Julia Weihnachtsband Band 26
auch.“
Cullen drehte sich zu der Wand um. „Meiner auch.“
Harry wandte sich wieder dem Tisch zu. „Das macht Spaß.“
Cullen hob eine Augenbraue. „Im Dunklen zu essen?“
„Nein. Lachen.“
Wendy warf Cullen einen Blick zu, und wieder sah er gleichzeitig sie an. Dieses Mal sprühten keine Funken zwischen ihnen, sondern sie empfanden ein gegenseitiges Verstehen. Der kleine Junge hatte in den letzten paar Monaten seines Lebens nichts unternommen, nichts Neues gesehen, vermutlich nie gelacht.
Cullen stand auf, packte Harry ohne Vorwarnung, warf ihn sich über die Schulter und kitzelte den Streifen nackten Bauch, wo sein T-Shirt hochgerutscht war. „Na gut, wenn du so gern lachst, wie findest du das hier?“ Er kitzelte Harry noch einmal, und Harry kicherte begeistert.
Wendy wurde ganz warm ums Herz. Nie im Leben hätte sie gedacht, dass ein Mann wie Cullen so einfühlsam sein könnte, und sie war froh darüber.
„Ich habe eine gute Idee“, sagte sie und stand auf. „Wir räumen rasch den Tisch ab und nehmen die Plätzchen mit ins Wohnzimmer. Das Feuer im Kamin brennt schon. Wir breiten unsere Schlafsäcke auf dem Boden aus und essen Popcorn.“
Cullen stellte Harry schwungvoll wieder auf die Füße. „Oder wir erzählen Geistergeschichten.“
„Geistergeschichten?“, wiederholte Harry.
Cullen setzte ein fieses Grinsen auf. „Oh, ich kenne eine Menge. Ich war eine Zeit lang in Gettysburg.“
Harry rümpfte die Nase. „Du warst im Gefängnis?“
Wendy und Cullen lachten. Wendy sagte dann: „Nein! Gettysburg ist ein berühmtes Schlachtfeld. Aber anstelle von Geistergeschichten“, fuhr sie mit einem Blick auf Cullen fort und hoffte, dass er verstand, „wollen wir doch lieber lustige Geschichten erzählen.“
Harry hüpfte auf und ab. „Ich mag lustige Geschichten!“ Er rannte aus der Küche ins Wohnzimmer.
Cullen hatte seinen Fehler erkannt und rieb sich den Nacken. „Tut mir leid. Ich habe nicht bedacht, dass seine Mutter gerade gestorben ist, sonst hätte ich nichts von Geistern gesagt.“
„Schon gut. Mir sind heute auch schon ein paar Ausrutscher passiert.“
Er schaute sich um. „Hast du Marshmallows im Haus?“
Sie holte eine Tüte mit dicken weißen Marshmallows aus der Vorratskammer. „Ich habe für alle Fälle immer eine Tüte auf Vorrat.“
„Die rösten wir überm Feuer und erzählen dabei lustige Geschichten, dann denkt Harry nicht mehr an Geister.“
Wendy lächelte zustimmend. Doch ihr Lächeln erlosch, als Cullen sich umdrehte und Ketchup und Senf in den Kühlschrank räumte, als wäre er in ihrer Küche zu Hause. Gewissermaßen war es ja auch so. In diesem Haus hatte er gelebt. Aber Wendy hatte das seltsame Gefühl, dass er hierher gehörte.
Und sie auch.
Sie schüttelte den Kopf, rief sich innerlich zur Ordnung und brachte die Marshmallows ins Wohnzimmer, wo Harry bereits ungeduldig darauf wartete.
Eine Stunde lang rösteten sie Marshmallows und trieben Scherze mit Harry. Dann fiel Cullen ein, dass er nicht nur in seinen unbequemen Kleidern würde schlafen müssen, sondern sie auch am nächsten Tag noch tragen musste, sofern er nicht zu seinem Auto ging.
Wendy holte zwei Taschenlampen aus der Küche und wartete an der Haustür auf ihn.
„Reicht dir die Taschenlampe?“
„Bis zu meinem Auto laufe ich nur zehn Minuten. In zweiundzwanzig Minuten bin ich mit meiner Reisetasche zurück.“
Er lächelte sie an, und sie wusste plötzlich, warum sie immer wieder diese sonderbaren Gefühle überkamen. In der Firma war er Cullen Barrington, der Eigentümer von Barrington Candies, ein Playboy und für sie unerreichbar. Doch hier im Haus, wo er sich wohlfühlte, in der Gesellschaft eines kleinen Jungen, zu dem er einfach nett sein musste, sah Wendy eine Seite von ihm, die wahrscheinlich wenige Menschen je gesehen hatten. Und sie fing an, ihn zu mögen.
Sie wandte hastig den Blick ab und trat zurück. Sie wollte diesen Mann nicht mögen. Jedenfalls nicht als potenziellen Lover. In einem Monat trieb er sich wahrscheinlich am Strand oder in einem Casino herum. Eine Beziehung einzugehen wäre Unsinn. Außerdem stammten sie aus grundverschiedenen Welten, hatten grundverschiedene Lebensweisen und vermutlich völlig gegensätzliche Ansichten. Es wäre ein Fehler, ihn zu mögen.
„Bis gleich.“
In der Zwischenzeit holte Wendy zwei Schlafsäcke aus dem Abstellraum. Und weil sie nur zwei besaß, besorgte sie noch ein paar Wolldecken.
Harry und sie breiteten die
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