Julia-Weihnachten Band 23
jetzt lieber zum Spielen nach draußen!“
„Dann bis später.“
Die Mädchen schlüpften aus dem Zimmer, und Alec ging hinüber in die Küche. Er wollte Clemmie etwas Zeit geben, damit sie ihre Gedanken ordnen und sich darüber klar werden konnte, was sie eigentlich wollte. Was er selber wollte, wusste er genau.
Aus dem Schrank holte er den besten Rotwein, den er finden konnte. Am liebsten hätte er natürlich Champagner gewählt, doch das erschien ihm am Ende zu offensichtlich. Außerdem hatte er Clemmies Blässe bemerkt. Demnach konnte sie eher etwas Wärmeres gebrauchen als ein eiskaltes Getränk.
Alec klemmte sich zwei Gläser zwischen die Finger und trug sie zusammen mit der Weinflasche ins Wohnzimmer. Clemmie saß noch an genau demselben Platz wie zuvor. Der flackernde Schein des Kaminfeuers ließ ihr Haar rot aufleuchten.
Als er hereinkam, sah sie auf. Und sie konnte den Blick nicht von ihm abwenden. Sie liebte diesen Mann. Sie liebte ihn so sehr. Aber hatten sie beide in der Vergangenheit nicht Fehler gemacht?
„Hi“, murmelte er.
„Hi.“
Er wollte Clemmie küssen – dann würde alles gut werden, da war er sich sicher. Doch irgendetwas sagte ihm, dass er das keinesfalls tun durfte. Noch nicht.
Also entkorkte er stattdessen die Flasche und stellte sie auf den Kaminsims, damit der Wein atmen konnte. „Findest du nicht auch, dass ich dir endlich von meiner Ehe mit Alison erzählen sollte?“, fragte er und drehte sich zu ihr um.
„Ja“, antwortete sie leise. „Das finde ich auch.“ Regungslos saß sie da, ließ ihn nicht aus den Augen und wartete ab.
Alec hielt ihrem Blick stand, doch die Worte kamen ihm schwer über die Lippen. „Du hast ja gehört, was ich eben zu Stella gesagt habe. Dem hast du vermutlich schon entnommen, dass unsere Ehe keine sehr glückliche gewesen ist.“
Schweigend erhob sich Clemmie, ging zu ihm und legte den Zeigefinger auf seinen Mund. „Kannst du dir nicht denken, dass ich das längst selber gemerkt habe, mein Liebling?“
Seine Miene verfinsterte sich. „Ich habe doch nie …“
Sie schüttelte den Kopf. „Nein, das hast du nicht. Du hast nie auch nur ein einziges abfälliges Wort über Alison verloren, Alec. Nicht zuletzt deshalb bist du so ein großartiger Vater. Trotzdem waren die Hinweise darauf vorhanden, wenn man nach ihnen suchte – und das habe ich möglicherweise auch getan. Die unausgesprochenen Hinweise.“
„Zum Beispiel?“
„Dass du nervös geworden bist, sobald Alisons Name fiel. Oder dein Widerstreben, wenigstens einige Fotos von ihr zu entfernen – was nach so langer Zeit normal wäre. Da habe ich angenommen, dass es Schuldgefühle sind, die dich davon abgehalten haben.“
Alec seufzte schwer. „Soll ich dir verraten, wie es wirklich gewesen ist?“
Weiterhin schaute Clemmie ihn aufmerksam an. „Nur wenn du glaubst, dass ich es wissen muss.“
„Ja, das glaube ich“, versicherte er.
„Dann erzähl es mir.“
Erst nach einer ausgedehnten Pause begann er: „Mein ganzes Leben lang habe ich immer alles bekommen, was ich wollte. Was ich auch in Angriff genommen habe, gelang mir.“ Beinahe entschuldigend sah er sie an. „Falls das arrogant klingen sollte: Es ist nicht so gemeint. Alles ist mir mühelos zugefallen. Zu mühelos. Ich habe nie um etwas kämpfen müssen …“
„Aber um Alison musstest du kämpfen?“, erriet Clemmie scharfsinnig.
Er nickte und erinnerte sich an den jungen Mann, der er einst gewesen war. Sein Leben war so einfach gewesen. Oder zumindest schien es das gewesen zu sein. „Sie war genau die Frau, die ich mir immer gewünscht hatte. Sie war so wunderschön mit ihrem hellblonden Haar und ihren türkisfarbenen Augen, die wie Edelsteine glänzten.“
Clemmie hatte damit gerechnet, dass Alecs Worte ihr wehtun würden. Allerdings nicht so stark. „Sprich weiter“, forderte sie ihn dennoch auf.
„Sie wirkte so distanziert, so unerreichbar …“ Seine Stimme erstarb.
Die Bemerkungen von anderen über Alison fielen Clemmie ein: Sie war kalt wie ein Fisch … Okay, dieses Urteil stammte von Maggie. In ihrer Situation war sie vielleicht nicht die zuverlässigste Quelle.
Mummy hat das nie erlaubt. Das hatte Stella gesagt.
„Ich musste sie unbedingt haben“, gab Alec widerstrebend zu. „Doch als ich sie dann hatte, war sie so … so … unnahbar, könnte man sagen. Wie eine schöne Statue. Man wusste nie, was in ihrem Kopf vorging. Vermutlich wirkte ihr distanziertes Verhalten besonders reizvoll
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