Julia Sommerliebe Band 24
die wenige Zeit, die ihnen noch blieb, zu genießen.
Ketut servierte einen würzigen Ingwersalat, danach Nasi Goreng mit Knoblauch und Garnelen. Alles war, wie auf Bali üblich, mit reichlich Koriander gewürzt und schmeckte einfach himmlisch.
Harry blickte in den Sonnenuntergang. Es war ein außergewöhnlicher Tag gewesen, voller Vitalität und Wärme. Er spürte, dass sein Leben nach diesem Tag eine neue Richtung einschlagen konnte, und das hatte er allein Bonnie zu verdanken.
Nur den bevorstehenden Abschied klammerten sie in ihrer Unterhaltung aus. Stattdessen erzählte Bonnie von ihren vorangegangenen Einsätzen im Outback. Harry kannte einige der Orte, verschwieg ihr aber noch immer, in welcher Funktion er sich dort aufgehalten hatte. Doch zum ersten Mal seit Langem regte sich in ihm eine leise Sehnsucht nach seinem Beruf und seinem früheren Leben.
Fast hätte er ihr von Steves Angebot erzählt und ihr gestanden, dass er selbst der Arzt war, der so kurzfristig abgesprungen war, dass sie ihren Urlaub verkürzen musste. Aber er konnte es nicht. Uluru war nicht weit entfernt von Katherine, wo Clara ums Leben gekommen war. Auch das verschwieg er Bonnie.
„Falls du doch zurückkommst, kann ich dir noch mehr von der Insel zeigen.“
Bonnies Augen verengten sich. „Ich kann zwar nicht in die Zukunft sehen, aber sollte ich eines Tages zurückkehren, hoffe ich, dich nicht mehr hier anzutreffen. Wovor auch immer du dich versteckst, Harry, ich finde, es ist an der Zeit, dass du dein Leben wieder in die Hand nimmst.“
Harry blinzelte irritiert. Solche offenen Worte war er nicht gewohnt.
„Verschwende nicht den Rest deines Lebens.“
Vielleicht sollte er ihr von der Bekannten seiner Mutter erzählen, die in der Nähe eine kleine Geburtsklinik eröffnet hatte und sich um Frauen wie Mardi kümmerte, die nicht genug Geld hatten, eine Hebamme zu bezahlen. Vor seiner Heirat hatte Harry dort selbst jedes Jahr für einige Monate gearbeitet. Doch seit Claras Tod hatte er das Gebäude nicht mehr betreten.
Bonnie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. „Jedenfalls danke ich dir für diesen bemerkenswerten Tag, Harry.“ Sie drückte kurz seine Hand und stand auf. Wie aus dem Nichts war Ketut zur Stelle, und sie schüttelte auch ihm zum Abschied die Hand. „Und ich danke Ihnen für dieses köstliche Abendessen.“
„Sie müssen einmal wiederkommen“, antwortete Ketut mit einem vielsagenden Blick auf Harry.
„Eines Tages vielleicht.“ Bonnie nahm ihre Tasche und folgte Harry auf dem schmalen Pfad zurück zum Auto. Bevor sie einstieg, drehte sie sich noch einmal zum Haus um. „Danke, dass du mich an diesen magischen Ort gebracht hast, Harry.“
„Ich habe dir zu danken“, entgegnete er. Er war sich noch immer nicht sicher, was ihn dazu bewogen hatte, sie so dicht an sich heranzulassen. Ganz zu schweigen davon, dass er sie wie ein unbeherrschter Schuljunge verführt hatte. Von Anfang an hatte er gewusst, dass diese Frau ihm gefährlich werden konnte. Nun musste er mit den Folgen seiner unbedachten Handlungen leben.
Zum Glück waren sie in einem wichtigen Punkt vernünftig gewesen. Für den Bruchteil einer Sekunde blitzte vor seinem inneren Auge das Bild von Bonnie mit einem Baby auf dem Arm auf. Wenigstens in dieser Hinsicht waren keine Konsequenzen zu befürchten.
Nach Einbruch der Dunkelheit hatten die Straßen sich geleert. Viel zu schnell erreichten sie das Hotel. Vor ihrer Zimmertür drehte sich Bonnie noch einmal zu ihm um, ihren Schlüssel in der Hand.
„Danke, dass du mich zurückgebracht hast.“
Er suchte nach den geeigneten Abschiedsworten für die Frau, die sein Leben innerhalb von zwei Tagen auf den Kopf gestellt hatte, aber ihm fiel nichts ein. „Danke, dass du mir deine Zeit geschenkt hast.“
Eine letzte Umarmung. Harry schloss die Augen und atmete den Vanilleduft ihres Shampoos ein, der ihm bereits so vertraut war. Ihr Körper war weich und biegsam, fast ein wenig zu mager. Am liebsten hätte er sie nicht mehr losgelassen.
Dann löste sie sich aus seinen Armen und gab ihm einen flüchtigen Kuss auf den Mund. „Gute Nacht, Harry. Pass auf dich auf.“ Einen Augenblick später war sie verschwunden.
„Und du auf dich“, sagte er zu ihrer geschlossenen Zimmertür.
Am darauffolgenden Morgen hatte Bonnie bereits fix und fertig gepackt, obwohl der Bus sie erst in zwei Stunden zum Flughafen bringen würde. Sie setzte sich mit einem Buch an den Pool. Es war abermals ein heißer Tag, und der
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