Julia Sommerliebe 0020
Terrasse hinaus.
„Diese verdammten Fotografen“, zischte er. „Nie lassen sie einen auch nur für fünf Minuten in Ruhe.“
„Nein, das tun sie nicht“, murmelte Victoria.
„Man würde denken, dass Sie sich inzwischen daran gewöhnt hätten. Filmstars genießen doch eigentlich das Rampenlicht, oder nicht?“ Er betrachtete sie kritisch von der Seite.
„Ich nicht“, erwiderte sie halb lächelnd. Die Arme vor der Brust verschränkt, starrte sie auf den erleuchteten Boulevard Croisette und die funkelnden Lichter der Jachten im Hafen.
„Victoria?“ Annes Stimme erklang hinter ihnen. Victoria drehte sich um. „Ich störe nur ungern“, erklärte die Agentin entschuldigend und bedachte den Prinzen mit einem strahlenden Lächeln. „Aber eine wichtige Pariser Zeitschrift möchte dich interviewen.“
„Jetzt?“, fragte Victoria unwillig. Ein Interview war nun wirklich das Letzte, wonach ihr im Moment der Sinn stand.
„Jetzt sofort. Es ist der einzige mögliche Zeitpunkt.“ Abermals schenkte Anne Rodolfo ein Lächeln.
„Nun gut, dann habe ich wohl keine Wahl. Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht, Hoheit.“
„Gute Nacht.“ Sanft führte der Prinz ihre Hand an seine Lippen. „Und bitte vergessen Sie Ihr Versprechen nicht.“ Er warf ihr einen halb amüsierten, halb herausfordernden Blick zu, den Victoria zögernd erwiderte.
„Natürlich nicht“, antwortete sie und spürte förmlich Annes Neugier.
Sekunden später eilte sie mit ihrer Agentin den Flur entlang zu ihrer Suite, in der das Interview stattfinden sollte.
„Was hatte denn das zu bedeuten?“, fragte Anne. „Was hast du ihm versprochen? Ich hoffe, kein Presseinterview, denn ich habe dem Magazine de Paris Exklusivrechte zu gesagt. Solche Sachen kannst du nicht selbstständig ver handeln, Victoria.“
„Ach, ich bitte dich, Anne. Denkst du denn nie an etwas anderes als die Arbeit?“, entfuhr es Victoria gereizt. „Er wollte nur, dass ich mich bei ihm melde, falls ich mal nach Malvarina komme. Und da du unbedingt möchtest, dass ich dort hinziehe, sollte dich das nur freuen.“
„Ach so“, murmelte Anne überrascht. Der Prinz wollte Victoria wiedersehen? Das könnte ihrem Image allerdings sehr gut bekommen. Ja, je mehr Anne jetzt darüber nachdachte, desto besser gefiel ihr der Gedanke. „Du solltest dich wirklich bei ihm melden. Aber nun – Showtime! Ich sage den Reportern, dass du so weit bist.“
„Einen Augenblick noch“, bat Victoria, während sie heimlich nach der Kapsel in ihrer Handtasche tastete. „Ich muss nur noch einmal auf die Toilette.“
„Gut, aber bitte beeile dich. Man wartet auf uns und wir sind schon spät dran.“
Schnell verschwand Victoria auf der Damentoilette. Zum Glück war der Waschraum leer. Völlig entkräftet lehnte sie sich gegen das Waschbecken und atmete tief durch. Wieso fühlte sie sich mit einem Mal wieder so müde? Wie lange musste sie diesen Trubel denn noch aushalten?
Aber es gab keinen Ausweg. Sie hatte eine Rolle zu spielen, und sie hatte sie gut zu spielen.
Schnell nahm sie die Tablette aus ihrer Handtasche und spülte sie mit einem Schluck Wasser hinunter. Dann schloss sie die Augen und wartete auf die erlösende Wirkung. Nach zwei Minuten hob sie den Kopf, fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, überprüfte ihr Make-up im Spiegel und wappnete sich für das Interview. Unterwegs zu ihrer Suite musste sie plötzlich an den Prinzen denken. Wie angenehm beruhigend seine Gegenwart doch gewesen war …
Nachdem Victoria sich verabschiedet hatte, blieb Rodolfo noch einige Minuten lang allein auf der Terrasse zurück. Nachdenklich blickte er in die Nacht hinaus. Aus dem Hintergrund tönten die Geräusche der Party zu ihm hinüber: die Musik, das übertriebene Gelächter und die nichtssagenden Gespräche. Er verspürte keinerlei Verlangen, den Ballsaal wieder zu betreten.
Irgendetwas an Victoria hatte ihn fasziniert. Nicht nur ihre Schönheit, die ohne Zweifel Seltenheitswert besaß. Nein, es war vor allem ihre Art, die ihn so positiv beeindruckt hatte. Sie hatte nichts Künstliches an sich, nichts Falsches. Und das war definitiv etwas Besonderes in dieser Umgebung.
Er nahm sich vor, unbedingt ihren Film zu sehen. War sie wirklich so großartig, wie alle behaupteten? Vielleicht. Zumindest nahm sie ihren Beruf ernst, so viel war klar. Er stellte sich vor, wie sie in diesem Moment oben in ihrer Suite saß und die bohrenden Fragen der Journalisten beantwortete. Wie gerne hätte er ihr
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