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Julias Geheimnis

Julias Geheimnis

Titel: Julias Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Hall
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unterschätzt. »Es tut mir leid«, sagte sie. »Er bedeutet mir nichts, natürlich nicht. Ich kenne ihn ja nicht einmal. Aber er ist dein Vater, und ich wollte nur   …«
    »In meinen Angelegenheiten herumschnüffeln«, beendete er den Satz an ihrer Stelle. »Das hast du gemacht, ja?«
    Ruby war verletzt. Sie hatte gesagt, dass es ihr leidtat. Außerdem redete er vollkommen am Thema vorbei. »Willst du überhaupt nicht wissen, was ich auf seiner Webseite gefunden habe?«, fragte sie ihn mit ruhiger Stimme. Sie begriff wirklich nicht, was sie so Schreckliches getan hatte.
    »Was?«, murmelte er. »Was hast du gefunden?« Aber inzwischen sah er sie nicht einmal mehr an. Er schaute an ihr vorbei, durch die offene Tür in den Sommerabend draußen. Was dachte er? Sie hatte nicht die geringste Ahnung. Sie war erschrocken, als ihr klar wurde, wie wenig sie wirklich über ihn wusste.
    »Ich habe meine Mutter gefunden, Andrés«, flüsterte sie. »Dein Vater hat meine leibliche Mutter porträtiert.«
    »Was?« Ein entsetzter Ausdruck breitete sich auf seinem Gesicht aus. »Was hast du gesagt?«
    »Laura muss für ihn Modell gesessen haben«, sagte sie. »Er hat sie gemalt.«
    Andrés starrte sie an. Ein furchtbares Schweigen trat ein, das Ruby überhaupt nicht verstand. »Zeig es mir«, verlangte er dann.
    Mit zitternden Händen schaltete sie ihren Laptop ein und öffnete den Ordner, in den sie das Bild kopiert hatte.
    Nach einem Doppelkick füllte Lauras Porträt den Bildschirm aus. Das Mädchen mit dem langen blonden Haar und den tieftraurigen Augen. Laura   …
    Andrés betrachtete das Bild wie hypnotisiert. »Das ist sein Werk?«, fragte er. »Er hat das gemalt?«
    »Ja.«
    »Ich glaube das nicht«, murmelte er. Er hatte die Hände zu Fäusten geballt und fluchte leise in seiner Muttersprache. »Ich kann es nicht glauben.«
    »Aber warum denn nicht?«
    »Weil   … Weil   …« Er blickte Ruby verzweifelt an. »Was macht dich so sicher, dass sie es ist?«
    Ruby zog die Zeichnung, die er am goldenen Kap gemacht hatte, aus der Handtasche. »Siehst du denn die Ähnlichkeit nicht?«
    »Nein.« Er brüllte beinahe. »Nein, die sehe ich nicht.« Er wandte den Blick ab und ging zum Fenster auf der anderen Seite des Raums, durch das man auf den Hof sehen konnte. Mit einem Mal wirkte er zutiefst niedergeschlagen.
    Ruby konnte es kaum ertragen. Sie ging zu ihm und streckte die Hand aus, legte sie behutsam auf seinen Arm. »Warum ist das denn so wichtig, Andrés?«, fragte sie leise.
    Er schüttelte ihre Hand ab und stieß sie praktisch weg. »Es ist lächerlich«, sagte er. »Ihr seid beide blond und blauäugig. Aber das sind eine Menge anderer Leute auch.«
    Warum war er so verärgert? Wieder durchwühlte Ruby ihre Tasche und zog das Foto hervor, auf dem Laura sie als Baby auf dem Arm hielt. »Schau noch mal hin.« Sie hielt es ihm vor die Nase. So langsam wurde sie selbst ärgerlich.
    Er nahm es, runzelte noch einmal die Stirn. »Es ist zu unscharf.«
    »Aber Andrés, als du das Foto zum ersten Mal gesehen hast, da hast du gesagt, dass du die Landschaft wiedererkennst.« Sie zeigte auf den Hintergrund.
    »Habe ich das?« Er blinzelte
    »Ja. Du hast gesagt, sie erinnere dich an Fuerteventura.« Hatte er nicht sogar gesagt, er glaube, das sei Fuerteventura? »Du hast gesagt, deine Insel sei ein Ort, wie ihn Leute wie Laura lieben würden«, rief sie ihm ins Gedächtnis. »Hippies und Reisende. Leute, die VW -Campingbusse fahren. Weißt du noch?« Er trat einen Schritt von ihr weg und wich ihrem Blick aus. Seine Augen blickten so starr, als wolle er nichts mehr hören; als wünsche er sich, dass das alles nicht wahr sei.
    Aber warum? Ruby war so aufgeregt gewesen; und er hatte einfach eine Nadel genommen und ihre Seifenblase zerstochen. »Hältst du es nicht für möglich, dass Laura dort gelebt hat, Andrés?«, fragte sie und versuchte, ruhig und vernünftig zu klingen. »Dass sie Geld brauchte und dass sie Modell für deinen Vater gesessen hat? Sie war doch schön, oder? Er hätte sie doch sicher malen wollen.«
    »Ja.« Andrés’ Stimme klang freudlos. »Ja, er hätte sie sicher gern gemalt. Aber er hat es nicht getan. Er konnte nicht. Das ist sie nicht, Ruby. Du wünschst es dir, aber es ist nicht so. Verstehst du nicht, was das bedeutet   …« Er marschierte zur Tür, riss sie auf und stapfte nach draußen.
    Ruby konnte es nicht glauben. Und nein, sie verstand nicht, was das bedeutete   – abgesehen davon, dass sie

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