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Julischatten

Julischatten

Titel: Julischatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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haben wir doch schon getan. Ich habe dir gesagt, die sind nicht die Schnellsten.«
    »Ja, ich weiß. Almona, ich glaube, Lukas ist dort draußen irgendwo. Ghost kam ohne ihn angelaufen. Sie müssen nach ihm suchen. Er ist blind, das müssen sie wissen.«
    Mit fahrigen Fingern wählte Almona die Nummer der Feuerwehr. Sie redete und redete, wurde schneller und lauter und gab den Hörer schließlich an Sim weiter. Sie war mit dem Einsatzleiter verbunden. Die Feuerwehr war vor Ort und versuchte, das Feuer unter Kontrolle zu bringen. Von einer Person keine Spur. Allerdings hatten sie bereits einen anonymen Anruf erhalten, dass sich eine hilflose Person im Brandgebiet aufhalten würde.
    »Ich weiß, dass er da ist«, sagte Sim. »Sein Pferd ist zu uns gelaufen. Er kann nicht sehen. Lukas ist blind. Vielleicht wurde er abgeworfen und…« Ihr versagte die Stimme.
    Der Mann versprach, dass seine Leute ihr Bestes tun würden, um Lukas zu finden. Sim legte das Telefon auf den Tisch. Almona wählte zum zigsten Mal die Nummer ihrer Eltern, doch niemand nahm ab. Schließlich hielt sie es vor Sorge nicht länger aus: Sie nahm Sim das Versprechen ab, zur Straße zu laufen, wenn das Feuer näher kommen sollte, und fuhr davon.
    Nur ein paar Minuten später erschütterte ein gewaltiger Donnerschlag die Wände des Blockhauses. Sim verriegelte den Laden und hängte das Closed-Schild ins Fenster. Dann rannte sie hinüber zum Trailer, wo sie sämtliche Fenster verschloss, genauso wie im Haus.
    Es war stockfinster geworden, Blitze krachten und Donner folgte in immer kürzeren Abständen. Und dann begann es zu regnen. Erst knallten nur einzelne Regentropfen auf das Blechdach des Blockhauses, doch Sekunden später öffnete der Himmel seine Schleusen.
    Obwohl Sim den Regen so sehnlichst herbeigewünscht hatte, wollte sich keine Erleichterung einstellen. Denn sie konnte nicht sicher sein, dass es drei Meilen weiter ebenfalls regnen würde. Unruhig lief sie vor dem Fenster auf und ab. Sie konnte nichts tun, außer warten. Immer wieder wählte sie Lukas’ Handynummer, aber noch immer war es ausgeschaltet. Sie versuchte es auch ein- oder zweimal bei Jimi, aber dort erreichte sie jedes Mal nur die Mailbox.
    Sim musste an die merkwürdige Begegnung mit Jimi vor ein paar Stunden denken. Seine anfängliche Verlegenheit, die ihm ganz und gar nicht ähnlich sah. Hatte er sie etwa vom Hügel aus beobachtet?
    Er hat mir mein Mädchen weggenommen, hatte er gesagt. Er war wütend gewesen, verletzt. Wo war er hingefahren, so erfüllt von Zorn auf sie und Lukas?
    Das Gewitter tobte beinahe eine Stunde lang, als ob es zwischen den Hügeln gefangen wäre. Sim stand am Fenster, ab und zu erleuchtete ein greller Blitz ihr Gesicht. Als der Regen sich verzog und die Sonne hinter den Wolken hervorkam, ging sie nach draußen. Goldenes Licht lag auf den Hügeln und alles roch frisch und sauber. Die Rauchsäule war verschwunden.
    Aber auch Lukas blieb wie vom Erdboden verschluckt.
    Als am Abend Michaels Geländewagen vorfuhr, war Sim den Tränen nahe. Aber nun war sie wenigstens nicht mehr allein. Michael war bei Jo im Krankenhaus gewesen und versicherte ihr, dass es ihrer Tante gut ging.
    »Als Jo mir von dem Brand erzählt hat, habe ich mich gleich auf den Weg gemacht. Aber dann bin ich in das Gewitter geraten und es hat so heftig geregnet, dass ich nicht weiterfahren konnte. Ich habe schlichtweg nichts mehr gesehen.«
    Sim nickte, sie wusste, wovon Michael sprach.
    »Ghost kam angelaufen«, berichtete sie ihm und weinte nun doch, »ohne Luke. Dort, wo es gebrannt hat, ist sein Lieblingsplatz. Ich habe solche Angst, dass ihm etwas passiert sein könnte.«
    Michael nahm sie in die Arme und dankbar verbarg sie das Gesicht für ein paar schwache Sekunden an seiner Brust. »Wir müssen im Krankenhaus anrufen«, sagte sie und löste sich von ihm. »Vielleicht ist Luke dort eingeliefert worden.«
    Michael stellte das Radio an. Auf KILI FM wurde von einem Feuer zwischen Sharps Corner und der BIA Route 33 berichtet und dass der Regen es vollständig gelöscht hatte. Eine verletzte Person wurde nicht erwähnt.
    Michael rief im Pine Ridge Hospital an. Er fragte, ob ein Lukas Brave eingeliefert worden sei. Dann begann das Warten. Zwischendurch musste Michael immer wieder Lukas’ Namen wiederholen. »Lukas Brave, ja. Präriefeuer, ja.« Wieder musste er warten. Er sah Sim an, schüttelte den Kopf und legte auf. »Der Empfang sagt, es wäre nach dem Präriebrand niemand

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