Julia Winterträume Band 8 (German Edition)
Mann zusammenzustauchen, der alt genug war, der eigene Großvater zu sein. Schlimmer noch – Estes eröffnete das Gespräch damit, er könne verstehen, dass Jake wütend sei.
„Ich habe ihm abgeraten, diese Bedingungen in seinen Letzten Willen zu setzen, aber Ihr Vater war leider ein sehr starrsinniger Mann.“
„Er war nicht mein Vater“, bestritt Jake steif. „Nicht in dem Sinn, in dem es zählt.“
Estes zog eine Augenbraue hoch. „Manch andere würden es vielleicht als den einzigen Sinn ansehen, der zählt.“ Er hob abwehrend die Hand, bevor Jake etwas erwidern konnte. „Ich möchte sichergehen, dass Sie verstehen, welches Erbe er Ihnen hinterlassen hat. Ein Drittelanteil eines beträchtlichen Vermögens, und …“
„Ich will sein Geld nicht.“
„… und“, fuhr Estes fort, „einige persönliche Informationen.“
„Die Namen meiner Halbbrüder.“ Jake nickte. „Nur aus diesem Grund bin ich hier.“
„Dann muss ich Sie jetzt fragen, Senhor Ramirez, sind Sie gewillt, die Bedingungen des Testaments zu erfüllen?“
Jake lehnte sich in den Stuhl zurück. „Wenn Sie mich damit fragen, ob ich nach der Pfeife eines toten Mannes tanzen will … Nein.“
„Ich hatte befürchtet, dass Sie das sagen würden, Senhor. Nun, in diesem Falle ist unsere Unterredung beendet.“ Estes erhob sich. „Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Rückflug.“
„Ich bin nicht den ganzen Weg hierher gekommen, um die Flucht zu ergreifen und nach Hause zurückzukehren, Senhor Estes.“
„Aber Sie sagten doch gerade …“
„Ich will diese Informationen. Und wenn ich Sie vor Gericht zerren muss.“
„Die Dokumente sind absolut unanfechtbar.“ Estes lächelte. „Ich weiß es, ich habe sie schließlich selbst aufgesetzt.“
„Sagt Ihnen der Name José Marin etwas?“
„Natürlich. Er ist ein guter Anwalt.“
„Lassen Sie die Spielchen, Estes. Er ist der beste Anwalt in Rio. Er wird mich vertreten.“
„Er ist sehr teuer.“
„Und ich bin sehr reich.“
Estes lächelte leicht. „Und sehr dickköpfig, wie mir scheint. Genau wie Ihr Vater.“
„Er ist nicht mein …“
„Es wird Jahre dauern, Senhor, und Sie werden keinen Erfolg haben. Sie werden die Namen Ihrer Halbbrüder nie erfahren. Ich bedaure es, aber das war der Wunsch Ihres … meines Klienten.“
Jake funkelte den alten Mann erbost an. Estes hatte recht. Marin hatte ihm das bei dem einstündigen Telefonat am Tag zuvor auch gesagt.
Estes schien zu spüren, dass Jake schwach wurde. „Wie schwierig kann es denn sein, zwei Monate auf dieses Mädchen aufzupassen, Senhor Ramirez? Sie ist wie ein Kind, und sie hat acht Jahre in einer Klosterschule verbracht.“
„Sie haben sie getroffen?“
„Natürlich.“
„Und?“
Estes drückte sich im Stillen die Daumen. „Sie ist so, wie man es erwarten würde.“ Das war keine Lüge. Das Mädchen entsprach genau den Erwartungen – wenn man einen hitzköpfigen Wirbelwind erwartete.
„Falls ich zustimmen sollte“, Jake betonte das Wort „falls“, „welche Pflichten übernehme ich damit? Muss ich ihr Schulgeld zahlen? Ihr Geburtstagskarten schicken, bis sie achtzehn ist? Ich habe nicht die geringste Ahnung, was ein Vormund so macht.“
„Nun, zum einen ist sie bereits achtzehn.“
Jake neigte den Kopf zur Seite. „Wozu braucht sie dann einen Vormund?“
„Sie wären nicht Ihr Vormund. Nicht genau, zumindest.“ Estes räusperte sich und zog ein Dokument aus einer Schublade. „Vielleicht sollten Sie die entsprechende Passage selbst lesen.“
Jake nahm das Testament entgegen und las den Abschnitt, den Estes ihm zeigte. Gleich darauf sah er verdutzt wieder auf. „Aber das ist doch verrückt!“
„Senhor Ramirez war im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte, als er dieses Testament aufsetzte, einschließlich der Bedingungen.“
„Das Mädchen ist einundzwanzig?“
„Mit dem heutigen Tage.“
„Und ich soll sie in die Gesellschaft einführen, mich um sie kümmern, sie Männern mit tadellosem Charakter vorstellen, damit sie dann einen dieser Männer in den nächsten zwei Monaten heiratet?“ Jake sah den Anwalt fassungslos an. „Aber ganz sicher ist das verrückt.“
„Und der einzige Weg, wie Sie an die Informationen gelangen, die Sie haben möchten.“ Estes erhob sich. „Sollen wir zu der Schule fahren, damit Sie sie kennenlernen können?“
Keine drei Stunden später fuhren Jake und Estes in einem gemieteten Geländewagen auf das verschlossene schmiedeeiserne Tor zu,
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