JULIA WEIHNACHTSBAND Band 22
geeilt und hätte die Arme um ihn gelegt. Rocco war tief erschüttert, und sie empfand nicht die geringste Befriedigung darüber. Erst jetzt erkannte sie, wie stark ihre Rachegefühle gewesen waren. Der hässliche Teil in ihr hatte lustvoll mit all den schlimmen Nachrichten auf ihn eingetrommelt.
„Ich war naiv … Ich war indiskret, und ich hatte den Laufpass wahrscheinlich verdient, nachdem ich dich in derartige Verlegenheiten gebracht hatte“, gab Amber plötzlich zu. „Aber die Art und Weise, wie du es getan hast …“
Seine dunklen Augen funkelten erneut. „Ich war kurz davor gewesen, dir einen Heiratsantrag zu machen. Dieser schäbige Artikel traf mich wie ein Schlag ins Gesicht. Ich glaubte wirklich, du hättest mich reingelegt.“
Amber blieb wie angewurzelt stehen. Jetzt war sie es, die unter einem Schock stand.
„Niemand hatte mich jemals so verletzt. Ich konnte mich unmöglich noch einmal mit dir treffen. Außerdem sah ich auch keinen Grund dafür“, gab Rocco zähneknirschend zu. „Ich hielt es für undenkbar, dass dieser Artikel ohne deine Mitarbeit und Zustimmung entstanden sein sollte.“
Amber sah ihn verblüfft an. „Du hattest mich bitten wollen, deine Frau zu werden?“
Rocco fuhr sich mit einer Hand verlegen durch sein silberblondes Haar und zuckte mit den Schultern. „Ich hatte das Gefühl, zum Narren gehalten worden zu sein. Ich wollte dir einen Heiratsantrag machen … Ich war kurz davor, ein Haus zu kaufen … Den Verlobungsring hatte ich schon besorgt. Und dann – peng! Alles glitt mir plötzlich aus den Händen.“
„Hättest du nicht wenigstens ein einziges Mal innehalten und überlegen können, ob ich dir so etwas jemals antun würde?“, stieß Amber hilflos hervor und erkannte entsetzt, dass sie viel mehr verloren hatte, als sie sich jemals vorgestellt hätte. Rocco hatte sie geliebt. Er hatte vorgehabt, sie zu heiraten. Er hätte sich über Freddy gefreut. Er wäre bei jedem Schritt ihrer schweren Schwangerschaft an ihrer Seite gewesen. Hätte der elende Zeitungsartikel seinen Glauben an sie nicht zerstört.
„Wenn ich verletzt bin, schlage ich wie wild um mich. Nichts, was ich jetzt sagen oder tun könnte, würde etwas an der Vergangenheit ändern. Du würdest behaupten, ich hätte dich nicht genügend geliebt … Und ich würde antworten, ich hätte dich so sehr geliebt, dass ich Angst hatte, schwach zu werden und mich erneut auf dich einzulassen“, stieß Rocco mit einem rauen Unterton in der Stimme hervor.
„Tatsächlich?“ Ein winziger, hoffnungsvoller Silberstreif tauchte zwischen den verzweifelten dunklen Wolken auf, die über Amber hingen. „Und was war mit all den anderen Frauen?“, fragte sie, frei nach dem Motto: Schmiede das Eisen, solange es heiß ist.
„Ich tat alles, was ich konnte, um mich von dir abzulenken. Aber es klappte nicht. Wochenlang schlief ich mit keiner anderen Frau. Auch das war ein Elend. Wenn du es genau wissen willst …“ Rocco zögerte und zwang sich schließlich, fortzufahren. „Alles war ein einziges Elend, bis ich bei Harris Winton aus dem Fenster schaute und dich entdeckte. Zum ersten Mal, seit ich mich von dir getrennt hatte, fühlte ich mich wieder lebendig.“
„Ich liebe es, wenn du so etwas sagst. Vor allem, nachdem du es kaum erwarten konntest, meinen Arbeitgeber anzurufen und für meine Kündigung zu sorgen“, stieß Amber hervor. Ihre Schultern sanken herab, und der Stress und der Druck der letzten Stunden forderten ihren Tribut. Plötzlich merkte sie, wie erschöpft sie war. „Ich schlafe beinahe im Stehen ein.“
„Du solltest ins Bett gehen.“ Nie zuvor hatte Amber einen Mann so schnell eine Fluchtmöglichkeit ergreifen sehen. Zumindest glaubte sie es … Bis Rocco sie auf die Arme hob, sie zu dem Polsterbett trug und sie unendlich behutsam und ohne seine üblichen Vertrautheiten hinaufsinken ließ.
„Bleibst du hier?“, fragte sie zögernd.
„Nur, wenn du es möchtest.“
Sie presste die Zähne zusammen. „Ist dies dein Bett?“
Rocco nickte langsam.
„Okay … Du darfst bleiben, damit ich an dir herumnörgeln kann, bis ich eingeschlafen bin“, murmelte sie.
„Damit kann ich leben.“
Amber holte ein bisher kaum getragenes Nachthemd aus ihrem Koffer und ging ins Bad. Ihr schwindelte von den widersprüchlichen Gedanken, die ihr durch den Kopf gingen. Aber ein Gefühl überragte alles andere: Sie liebte Rocco. Das änderte zwar nichts an der Tatsache, dass sie am liebsten auf ihn
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