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Juliregen

Juliregen

Titel: Juliregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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schüttelte mit zusammengebissenen Zähnen den Kopf. Auch wenn ihr auf dem Rücken des Tieres nicht gerade wohl war, so wollte sie weder Nathalia noch ihre Kinder enttäuschen. Es gelang ihr sogar, Wolfi und Doro zuzulächeln, während Nathalia das Pferd am Halfter fasste und führte. Dabei erklärte diese ihr, wie sie Sofa durch eine leichte Verlagerung ihres Gewichts und kurzen Zügelbewegungen dazu bewegen konnte, sich in Marsch zu setzen und eine gewünschte Richtung einzuschlagen.
    »Ich bin froh, dass wir diese Schlafmütze im Stall haben. Mein Stutchen würde dir nämlich lustig zum Tanz aufspielen«, erklärte Nathalia nach einer Weile. Trotzdem lobte sie Lore und gab ihrer Hoffnung Ausdruck, dass sie bald gemeinsam ausreiten könnten.
    »Natürlich nicht bis Nehlen«, schränkte sie ein. »Das wäre noch zu weit für dich. Heute Nachmittag nehmen wir das Gig. Ich werde selbst die Zügel führen, und du kannst dich neben mich setzen.«
    »Du willst selbst kutschieren? Aber das ist doch …«
    Nathalia unterbrach sie lachend. »Ungehörig, willst du wohl sagen! Lorchen, wir sind hier nicht in Berlin, sondern auf dem flachen Land. Hier muss die Gutsherrin einen Wagen selbst lenken können.«
    »Trotzdem würde ich für eine solch weite Fahrt dem Kutscher die Zügel überlassen!« Lore gefiel weniger, dass Nathalia selbst kutschieren wollte, als dass diese an dem Tag nach Nehlen fahren wollte, an dem Leutnant Bukow eintreffen sollte.
    Doch es gelang Lore auch diesmal nicht, Nathalia von etwas abzuhalten, was diese sich in den Kopf gesetzt hatte. Ihre Freundin führte Sofa gut gelaunt zum Stall zurück, half ihr vor dem Tor aus dem Sattel, ohne auf den herbeieilenden Stallknecht zu warten, und befahl dem Mann, den kleinen Zweisitzer für zwei Uhr nachmittags anzuspannen.
    »Wir brauchen weniger als zwei Stunden bis Nehlen, halten uns vielleicht zwei Stunden dort auf, und sind gegen acht Uhr wieder zurück.«
    Lore verzog das Gesicht. »Ist das nicht etwas arg spät?«
    Nathalia schüttelte den Kopf. »Aber wieso denn? Es bleibt doch lange hell.«
    »Und was ist, wenn ein Gewitter kommt?« Am liebsten hätte Lore eines bestellt, damit Nathalia nicht fahren konnte.
    Ihre Freundin lachte hell auf und befahl, das Mittagessen umgehend zu servieren, so dass Lore nur wenige Minuten Zeit blieb, sich umzuziehen. Als sie auf die Terrasse kam, war ihre Freundin bereits bei der Suppe.
    »Wo bleibst du denn, du Trödlerin? Beeil dich, sonst wird es noch später, bis wir wieder nach Hause kommen.«
    »Es ist ja noch nicht einmal halb eins«, stöhnte Lore.
    »Das schon, aber je eher wir von hier fortkommen, umso länger können wir in Nehlen bleiben und mit den Herren sprechen.«
    »Ich hätte nie gedacht, dass du dich von einer schmucken Uniform und ein paar abgeschmackten Komplimenten beeindrucken lässt!«
    »Du meinst Leutnant Bukow? Der gäbe sicher einen stattlichen Gutsherrn ab. Allerdings müsste er dafür die Uniform ausziehen und einige – nun ja – unnötige Gepflogenheiten ablegen.« Nathalia sagte es in einem Ton, als wäre der Offizier ein Baum, den sie nach ihren Vorstellungen beschneiden konnte.
    Lore schüttelte den Kopf. Nathalia war schon immer ein wenig exzentrisch gewesen, doch anstatt diesen Charakterzug mit wachsender Reife abzulegen, pflegte sie ihn mit Begeisterung.
    »Vielleicht gefällt dir auch der andere Herr, der heute kommen soll«, sagte sie in dem Versuch, Nathalias Gedanken von dem Leutnant abzulenken.
    »Du meinst Herrn von Gademer, den großherzoglich-oldenburgischen Gutsverwalter? Nun, ich werde ihn auf jeden Fall unter die Lupe nehmen. Er versteht etwas von der Führung eines großen landwirtschaftlichen Besitzes, während der Leutnant dies noch lernen müsste.«
    »Weißt du, wie du dich anhörst? Wie jemand, der ein Pferd auf der Auktion ersteigern will und sich überlegt, welches die meisten Vorzüge aufweist.«
    Nathalia lachte auf. »Was ist eine Ehe denn anderes, als den Mann zu heiraten, an dem man die meisten Vorzüge zu finden glaubt? Man kann hier Glück haben wie du mit Fridolin oder Dorothea mit Onkel Thomas. Doch die Liebe, wie sie in den Romanen beschrieben wird, die du so gerne liest, gibt es nicht. Und wenn es sie gäbe, wäre sie gewiss nichts für mich. Im Grunde kaufe ich mir mit meinem Vermögen einen Bräutigam. Dafür hat dieser genau das zu tun, was ich von ihm verlange.«
    Obwohl Lore von Nathalia schon häufig ähnliche Überzeugungen gehört hatte, erschrak

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