Jung, blond, tot: Roman
übereinander, steckte sich eine Gauloise an und wechselte das Thema. »Liegt der Obduktionsbericht Lindner schon vor?«
»Nein, aber ich habe bereits Dampf gemacht, und sie haben versprochen, ihn in der nächsten halben Stunde rüberzuschicken.«
»Dann werde ich warten, bis er da ist. Ich schreib so lange den Bericht von gestern.« »Das hat noch einen Moment Zeit«, sagte Berger und ging zur Kaffeemaschine, um sich einen Kaffee einzuschenken. »Erzählen Sie mir, welchen Eindruck Sie von dieser Nicole Bernhardt und ihrer Mutter haben.« »Hat Schulz mit Ihnen nicht darüber gesprochen?« »Ich will Ihre Meinung hören.«
»Mir kommt es vor, als verheimlichen sie uns etwas, aus welchen Gründen auch immer. Kann aber auch sein, daß ich mich irre.«
»Schulz sagt, sie würden sich in der für diese Kreise typischen Weise verhalten, vorsichtig und kein Wort zuviel.«
»Warten wir's ab. Kann natürlich sein, daß er recht hat.« »Haben Sie eine Theorie, in welche Kategorie der Täter einzustufen ist? Oder können Sie vielleicht sogar ein psychologisches Profil skizzieren?«
Die Kommissarin meinte kopfschüttelnd: »Das würde wohl meine Fähigkeiten nach dieser kurzen Zeit übersteigen. Aber er geht meiner Meinung nach mit System vor. 50 Er begeht keine Affekthandlungen, er weiß genau, was er will, und er hat einen Plan. Wobei das natürlich noch überhaupt nichts über den Tätertyp aussagt und schon gar nichts mit einem psychologischen Profil zu tun hat. Triebtäter finden sich in allen Gesellschaftsschichten; das ist es doch, was es so schwierig macht. Hätten wir zum Beispiel eine handschriftliche Notiz von ihm, könnten wir von einem Graphologen in etwa seinen Intelligenzgrad und sein mögliches Arbeitsfeld einigermaßen bestimmen. Aber mir ist gestern beim Durchblick der Akten etwas aufgefallen -die Leichenfundorte, die ja wohl auch identisch mit den Tatorten sind, befinden sich alle drei in einem sehr engen Radius. Carola Preusse und Maureen Nettleton stammen jeweils aus sehr wohlhabenden Verhältnissen; Sabine Lindner hat zwar keine reichen Eltern, dafür wohnt ihre beste Freundin, eben diese Nicole Bernhardt, am Lerchesberg. Womit ein Zusammenhang wiederhergestellt ist. Offen ist dabei noch, welche Verbindung zwischen den drei Mädchen besteht und ob es überhaupt eine gibt. Ich glaube übrigens, daß Sabine Lindner von einem anderen Täter umgebracht wurde.« Bevor Berger darauf antworten konnte, wurde die Tür mit kräftigem Schwung aufgestoßen. Schulz. Er setzte sich, brummte ein mürrisches »Morgen«. Er war ungekämmt und unrasiert, in den kleinen, müden Augen steckte noch gelber Schlaf, er hatte eine Alkoholfahne. »Guten Morgen, Kollege«, begrüßte ihn Berger mit hochgezogenen Augenbrauen. »Wie war deine Nacht?« »Wen interessiert das?!« fragte Schulz gereizt. »Sag mir lieber, ob's was Neues gibt! Vielleicht mal wieder ein Mädchen?« Es klang aggressiv und zynisch. »Nein, bis jetzt nicht, aber unsere Kollegin hat eben einen interessanten Gedanken geäußert. Zwar sieht sie mögli cherweise einen Zusammenhang zwischen den drei Morden...«
»Na logisch, es war ein und dasselbe Arschloch!« unterbrach Schulz provozierend, legte die Füße auf den Tisch, holte die Zigarettenschachtel aus der Hemdtasche und zündete sich eine Marlboro an. »Ein und dasselbe gottverdammte Arschloch!« »Da bin ich mir nicht so sicher«, widersprach ihm Julia Durant. »Ich sehe zwar einen Zusammenhang, aber nicht unbedingt denselben Täter. Mir fiel auf, daß zum Beispiel nur der kleinen Lindner der Bauch aufgeschlitzt wurde, sie nicht auf dem Rücken lag, Arme und Beine nicht überkreuzt waren wie bei den anderen. Und wie Ihnen bestimmt auch aufgefallen ist, fehlte das markanteste Zeichen - die Rattenschwänze!« »Nein, verdammt noch mal, ist mir nicht aufgefallen, Sie Genie! Was will das schon besagen, wenn das eine oder andere nicht zusammenpaßt? Vielleicht ist er gestört worden, oder er hat mal was Neues ausprobiert - oder er hatte einfach einen schlechten Tag!« Schulz grinste provozierend. »Kann sein, daß Sie recht haben. Was aber, wenn ich recht habe und wir es mit einem Nachahmer zu tun haben? Die Zeitungen konnten bisher doch nur schreiben, was sie von uns an Informationen bekommen haben. Ausgestochene Augen, abgeschnittene rechte Brust, Verletzungen im Vaginalbereich, das war's! Wir haben zum Beispiel kein Wort über die Bißwunden im Vaginalbereich und an den Brüsten verlauten lassen. Ebenso
Weitere Kostenlose Bücher