Julia-Weihnachten Band 23
arbeite als Verkäuferin, und ich schäme mich deswegen nicht“, erklärte Clemmie stolz. „Es ist keine anspruchsvolle Arbeit, aber trotzdem durchaus befriedigend. Außerdem möchte ich einfach genug Geld verdienen, und meine Kinder sollen darunter so wenig wie möglich leiden müssen.“
„Bravo“, flüsterte er.
Clemmie warf ihm einen kalten Blick zu. „Machst du dich über mich lustig?“
Er schüttelte den Kopf. „Keineswegs. Nicht mal im Traum käme ich auf so eine Idee.“
Zweifelnd verzog sie den Mund. „Weshalb fällt es mir schwer, dir zu glauben?“
Um seine Augen bildeten sich winzige Lachfältchen, während er sie weiterhin fest ansah. „Vielleicht, weil du eine Zynikerin bist?“, schlug er leise vor.
Clemmie schenkte ihm ein Lächeln, das er seit Jahren nicht mehr gesehen hatte. Herausfordernd fragte sie: „Aha, bin ich das?“
Clemmie sieht heute Abend einfach entzückend aus, dachte Alec. Unwillkürlich wünschte er sich, sein Haus wäre nicht voller Gäste. „Ich gehe lieber und passe eine Weile auf die Kinder auf“, erklärte er ohne größere Begeisterung. „Hoffentlich haben sie das Zimmer nicht in Einzelteile zerlegt. Oh, da ist Miss Cummings. Komm, ich stelle sie dir vor.“
Eine temperamentvolle Rothaarige mit wildem lockigem Haar brach in lautes Gelächter aus, als sie seine Worte hörte. „Wage es ja nicht, mich noch einmal so zu nennen, Alec Cutler“, schimpfte sie. „Ich komme mir ja wie eine Hundertjährige vor. Mindestens. Hi, ich bin Maggie“, wandte sie sich mit entwaffnender Freundlichkeit an Clemmie.
Maggie war nicht nur lustig, sondern auch sehr hübsch. Auf diese Art von Frau wäre Clemmie ein bisschen eifersüchtig gewesen, doch Maggie war ausgesprochen nett. Sie erzählte, dass sie im vergangenen Jahr Stellas Klassenlehrerin gewesen war. Rasch wurde Clemmie klar, dass Maggie für Alec Cutler schwärmte. Anscheinend hielt sie ihn für das Beste, das der Menschheit überhaupt passieren konnte.
Als Alec nun die Küche verließ, sahen beide Frauen ihm nach. Schließlich konnte Clemmie nicht mehr an sich halten. Wenn sie die Frage nicht augenblicklich stellte, würde sie bestimmt vor Neugier platzen. „Kennen Sie Alec schon lange?“
„Ungefähr drei Jahre“, antwortete Maggie und musterte sie von der Seite. „Für meine Verhältnisse ist das ziemlich lange. Trotzdem kann ich nicht behaupten, dass ich ihn wirklich gut kenne …“ Sie hielt inne und zuckte hilflos mit den Schultern, als sie offenbar die unausgesprochene Frage in Clemmies Augen verstand.
Clemmie schluckte und flehte stumm, dass sie die Anzeichen missverstanden hätte. Allerdings waren sie recht deutlich gewesen. Deshalb holte sie tief Luft und fragte: „Sind Sie … seine Freundin?“
Ohne echte Freude lachte Maggie auf und trank ihren Glühwein aus. „Du liebe Güte, nein! Das wäre eine viel zu besitzergreifende Bezeichnung, die Alec garantiert nicht gefallen würde. Ich habe mich nie so genannt – nicht einmal, als wir ein Liebespaar gewesen sind.“
Diese Worte trafen Clemmie wie ein Schlag in die Magengrube, und ihr wurde ganz elend. „Ein Liebespaar?“, wiederholte sie, als hätte sie nicht richtig verstanden. „Alec und Sie sind ein Paar gewesen?“
„Hm, ja. Ehrlich gesagt war ich selbst überrascht. Nach Alisons Tod hat Alec sich jahrelang sämtliche alleinstehende Frauen vom Leib gehalten. Ich muss irgendetwas richtig gemacht haben: Mich hat er jedenfalls nicht weggeschickt.“ Als müsste sie die Tränen zurückhalten, blinzelte Maggie ein paarmal. Dann nahm sie sich ein weiteres Glas Punsch und trank es beinahe in einem Zug aus. „Damals habe ich immer wieder davon angefangen, wohin unsere Beziehung führen könnte. Doch Alec schien völlig mit dem zufrieden zu sein, was wir hatten. Er wollte gar nicht mehr. Wahrscheinlich ist das nicht einmal besonders verwunderlich.“
„Wieso?“ Clemmie trank ebenfalls einen Schluck und schlug die Augen nieder. Auf keinen Fall wollte sie Maggie zeigen, wie sehr sie sie beneidete.
„Weil keine Frau auf der Welt es mit einer toten Ehefrau aufnehmen kann.“ Maggie betrachtete Clemmie scharf. „Oder was meinen Sie?“
„Vermutlich wäre es dumm, es auch nur zu versuchen“, antwortete Clemmie nachdenklich und dachte an all die Fotos von Alison in Alecs Wohnzimmer.
„Haben Sie Alison gekannt?“, erkundigte sich Maggie unerwartet. „Alec hat da etwas erwähnt, glaube ich. Sind Sie nicht mit den beiden auf dieselbe Schule
Weitere Kostenlose Bücher