Julia-Weihnachten Band 24
aussah. In diesem Jahr war der Sommer in Südkalifornien besonders trocken gewesen.
Neben dem dürren Gewächs stand groß, lächelnd und eindrucksvoll der Weihnachtsmann. Sie wusste, wer sich unter dem Kostüm versteckte: Matt Osborne, ihr Mr Perfect. Sie seufzte im Stillen.
Nun geh schon, flüsterte ihre innere Stimme ihr zu. Tu es. Küss ihn.
Normalerweise hatte Katie mit Weihnachten nicht viel im Sinn. Zu oft war dieses Fest für sie enttäuschend verlaufen. Angefangen hatte es, als sie sechs war, und ihre Nachbarin Holly Stone das Barbie-Ferienhaus bekam, das Katie sich so sehr gewünscht hatte. Als die beiden Mädchen zwölf und immer noch Nachbarn waren, hatte Holly beim Flaschendrehen auf der Weihnachtsparty gemogelt, damit sie den Jungen küssen konnte, auf den Katie es abgesehen hatte. Was dann vor drei Jahren passierte, war schließlich der Gipfel gewesen. Da waren Holly und Katie beide einundzwanzig und keine Nachbarn mehr, aber in einer Kleinstadt wie San Limo begegnete man sich zwangsläufig. Damals hatte Holly ihr den Verlobten ausgespannt – unter dem Weihnachtsbaum.
Genau genommen war Katie auch ein bisschen selbst schuld an ihren Missgeschicken. Sie war einfach zu gehemmt, zu kontrolliert, aber sie konnte nun mal nicht aus ihrer Haut heraus. Nicht von ungefähr war sie Buchhalterin geworden, das passte zu ihr. Sicher, sie war finanziell abgesichert und ganz zufrieden mit ihrem Leben – abgesehen davon, dass sie sich kaum erinnern konnte, wann sie zuletzt mit einem Mann ausgegangen war.
Im nächsten Jahr würde das anders werden. Kein Pech in der Liebe mehr. Das hatte sie sich fest vorgenommen, und sie würde alles tun, um ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen.
Gleich heute Abend würde sie damit anfangen. Das war ihr einziger Weihnachtswunsch in diesem Jahr. Keine Spiele oder Kleidung oder neuen Küchengeräte. Nein, diesmal wünschte sie sich nichts anderes als einen heißen Kuss von dem unvergleichlichen Matt Osborne. Und vielleicht, ihren Mr Perfect zu erobern.
„Du willst doch hoffentlich nicht kneifen“, sagte eine säuselnde Stimme hinter ihr.
Katie verdrehte die Augen, überlegte sich dann aber, dass das eine ausgesprochen kindische Angewohnheit war, und setzte eine betont gleichgültige Miene auf. Dann drehte sie sich zu Holly, ihrer langjährigen Rivalin, um, die leider mittlerweile ihre Kollegin war.
Holly war immer sehr auffällig gekleidet, umso mehr an einem Abend wie diesem. In ihrem hautengen silbernen Etwas wirkte sie ausgesprochen sexy und selbstsicher.
„Ich kneife nie“, erwiderte Katie.
Holly ließ ein glockenhelles Lachen hören. „Darüber müssen wir jetzt nicht diskutieren, meine Liebe.“
„Und überhaupt, was ist eigentlich mit dir? Warum küsst du denn niemanden?“
„Bin ich diejenige mit dem langweiligen Sexleben oder du?“
„Langweilig“ ist der falsche Ausdruck, dachte Katie. „Nicht vorhanden“ käme der Wahrheit näher.
„Außerdem …“ Holly betrachtete eingehend ihre perfekt manikürten, rot lackierten Fingernägel, auf denen Abziehbildchen von Weihnachtsmännern in schlüpfrigen Posen prangten. „Wenn ich Matt küssen wollte, würde ich einfach zu ihm hingehen und ihn mir schnappen. Ich bin nicht schüchtern.“
Nein, schüchtern war Holly nicht. Das hatte Katie in den letzten Jahren zur Genüge erfahren. Und wenn sie selbst nicht noch drei weitere Jahre das Mauerblümchen spielen wollte, musste sie ihr Vorhaben jetzt durchführen, koste es, was es wolle. Es wäre doch gelacht, wenn sie es nicht schaffen würde, den Weihnachtsmann unter einen der vielen Mistelzweige zu ziehen. Schließlich hatte sie die Dinger extra zu diesem Zweck überall aufgehängt.
Zielstrebig bahnte Katie sich den Weg durch den Hangar, an den mit Lametta behängten Flugzeugen und den herausgeputzten Kolleginnen vorbei, auf den Mann in dem roten Mantel zu. Klar, dass Holly ihr folgte. So etwas ließ sie sich natürlich nicht entgehen. „Bist du wirklich sicher, dass Matt darunter steckt?“, fragte Katie leise.
Die beiden Frauen blieben ein paar Schritte vom Weihnachtsmann entfernt stehen und unterzogen ihn einer eingehenden Prüfung. Der Mann war ziemlich groß, hatte eine rote Nikolausmütze auf dem Kopf und einen weißen Vollbart. Und wie alle Weihnachtsmänner hatte er einen dicken Bauch, sicher hatte er sich ein Kissen unter den roten Mantel gestopft. So weit war also nichts Auffälliges an ihm. Irgendwie sah er fröhlich aus, aber das konnte auch von
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