JULIA VALENTINSBAND Band 19
benutzen.“
„Warum? Haben Sie Angst im Dunkeln?“
„Nein. Ich mache mir eher Sorgen um Ihre Sicherheit. Es ist schon spät, und um diese Uhrzeit sollten Sie nicht allein über das Gelände spazieren. Besonders, wenn sich Benzindiebe in der Nähe herumtreiben.“
„So viel Ritterlichkeit hätte ich Ihnen gar nicht zugetraut.“
„Ich bin nicht der böse Wolf, den Sie vermutlich gern in mir sehen möchten.“
Wie praktisch, dachte Lacey sarkastisch, weil sie keine Lust verspürte, Rotkäppchen zu spielen. Trotzdem musste sie sich eingestehen, dass sie keinesfalls allein durch die kalte Nacht hasten wollte. „Danke für das Angebot. Aber warum benutzen wir nicht den Apparat im Constant Cravings? Ich koche uns einen Kaffee, während wir darauf warten, dass die Ritter der Landstraße uns erlösen. Der Pannenservice.“
„Klingt … erstaunlich gut. Einverstanden.“
„Sie sind offenbar richtig erschüttert, dass ich eine gute Idee hatte.“
„Ach … genauso erschüttert wie Sie über meine Ritterlichkeit?“
Überrascht nahm Lacey zur Kenntnis, dass sie unwillkürlich auflachen musste. „Ja.“
„Also, wenn das so ist … es tut mir leid.“
Sie musterte ihn aufmerksam und lächelte verhalten. „Nein, es tut Ihnen nicht leid. Du lieber Himmel, Sie sind wirklich ein lausiger Lügner.“
„Komisch, das hat mir schon mal jemand erklärt“, meinte Evan.
„Bestimmt kann man Sie beim Pokern leicht hinters Licht führen.“
„Darum spiele ich lieber Blackjack.“
Lacey und Evan machten sich auf den Weg über den Hof und entschlossen sich zu einer Abkürzung quer über den Rasen. Sie hatte immer noch die Arme um den Oberkörper geschlungen und beeilte sich, so gut sie konnte. Inständig hoffte sie, dass die Bewegung die Kälte vertreiben würde, als plötzlich ein metallisches Klicken die Stille zerriss.
„Was ist das?“, fragte Evan und blieb stehen, als es nicht aufhörte.
„Keine Ahnung“, erwiderte Lacey und hielt ebenfalls inne. In diesem Moment schossen dutzende kleiner Metallpfeifen aus dem Boden hervor, und sie begriff erst, was passiert war, als eiskaltes Wasser ihr auf den Bauch spritzte.
Das Blut schien ihr in den Adern zu gefrieren. Erschrocken sog sie die Luft in die Lungen und stöhnte dann auf. „Es ist …“
„… die Bewässerungsanlage. Schon kapiert. Meine Hose ist vollkommen nass. Verdammt. Kann es heute Nacht eigentlich noch schlimmer kommen?“
„Bitte. Diese Frage sollten Sie sich verkneifen. Vorhin habe ich nämlich auch darüber nachgedacht, und ich bin zu dem Schluss gekommen, ja, es kann noch schlimmer werden.“ Lacey schnappte entsetzt nach Luft, als die Bewässerungsanlage ihr das kalte Wasser wie aus einer Spritzpistole über den Bauch sprühte.
„Dann sollten wir uns schleunigst aus der Gefahrenzone bringen“, meinte Evan, „bevor wir vollkommen durchnässt sind.“ Er ergriff ihre Hand und setzte zu einem Sprint über den Rasen an.
Lacey gab das Beste, um mit ihm Schritt zu halten und sich mit ihm im richtigen Moment zu ducken, um unter den Sprühköpfen der Anlage hinwegtauchen zu können. Aber das war leichter gesagt als getan, denn er war mindestens dreißig Zentimeter größer als sie. Außerdem war sie vollkommen ausgelaugt und erschöpft. Sie fühlte sich am ganzen Körper wie ein Eiszapfen, wenn man von ihrer Hand absah. Ihre Hand wärmte sich in seiner, und sie war überrascht, wie angenehm die Wärme in ihrer Handfläche kribbelte. Angenehm? Nein, ausgeschlossen.
Sie näherten sich dem Ende der Rasenfläche. Das Constant Cravings lag nur noch ungefähr dreißig Meter entfernt, als sie auf dem nassen Rasen aus dem Tritt kam. Lacey schrie auf. Unwillkürlich packte sie Evans Hand noch fester und versuchte, nicht zu Boden zu gehen. Aber sie rutschte mit den Füßen weg, stolperte hilflos und krachte mit dem Hintern dumpf auf den durchweichten Rasen. Bevor sie durchatmen konnte, stürzte er mit seinem ganzen Gewicht auf sie, und sie stieß den letzten Rest Sauerstoff pfeifend aus den Lungen.
Lacey hob den Kopf und starrte direkt in Evans nasses Gesicht. Erschrocken erwiderte er ihren Blick, seine Augen befanden sich nur wenige Zentimeter von ihren entfernt. Ihr stockte der Atem. Und als ihr bewusst wurde, dass er seinen Körper auf ihren presste, hatte sie ein paar Sekunden lang sogar das Gefühl, dass ihr Herzschlag aussetzte. Es war lange her, dass sie das letzte Mal den Körper eines Mannes auf ihrem gespürt hatte. Und … du liebe
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