Julia-Weihnachten Band 23
vorwurfsvoll. „Ganze Berge von Fotos. Und du hast das Zimmer so gelassen, wie sie es eingerichtet hat. Und dabei konntest du es von Anfang an nicht leiden. Außerdem hast du Mummy gar nicht geliebt, nicht richtig! Und sie hat dich auch nicht geliebt. Ihr habt euch ständig gestritten. Das weiß ich genau. Weshalb spielst du mir immer etwas vor, Daddy?“
„Und du redest ständig davon, dass Dad uns besuchen kommt“, schaltete Justine sich hastig ein und wandte sich an Clemmie. Das Mädchen konnte es anscheinend nicht erwarten, die Worte endlich laut auszusprechen. „Dabei wird er es niemals tun. Das wissen wir beide genau. Er wird uns nicht einmal schreiben, stimmt’s, Mummy?“
Clemmie hob langsam den Kopf und sah Alec an.
Im selben Moment wurde ihm klar, dass es nur eine Lösung für dieses Problem gab: völlige und absolute Aufrichtigkeit. Vollkommene Ehrlichkeit mochte schmerzlich sein. Mit größter Wahrscheinlichkeit war sie das. Manche Menschen würden es vermutlich für unangebracht halten, die Kinder wissen zu lassen, wie Clemmie und er tatsächlich über ihre Expartner dachten. Doch nicht die volle Wahrheit ans Licht zu bringen, wäre eine Beleidigung für alle.
„Ich habe deine Mutter wirklich geliebt, Stella“, begann Alec behutsam. „Wie hätte ich sie nicht lieben können, nachdem sie dich geboren hat?“ Er blickte in die blaugrünen Augen seiner Tochter, die das genaue Ebenbild seiner eigenen waren. Das Vertrauen und die Liebe, die darin lagen, gaben ihm Mut.
Also fuhr er fort: „Aber was du gesagt hast, ist wahr. Wir haben uns gestritten. Wir haben uns sogar oft gestritten. Wir sind einfach nicht gut miteinander ausgekommen. Und als …“ Er hatte einen Kloß im Hals und sah zu Stella, die förmlich an seinen Lippen hing. „Als deine Mutter starb, Liebling, habe ich ein furchtbar schlechtes Gewissen gehabt. Ich habe mir so gewünscht, dass wir glücklicher gewesen wären. Vor allem für dich.“
„Trotzdem habt ihr euch nicht scheiden lassen“, stellte Stella fest. „Ihr seid zusammengeblieben.“
„Ja“, stimmte Alec ihr leise zu.
„Meinetwegen?“
„Ja.“ Noch leiser.
„Danke, Daddy“, meinte Stella ruhig.
In diesem Moment erkannte Alec, dass er genau richtig gehandelt hatte. Plötzlich sprang sie auf, warf sich in seine Arme und schlang die Arme um seinen Nacken. Als sie ihn fest an sich drückte, erfüllte ein starkes Gefühl der Dankbarkeit sein Herz.
Clemmie entdeckte, dass Justine und Louella jetzt sie erwartungsvoll betrachteten. Auf keinen Fall durfte sie kneifen und die beiden in ein anderes Zimmer bitten, um sich ungestört mit ihnen zu unterhalten. Nachdem Alec in ihrer Gegenwart so offen und aufrichtig gewesen war, konnte sie so etwas unmöglich tun. Deshalb räusperte sie sich und suchte nach den richtigen Worten.
„Ich weiß nicht, ob euer Vater jemals herkommen und euch besuchen wird“, begann sie. „Das ist die reine Wahrheit. Er hat eine neue Freundin und ein Baby. Vielleicht hat er keine Zeit oder kein Geld, um nach England zu reisen.“ Oder keine Lust, fügte sie im Stillen hinzu. „Wenn ihr möchtet, könnt ihr ihm ja einen Brief schreiben. Keinen von der Sorte ‚Hallo Daddy, wie geht es dir?‘ Ihr könnt ihm in eurem Brief ganz genau schildern, was ihr empfindet. Lasst ihn wissen, dass ihr euch Sorgen macht. Dass ihr Angst habt, er könnte euch völlig vergessen, wenn noch mehr Zeit vergeht. So ist es doch, nicht?“
„Ja, Mom“, antwortete Justine leise, und ihre Augen glänzten verdächtig. Selbst in ihren jungen Jahren wusste sie offenbar, wie schwer ihrer Mutter diese Worte gefallen waren.
Clemmie hätte es erheblich leichter, wenn Bill Maxwell endgültig aus ihrem Leben verschwinden würde. Trotzdem tat sie alles in ihrer Macht Stehende, damit dies nicht geschah – für ihre beiden Töchter.
„Danke, Mom“, fügte Justine leise hinzu und küsste ihre Mutter auf die Wange. Louella kam ebenfalls herüber und legte die Arme um sie. Clemmie wäre beinahe in Tränen ausgebrochen.
Alec spürte die starken Emotionen im Raum, die alle zu überwältigen drohten. Es war an der Zeit, die Stimmung etwas aufzulockern. Außerdem musste er dringend einiges mit Clemmie besprechen. Allein.
„Ich hole erst einmal einen Drink für Clemmie und mich. Möchtet ihr Mädchen auch etwas?“
Stella, Justine und Louella wechselten stumm einen Blick und schüttelten die Köpfe. „Nein danke, Dad“, sagte Stella. „Im Moment nicht. Wir gehen
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