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Julias Geheimnis

Julias Geheimnis

Titel: Julias Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Hall
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zusammenfügten. Der Umstand, dass es irgendwie mit Andrés’ Vergangenheit zu tun hatte, ließ ihr einen Schauer über den Rücken laufen.
    Andrés verbrachte momentan praktisch jeden freien Moment in seinem Atelier, denn die Zeit für die Sommerausstellung wurde knapp. Als sie wusste, dass er mit der Arbeit fertig sein würde, ging Ruby zu ihm. Ihren Laptop hatte sie in seiner Tasche über eine Schulter gehängt.
    Es war ein herrlicher Sommerabend, und die letzten Sonnenstrahlen glitzerten auf dem sanft bewegten Wasser des Hafens und ließen die Klippen golden glänzen. Aber Ruby hatte heute keinen Blick dafür. Durch die Gassen eilte sie zu den Ateliers und zu Andrés, der gerade Material zum Rahmen eines seiner Bilder zusammensuchte. Glücklicherweise war niemand sonst in der Nähe.
    »Hi, Ruby.« Er blickte auf, als sie näher kam. Gut. Sie hatte sich ein wenig Sorgen gemacht, sie könnte ihn stören. Doch er schien sich zu freuen, sie zu sehen.
    Ruby hob ihr Gesicht seinem warmen, zärtlichen Kuss entgegen. Er zog sie an seine Brust. Das mochte sie gern. Vielleicht war es doch nicht zu früh, um an eine gemeinsame Zukunft zu denken. Warum sollte sie es nicht tun? Wenn etwas richtig war, dann war es richtig.
    »Was führt dich so früh hierher?« Er gab sie frei und wandte sich wieder seinem Rahmen zu.
    »Das errätst du nie.« Ruby konnte die Aufregung nicht aus ihrer Stimme verbannen. Seit sie ihr Bild auf dem Bildschirm gesehen hatte   … Nun ja, es war eine Spur, ihre erste richtige, und die Journalistin in Ruby konnte es nicht abwarten, sie zu verfolgen. Die Tochter in ihr ebenfalls nicht.
    »Was?« Er lachte. »Du siehst aus, als hättest du im Lotto gewonnen.«
    »Nein.« Sie grinste zurück. »Aber vielleicht habe ich meine leibliche Mutter gefunden.« Wahrscheinlich sollte sie Laura böse sein, weil sie sie einfach bei jemand anderem zurückgelassen hatte. Und doch konnte Ruby sich nicht dazu überwinden. Sie empfand nichts als Mitgefühl für Laura. Laura war sehr jung Mutter geworden. Sie hatte Ruby ohne einen Vater oder eine Familie, die ihr hätten helfen können, zur Welt gebracht und kurz darauf ihre eigene Mutter verloren. Wie musste sie sich gefühlt haben? Wie schwer musste das alles gewesen sein? Nein, sie konnte Laura nicht böse sein, und sie konnte ihr auch keine Schuld geben.
    »Wirklich?« Er zog sie erneut an sich und legte auf die ihm eigene Art die Hand um ihren Hinterkopf. »Wo?‹«
    »Ich bin auf die Website deines Vaters gegangen, und du wirst nicht glauben, was ich dort gefunden habe.« Sie löste sich von ihm, klappte ihren Laptop auf und stellte ihn auf den behelfsmäßigen Tisch, an dem Andrés arbeitete.
    Erst dann bemerkte sie, dass er nicht reagiert hatte. »Andrés?«
    Seine Miene war vor Zorn verdüstert. Oh Gott, in der Aufregung darüber, das Bild von Laura gefunden zu haben, hatte sie vergessen, dass Enrique Marín für seinen Sohn eine Persona non grata war.
    »Du bist auf die Webseite meines Vaters gegangen?« Er starrte sie an. Plötzlich wirkte sein Blick kalt. »Warum in aller Welt hast du das getan?«
    »Natürlich, weil ich mehr über ihn herausfinden wollte.« Das hätte sie voraussehen sollen. Es war nur eine Website, aber sie erinnerte sich an die ungute Vorahnung, die sie beschlichen hatte, bevor sie sie anklickte. Sie hatte gewusst, dass ihm das nicht gefallen würde.
    »Warum solltest du mehr über ihn herausfinden wollen?« Er hatte aufgehört zu arbeiten und starrte sie an. Auf seiner Miene mischten sich Verwirrung und Zorn. »Warum sollte dich das interessieren?«
    »Weil er dein Vater ist.« Für Ruby lag das auf der Hand. Enrique Marín hatte Andrés gezeugt. Er und seine Frau waren Andrés’ Eltern, seine Wurzeln. Sie hatte keine Familie, der sie Andrés vorstellen konnte. Was glaubte er, wie sie sich dabei fühlte? War ihm nicht klar, wie wichtig eine Familie war?
    Andrés schlug mit der Faust auf den behelfsmäßigen Tisch. Er erbebte. Automatisch streckte Ruby eine Hand nach ihrem Laptop aus. Was war bloß mit ihm los?
    »Er bedeutet mir nichts«, erklärte er. »Nichts. Wieso begreifst du das nicht?«
    »Aber   …«
    »Warum sollte er dir etwas bedeuten, Ruby? Warum interessierst du dich für ihn?«
    Darauf wusste Ruby keine Antwort. Wie konnte sie ihm erklären, dass sie nur neugierig gewesen war? Warum war das überhaupt so wichtig? Andrés hasste seinen Vater. Er hasste ihn wirklich, und sie hatte die Macht dieses Hasses gewaltig

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