Julia Saison Band 13
beobachtete. Immer wieder drehten sie sich nach ihr um.
Als Lilah ihn entdeckte, hob sie eine Hand mit ebenfalls feuerrot lackierten Fingernägeln und winkte ihm zu. Ein halbes Dutzend bunter Armreifen klimperte an ihrem Handgelenk.
Er spürte, wie sich alle zu ihm umdrehten und erstaunt zweimal hinsahen.
Dann ging er auf sie zu, grüßte dabei Freunde und Kollegen, die ihn mit einem kleinen Lächeln und respektvollem Nicken bedachten.
Die Leute hier achteten ihn.
Das gefiel ihm, und so sollte es auch bleiben.
Als Ash den Tisch erreichte, an dem Lilah saß, stand sie auf und reichte ihm die Hand, dabei klirrten ihre Armreife. Nachdem sie Platz genommen hatte, setzte er sich ebenfalls.
„Danke, dass Sie sich Zeit für mich nehmen“, sagte sie. „Ich war nicht sicher, ob Sie das wirklich tun würden, aber Eleanor hat darauf bestanden, dass nur Sie für meine Seminare infrage kommen.“
„Dabei kenne ich sie kaum. Wir wurden uns auf verschiedenen Wohltätigkeitsveranstaltungen vorgestellt, aber mehr auch nicht. Ich bin nur mit Wyatt befreundet. Er meinte, Sie würden sich vielleicht aus Ihrer Kindheit an ihn erinnern.“
Lilah nickte. „Der wilde Wyatt? Ja, er hat mal versucht, mir auf dem Schulhof unter den Rock zu gucken, als ich sechs oder sieben Jahre alt war. Oder vielleicht hatte er auch seinen Freund dazu angestiftet.“
„Das klingt nach Wyatt“, stimmte Ash zu.
„Ist er wirklich mit Kathleens Enkelin verheiratet?“
„Ja.“
„Glücklich? Ich bin so neugierig auf sie, habe sie aber noch nicht kennengelernt. Kathleen sagte, sie hat ein Buch geschrieben, das demnächst erscheint – finanzielle Ratschläge für Frauen – und bereitet sich gerade auf eine Lesereise vor. Aber die Vorstellung, dass der Wyatt, den ich kenne, jetzt glücklich verheiratet ist …“
„Nun …“ Ash zuckte mit den Schultern. Was sollte er dazu sagen? Ihm fiel es ebenfalls schwer, das zu glauben. „Sie sind noch nicht lange verheiratet.“
„Hm. Kathleen und Gladdy glauben, er sei der perfekte Ehemann. Ich würde denken, dass Eleanor es besser wüsste, da sie doch schon ewig hier lebt. Aber sie hat keine Einwände, wenn sie von Wyatt schwärmen. So langsam mache ich mir echt Sorgen um die drei. Dass sie vielleicht … Sie wissen schon, geistig nicht mehr ganz fit sind. Das wäre so schade. Sie wirken so nett. Ein bisschen aufdringlich und neugierig, aber absolut reizend.“
Da konnte Ash nicht widersprechen.
„Ich weiß, dass Wyatt sich um sie sorgt und sie im Auge behält“, fügte er hinzu. Vielleicht reichte das, um die rot gewandete Frau zu warnen, falls sie vorhatte, diese netten alten Frauen auszunutzen.
„Gut“, stimmte Lilah zu. „Ich denke, jemand muss auf sie aufpassen.“
Entweder meinte sie das ehrlich, oder sie führte ihn an der Nase herum.
Er konnte es wirklich nicht sagen, dabei hatte er immer geglaubt, einen guten Instinkt zu besitzen und Menschen einschätzen zu können.
Die Kellnerin kam. Ash wusste, was er wollte, und fragte Lilah, ob sie sich ebenfalls schon entschieden hätte. Sie warf einen kurzen Blick auf die Speisekarte und wählte dann das Tagesangebot mit Suppe und Sandwich.
Kurz darauf kam die Kellnerin zurück und sagte: „Das hätte ich beinahe vergessen. Ich habe den Geschäftsführer gefragt, und er ist einverstanden, eins Ihrer Poster im Fenster aufzuhängen.“
Sie nahm ein kleines Poster von ihrem Stapel Speisekarten und gab es Lilah zurück, die sich lächelnd bedankte.
Ash erhaschte einen Blick auf den durchsichtigen Schleier, den ihr nacktes Model getragen hatte, und konnte es nicht glauben. Die nackte Lady auf einem Poster? Und das wollte Lilah im Restaurant aufhängen? Bestimmt hatte sich der Geschäftsführer das Poster nicht richtig angesehen.
„Das können Sie hier nicht aufhängen“, sagte Ash bestimmt.
Lilah sah ihn befremdet an. „Sie haben die Kellnerin doch gehört: ich kann.“
„Das Bild einer nackten Frau auf einem Poster wird in dieser Stadt nicht funktionieren. Ich bin ziemlich sicher, dass es gegen das Gesetz verstößt.“
„An dem Bild ist nichts Anstößiges“, protestierte Lilah. „Warum lassen wir die Leute nicht selbst entscheiden?“ Langsam zog sie ein Poster aus dem Umschlag, den sie dabeihatte.
„Tun Sie das nicht!“ Ash griff nach ihr. „Weder hier noch jetzt.“
„Nur weil Sie ein Problem mit ein bisschen Nacktheit haben, Euer Ehren, heißt das nicht, dass Ihre Mitbürger auch so denken“, entgegnete sie
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