr Vater und ich sind zurzeit sehr beschäftigt. Ich weiß nicht, ob wir es einrichten können“, gab sie kühl zurück.
Na schön, auch gut .
„Wir haben jedenfalls mehr von dir erwartet“, fuhr Margaret ungerührt fort. „Du hast uns dein Wort gegeben, ihre Karriere nicht zu behindern, als du um ihre Hand angehalten hast.“
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