Julius Eichendorff 02 - Nomen est Omen - Eifel Krimi
Katzen hatte er verloren, weil er warten musste, bis ein Lkw vorbeigefahren war.
Aber ganz allein war er doch nicht.
Am Ende der kleinen Straße konnte er einen gut gekleideten Mann erkennen. Normalerweise hätte er ihn übersehen, aber er bewegte sich so auffällig unauffällig, so gebückt, so huschend, dass er auffallen musste.
Es war Rolf Sonner.
Julius ging hinter einem geparkten Honda in die Hocke. Er musste seitlich vorbeischauen, da die Fenster des Japaners zugeschneit waren und den Blick verdeckten.
Sonner schlich in Richtung Burgstraße.
Ein Passant kam auf ihn zu. Augenblicklich gab Sonner die gebückte Haltung auf und wechselte betont gelassen die Straßenseite, darauf achtend, sein Gesicht dem Entgegenkommenden nicht zu zeigen.
Julius huschte von Wagen zu Wagen, sich stets versteckend. Das war auch nötig, Sonner blickte sich immer wieder prüfend um. Doch er bemerkte Julius nicht. Der Passant, der Sonner eben entgegengekommen war, schon. Er schüttelte den Kopf, als er Julius hinter einem Renault entdeckte. »Alter schützt vor Torheit nicht!«
Die Verfolgungsjagd führte Julius ein ganzes Stück durch den Ort. Erst am Remagener Weg schwenkte Sonner von der Straße zu einem Haus, ging jedoch nicht hinein, sondern daran vorbei in den hinteren Teil des Gartens.
Julius besah sich die Fenster des Gebäudes. Dahinter war niemand zu sehen, er konnte die blanken weißen Innenwände erkennen. Zum Haus führten keine Fußspuren außer Sonners. Hier schien niemand zu wohnen.
Vorsichtig ging Julius um das leer stehende Gebäude. Das Knirschen der Schritte im feuchten Schnee erschien ihm zu laut, deshalb senkte er die Schuhe vorsichtiger ins Weiß, staksend wie ein vollschlanker Riesenstorch. Meter für Meter kam er so vorwärts, bis er um die Ecke lugen konnte.
Er hielt die Luft an, denn er wollte nicht, dass Sonner die Kondenswolken seines Atems sehen konnte.
Sonner hielt Ausschau.
Lange.
Er schien jedes benachbarte Haus, jeden Baum, jeden Zweig, jede Schneeflocke zu untersuchen.
Julius sah er trotzdem nicht.
Das lag daran, dass dieser den Kopf zurückgezogen hatte und nur Sonners Schatten im Auge behielt, der sich klar und deutlich im Schnee abhob.
Endlich drehte sich der Umriss und wandte sich zu dem kleinen Gartenhaus, das am Ende des Grundstücks lag.
Als Julius Sekunden später, vielleicht einen Tick zu früh, um die Ecke blickte, sah er Sonner, wie er durch das Fenster des kleinen Holzverschlags blickte.
Sein Kopf schnellte wieder zurück.
Er wartete fünf Minuten. Exakt. Immer wieder sah er auf die Uhr. Es kam ihm ewig vor, und die Kälte kroch in seine von der Verfolgung warmen Glieder. Als er wieder hinschaute, war Sonner vom Fenster verschwunden. Es war nun erleuchtet. Im Innern des Gartenhauses hing eine funzelige Birne von der Decke.
Julius schlich, so weit rechts wie möglich, auf das Häuschen zu. An der Querseite hatte es keine Fenster, so dass er, am Ende des Gartens angekommen, die letzten Meter im aufrechten Gang zurücklegen konnte.
Er lauschte an der hölzernen Wand.
Von innen war ein metallisches Klacken zu hören.
Dann begann Sonner zu pfeifen.
Die Melodie stammte aus irgendeinem Western, da war sich Julius sicher. Aber welchem? Ihm fiel es nicht ein. Wie immer. Er kam auch nie darauf, woher er Schauspieler oder Synchronstimmen kannte. Es machte ihn rasend. Die Melodie stammte aus einem Western … einem italienischen … schon ein paar Jahre alt …
Was soll’s, dachte Julius und verdrängte das nagende Gefühl im Bauch, so gut es ging. Er schlich um die Ecke, näher ans Fenster. Er wollte einen Blick hineinwerfen. Schließlich hatte er eine Art polizeilichen Auftrag. Er handelte hier im Namen des Gesetzes. Das hatte nichts mit gefährlicher Neugier zu tun. Überhaupt nichts.
Die Eisblumen wuchsen an den Rändern des Fensters wie Unkraut, Julius musste seinen Kopf weiterrecken, zur Mitte hin wurden es weniger. Der Raum schien leer zu sein. Aber Julius vernahm weiter das Pfeifen. Vielleicht saß Sonner ja in der Ecke hinter der Tür? Er musste aus einem anderen Blickwinkel durchs Fenster sehen. Geduckt watschelte er darunter durch und schaute von der anderen Seite durch die zugefrorene Scheibe.
Das Pfeifen hörte auf.
Aber auch von der neuen Position war Sonner nicht zu erkennen. Merkwürdig. Vielleicht hatte er ihn doch bemerkt. Sonner konnte aber auch einfach aufgehört haben zu pfeifen.
Es gab nur eine Möglichkeit herauszufinden, was los war.
Er musste
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