Julia Sommerliebe Band 24
Deinetwegen sind Kunden abgesprungen, Malik. Ich hätte meine Firma verlieren können. Das ist bei unserer Romanze für mich herausgekommen. Und du fragst dich, warum ich keine Romantikerin bin?“
Um Maliks Mundwinkel erschienen zwei feine Linien. „Das habe ich ihm nicht gesagt.“
„Was dann? Er war jedenfalls überzeugt von seiner Version, als er mit seinem Auftrag zur Konkurrenz gegangen ist. Übrigens handelte es sich um ein ziemlich großes Projekt. Eins, das weitere Aufträge nach sich gezogen hätte. Aus heiterem Himmel durfte ich einigen ziemlich verwirrten Kunden erklären, dass ich nicht heirate.“
Seine dunklen Augen wirkten beinahe schwarz. „So wie du hat mich noch nie jemand gedemütigt.“
„Nein, du hast mich gedemütigt, Malik! Hast mich aussehen lassen wie eine dumme Nuss, die nur darauf wartet, dass ein Prinz daherkommt und sie von ihrem traurigen Schicksal erlöst. So oft hast du gesagt, dass du meine Unabhängigkeit und Stärke magst, und dann fällst du mir derart in den Rücken! Hast du wirklich geglaubt, ich würde meinen Beruf aufgeben und dich heiraten?“
„Ich dachte, du vertraust mir“, erwiderte er mit belegter Stimme. „Immerhin waren wir glücklich zusammen.“
„Bis du versucht hast, über mein Leben zu bestimmen. Sobald wir verheiratet sind, wird sie keine Zeit mehr haben, Ihre Partys zu organisieren. Hast du das etwa nicht zu ihm gesagt?“
„Doch. Allerdings hatte ich Gründe dafür.“
„Sicher. Du gibst Befehle, seit du sprechen kannst. Du kennst es nicht anders. Aber ich lasse mich nicht herumkommandieren. Mist, warum erzähl ich dir das überhaupt?“ Wütend, weil ihr die Tränen kamen, stapfte sie zum Geländewagen. Als sie die Fahrertür aufziehen wollte, legte Malik seine Hand auf ihre. „Lass mich“, fuhr sie ihn an. „Jetzt bin ich dran.“
„Unsere Unterhaltung ist noch nicht zu Ende.“
„Doch. Jedenfalls, was mich angeht.“
„Ich habe die Sache mit Richard Kingston falsch eingeschätzt, das räume ich ein. Aber es gab besondere Umstände.“
Sie spürte die Wärme von Maliks Hand, den Druck seiner Finger. „Es gibt keine Entschuldigung, wenn ein Mann seine Heiratsabsichten zuerst mit anderen Leuten bespricht statt mit der Frau, die er heiraten will.“ Avery zog ihre Hand unter seiner weg.
„Weinst du etwa?“
„Sei nicht albern. Ich habe nur Sand in den Augen. Hier ist es nämlich staubig, falls es dir noch nicht aufgefallen sein sollte.“
„Du trägst eine Sonnenbrille, Avery.“
„Tja, die scheint ihren Dienst nicht besonders gut zu erfüllen.“ Sie zog die Autotür auf und setzte sich ans Steuer. Ihr war elend zumute. Sie fragte sich, warum sie sich das bloß antat. Noch dazu in der Wüste, die doch so eng mit ihnen beiden verbunden war, dass Avery schon traurig wurde, wenn sie nur ein Foto von ihr sah.
Bei ihrer ersten Reise nach Zubran hatte Avery sich verliebt, und zwar gleich zweifach: in das Land mit seinem faszinierenden Kontrast zwischen Traumstränden und der wilden Schönheit der Dünen – und in den Kronprinzen. Für sie war Malik untrennbar mit seinem Land verknüpft. Die Wüste hatte ihn stark und in gewisser Weise auch hart gemacht.
Averys Gefühle für Malik hatten sie von Anfang an geängstigt. Sie taten es noch heute. Darum behandelte sie ihn auch von oben herab. Ein anderer Umgangston hätte der gefährlichen Chemie zwischen ihnen beiden zu viel Raum gelassen.
Sie fuhr los. Im Wagen herrschte Schweigen. Eine Stunde verging, dann noch eine. Avery war heilfroh, dass sie am Steuer etwas anderes zu tun hatte, als über Malik nachzudenken. Dummerweise gelang es ihr nicht, egal, wie sehr sie sich auf die Straße konzentrieren wollte. Die Luft um sie herum schien sich zu verdichten, bis Avery das Gefühl hatte, kaum noch atmen zu können. Sie umklammerte das Lenkrad so fest, dass ihre Knöchel weiß wurden.
Malik musste bald heiraten, damit sie ihn endgültig aus ihrem Kopf und ihrem Herzen reißen konnte. Ehemänner waren für Avery tabu. Sobald Malik verheiratet war, konnte sie also wieder ein normales Leben führen.
Irgendwann brach Malik die Stille: „Wir übernachten neben den beiden Felsen da vorne. Sie bieten den besten Schutz vor dem Wetter.“ Er klang geschäftsmäßig.
Ich brauche keinen Schutz vor dem Wetter, sondern vor dir , dachte Avery. Oder vor mir selbst? Nervös stoppte sie den Wagen. „Du kannst am linken Felsen zelten. Ich nehme den anderen“, sagte sie in dem Bemühen, Distanz
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