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Jung, blond, tot: Roman

Jung, blond, tot: Roman

Titel: Jung, blond, tot: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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sich auf den mit einer Plastikfolie überzogenen, noch feuchten Sitz. Sie kurbelte das Fenster herunter, legte den linken Arm auf den Rah men und startete den Motor. Sie gab Gas und fuhr nach Hause. Die Kopfschmerzen wurden wieder stärker.

Sonntag, 8.30 Uhr
    Sie hatte miserabel und viel zu kurz geschlafen, vier Stunden. Irgendwann nach drei mußte es erneut angefangen haben zu regnen. Ein angenehm kühler Wind drang durch das offene Wohnzimmerfenster, bereit, die sich über Monate hinweg angesammelte stickige Luft zu vertreiben. Sie kochte Kaffee und schüttete Cornflakes in eine Schüssel, gab Zucker und Milch dazu und begann zu essen. Schon als sie aufgestanden war, hatte sie die erste Zigarette geraucht, und jetzt beim Frühstück qualmte eine weitere im Aschenbecher. Es gab Augenblicke, da haßte sie ihren Beruf, jetzt war ein solcher Augenblick gekommen. Seit drei Tagen und zwei Leichen war sie bei der Mordkommission, beinahe rekordverdächtig.
Sie versuchte, Ordnung in ihre Gedanken zu bringen, versetzte sich noch einmal an den Tatort der vergangenen Nacht. Sie trank und aß, rauchte ihre Zigarette, hustete. Um Viertel vor neun machte sie sich auf den Weg ins Präsidium. Die Straßen waren beinahe wie ausgestorben, die Ampeln fast durchweg auf Grün geschaltet, sie brauchte kaum zehn Minuten, an Werktagen waren es manchmal dreißig.
Berger stand am offenen Fenster und inhalierte die frische, noch kühle Morgenluft. Kullmers aufreizend anzüglicher Blick verfolgte Julia Durant bei jedem Schritt, sie wußte, er würde keine Gelegenheit auslassen zu versuchen, sie in sein Bett zu zerren. Aber auch wenn ihr Verlangen nach einem Mann bisweilen extreme Formen annahm, sie sich nach Berührungen und Zärtlichkeit sehnte, so hätte man ihr Kullmer nackt um den Bauch schnallen können, ohne daß sie auch nur die geringste Regung bei sich verspürt hätte. Sie würde Kullmer nicht einmal mit einer Pinzette anfassen, obwohl er nicht schlecht aussah, und wenn die Gerüchte stimmten, dann hatte er im Präsidium in den letzten fünf Jahren schon eine ganze Reihe von Frauen flachgelegt. Einmal hätte ihn sein männlicher Eifer sogar beinahe den Job gekostet, als er mit der Ehefrau eines Mordopfers eine heiße Beziehung anfing und dadurch um ein Haar die Aufklärung des Mordes verhinderte; die Frau selbst nämlich hatte ihren Mann auf raffinierte Weise ins Jenseits befördert. Kullmer war zudem ein eher durchschnittlicher Polizist, der mit genügend Ehrgeiz und Energie ein As hätte sein können, hätte er verstanden, seine Fähigkeiten auch umzusetzen. Es gab Tage, da konnte er jeden mit seinem analytischen Verstand an die Wand spielen. Dann wieder übersah er die simpelsten Dinge, die selbst Anfängern nicht verborgen blieben. Kullmers Problem war einfach, daß er zu oft sein Hirn in der Hose spazierenführte, und das war es, was ihn davon abhielt, als Genie in die Polizeigeschichte einzugehen. Sie setzte sich trotzdem direkt neben ihn, er war eingehüllt in eine dicke Wolke schweren Herrenparfüms. Er kaute Kaugummi, spreizte die Beine, offenbar überzeugt, das Ding zwischen seinen Schenkeln würde alle charakterlichen Unebenheiten ausbügeln können. Koslowski pulte in der Nase und anschließend an einem der vielen Pickel. Berger rauchte, der Qualm zog ab durchs Fenster. Er schaute zur Uhr, sagte: »Wir fangen einfach an, auch wenn Kollege Schulz noch nicht da ist. Ich möchte mich jetzt nicht in Einzelheiten ergehen, dazu haben wir Gelegenheit, sobald der Bericht der Gerichtsmedizin vorliegt. Nur soviel, der Fall hat eine neue Dimension bekommen, nämlich die, daß jetzt zum ersten Mal ein Mädchen im eigenen Haus ermordet wurde. Allem Anschein nach haben wir es mit demselben Täter wie bei Preusse und Nettleton zu tun. Lindner müssen wir weiterhin ausklammern. Sie, Kullmer, werden sich jetzt zusammen mit Koslowski auf den Weg zu dieser Kirche machen und die Leute dort vernehmen, und Kollegin Durant hat, soweit ich weiß, einen Termin bei diesem Seelenklempner, wie immer der heißt. Haben Sie schon einen Blick in das Tagebuch geworfen?« »Wann, zwischen gerade und eben vielleicht? Ich werde es nach meinem Treffen mit diesem Patanec nachholen.« »Gut, ich erwarte Ihre Berichte heute nachmittag. Gegen fünfzehn Uhr werden hoffentlich auch der Obduktionsbericht und die Spurenauswertung vorliegen. Ich würde sagen, wir treffen uns um halb vier wieder.«
Patanec war um vier Uhr am Sonntag morgen nach Hause gekommen, hatte

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