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Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie

Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie

Titel: Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilia Milstein , Dmitri Popov
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Verhältnisses gewesen. Darin erscheint sie als seine treue Bündnispartnerin, während er sie permanent verrät. Sie verzeiht ihm und streckt ihm die Hand entgegen. Ihre Hand jedoch greift ins Leere …
    Man kann die Dinge aber auch anders sehen.
    Wenn Julia Timoschenko alles auf den ewigen Mythos von den treulosen slawischen Männern und ihren duldsamen, alles verzeihenden Frauen zurückführt, dann vereinfacht sie die Dinge ein wenig. Das geht so weit, dass sie in einem Interview nach ihrem Rücktritt im Jahre 2005 eine weitere Gestalt in ihr Verhältnis mit Juschtschenko einführt – das ukrainische Volk. Dem wird die Rolle des Kindes zugewiesen, das an der Scheidung der Eltern unschuldig leidet. »Wer hält die Familie zusammen, der Mann oder die Frau? Ich sage Ihnen: Nur die Frau. Schauen Sie nach, bei wem das Kind bleibt. Immer bei der Mutter. Die Väter sind wunderbare Menschen, Männer sind stark, aber in gewisser Weise zynisch und pragmatisch …« Wenn sie auf ihre eigene Kompromisslosigkeit angesprochen wird, kehrt Julia Timoschenko sofort zu diesem Familiendreieck zurück: »Sagen Sie mir einen Fall in der Geschichte der Menschheit, da jemand ein Kind kränkt und seine Mutter kompromissbereit und freundlich bleibt. Eine Mutter muss ihr Kind oft verteidigen, und häufig geht das nur mit Härte.«
    Das Bild der Mutter aller Ukrainer ist etwas Neues im Mythos Julia Timoschenkos. Aber etwas durchaus Verständliches. Mütterliche Töne tauchen bei ihr im Jahre 2005 auf, als sie Ministerpräsidentin wird. Sie ist jetzt die Nummer zwei im Staate, die direkte Verantwortung für das Schicksal ihres Volkes trägt. Aus London kehrt Julia Timoschenkos Tochter nach Kiew zurück, und in den Boulevardblättern ist von nichts anderem mehr die Rede als von deren Hochzeit. Neben der 25-jährigen Jewgenia weiterhin die Prinzessin zu spielen, fällt Julia immer schwerer.
    Aber kehren wir ins Jahr 2001 zurück. Jewgenia studiert an der angesehenen London School of Economics and Political Science, und Julia Timoschenko ist gerade wieder freigekommen. Sie wird von zwei brennenden Gefühlen verzehrt. Hinter ihr liegt das kalte Entsetzen des Gefängnisses. Ihr Herz ist von Rache erfüllt und schreit nach Vergeltung. Über ihr hängt das Damoklesschwert neuer Anklagen. In den ersten Wochen nach ihrer Freilassung ist die Gefahr einer erneuten Verhaftung ebenso real wie im Februar. Aber ihre Wut ist stärker als die Angst. Dazu kommen Gerüchte, sie hätte sich wieder mit Kutschma geeinigt, um freizukommen. Julia Timoschenko sucht selbst die Reporter und erklärt ihnen in scharfer Form, was sie von diesem Tratsch und vom Präsidenten denkt. Am 7. April hält sie schließlich vor dem »Forum zur Nationalen Rettung« eine programmatische Rede.
    Diese läuft auf einen einzigen Gedanken hinaus: Kutschma muss aus dem Präsidentenpalast vertrieben werden. Ihre Eloquenz hat sie in der düsteren, stillen Gefängniszelle nicht verloren. Sie vergleicht den Präsidenten mit dem Pfropfen in einer Flasche. Ihn muss man hinaustreiben und zum Teufel schicken, »damit der junge Wein der Freiheit ungehindert fließen kann«. Zugleich verkündet Julia Timoschenko ihre Absicht, bei der nächsten Präsidentschaftswahl anzutreten. Dabei hat sie noch gar nichts entschieden. Außer einem: Eine Ukraine ohne Kutschma ist nicht nur eine gelungene Losung für politische Sonntagsreden. Es ist die Zukunft, die sie ins Visier nimmt.
    Wenn sie nach Verbündeten Ausschau hält, fällt ihr ständig Viktor Juschtschenko ein. In ihren Gedanken ist von allem etwas – Liebe und Hass, Trauer und Hoffnung. Sie achtet Juschtschenko. Sie verachtet Juschtschenko. Sie beneidet ihn. Zu ihm gibt es keine Alternative.
    Julia sucht nach Rechtfertigungen für seinen »Verrat«. Im Frühjahr 2001 zeigt sich, dass diese leicht zu finden sind.
    Er hat sie nicht vor Kutschma in Schutz genommen? Zugelassen, dass man sie aus der Regierung warf? Aber es gab und gibt niemanden anderen, den Juschtschenko so entschlossen verteidigt hätte. Allerdings sind die Grenzen seiner Entschlossenheit leicht zu erkennen. Das unterscheidet ihn von ihr, die in dieser Hinsicht gar keine Grenzen kennt … Er hat den schändlichen Brief unterschrieben? Eine Verweigerung hätte seine sofortige Entlassung nach sich gezogen. So konnte er noch für eine bestimmte Zeit auf seinem Posten bleiben. Er riskierte sein Gesicht, um ihr zu helfen. Als sie in der Zelle saß, empfing Juschtschenko im Büro des

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