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Jung, blond, tot: Roman

Jung, blond, tot: Roman

Titel: Jung, blond, tot: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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wenn er schlecht träumt.« »Er arbeitet sehr, sehr viel. Das kann durchaus die Ursache für seinen schlechten Schlaf sein. Ein Grund, weshalb er sich von Ihnen absondert, könnte vielleicht im sexuellen Bereich liegen.«
Susanne Tomlin sah Patanec fragend und ein bißchen vorwurfsvoll an, erwiderte aber nichts.
»Schauen Sie, manche Männer, vor allem extrem streßgeschädigte, leiden häufig unter Impotenz, was aber keine körperlichen, sondern seelische Ursachen hat. Die wenigsten sind jedoch mutig genug, diese Störung dem Partner gegenüber einzugestehen.« »Glauben Sie wirklich?«
»Es ist nur eine Möglichkeit. Was wirklich mit Daniel los ist, weiß nur er selber. Ich schlage vor, Sie warten einen günstigen Moment ab, in dem Sie in aller Ruhe mit ihm sprechen können. Gehen Sie behutsam mit ihm um, fragen Sie ihn, weshalb er nur noch so wenig Zeit für Sie aufbringt. Ich kenne Daniel und weiß, er wird nicht kneifen. Bringen Sie Geduld auf, nur so können Sie ihm und letztendlich auch sich selbst helfen.«
Susanne Tomlin zögerte, fragte dann: »Wie ist er, wenn er mit Ihnen zusammen ist? Haben Sie nicht auch das Gefühl, daß er sich verändert hat?«
Patanec zuckte mit den Schultern, lehnte sich zurück. Er wußte nicht, ob und wie er auf diese Frage antworten sollte. Er tat es mit einer Gegenfrage: »Was meinen Sie mit verändert? Inwieweit hat Ihrer Meinung nach eine Veränderung bei ihm stattgefunden? Und seit wann?« »Früher war Daniel extra vertiert, fröhlich, zu Spaßen aufgelegt, er verbrachte viel Zeit mit den Kindern, war aufmerksam mir gegenüber, es waren einfach nur Kleinigkeiten, die aber das Leben oder besser gesagt mein Leben angenehm machten.« Sie seufzte, schlug die Beine über einander, schaute zu Boden. »Jetzt kümmern ihn seit einiger Zeit weder die Kinder noch ich. Mir kommt es vor, als habe er jegliches Interesse an der Familie verloren. Obgleich ich weiß Gott eine Menge tue, um ihn für mich zu interessieren. Wenn Sie verstehen, was ich meine.« Sie lächelte schüchtern, wie ein kleines Mädchen, ein Hauch Röte überzog ihr Gesicht, als schämte sie sich, Patanec so viel Intimes zu verraten, ein unsicheres, verschämtes, trauriges, einsames Mädchen. Patanec verstand nicht und würde nie verstehen, was Tomlin dazu brachte, sie so abweisend zu behandeln, wenn es stimmte, was Susanne berichtete.
»Seit wann hat er sich Ihrer Meinung nach verändert?« fragte er noch einmal. »Seit wann?« wiederholte sie mechanisch die Frage und zuckte die Achseln, die Röte war aus ihrem Gesicht gewichen. »Ich glaube, es kam fast von einem Tag auf den andern. Vor einem halben Jahr vielleicht.« Wieder dieses zarte, verstohlene Lächeln, unschuldige Scham in den Augen, um die Mundwinkel. »Früher haben wir ein richtiges Eheleben geführt. Wir haben gemeinsam gefrühstückt, manchmal kam Daniel zum Mittagessen nach Hause, aber nie ließ er das Abendessen aus. Wir gingen regelmäßig ins Theater, besuchten Freunde oder Verwandte, wir...« Sie stockte, blickte zu Boden, ihre Hände verkrampften sich ineinander, sie fuhr fort, ohne Patanec anzusehen: »Wir führten in jeder Beziehung ein gutes Eheleben, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
Als Patanec keine Anstalten machte, etwas zu erwidern, sagte sie weiter: »Wir schliefen mindestens zweimal in der Woche miteinander. Das, obwohl er eigentlich noch nie sehr zugänglich war, nie für körperliche Berührungen empfänglich, in der Anfangszeit unserer Beziehung dach te ich, das würde sich schon geben. Manchmal, vor allem in letzter Zeit, habe ich das Gefühl, als hätte Daniel Angst vor Berührungen. Es ist, sobald ich mich ihm nähere, als würde er eine regelrechte Abwehrhaltung einnehmen.« Sie sah Patanec hilfesuchend an, doch Patanec ging nicht darauf ein, forderte sie auch nicht auf weiterzusprechen, ließ ihr Zeit. Sie biß sich auf die Lippen, bevor sie sich entschloß fortzufahren: »Er hat mich seit genau fünfeinhalb Monaten nicht mehr angerührt. Es ist nicht schwer, das nachzurechnen, ich brauche dafür auch keinen Kalender zu führen, aber ich hatte mittlerweile fünfmal meine Periode. Wissen Sie, das hat nichts mit Impotenz zu tun, nein, ganz sicher nicht, denn ich habe kürzlich durch Zufall, wirklich nur durch Zufall eine Unterhose gefunden, an der«, sie zögerte wieder, Patanec hätte sie für diese Verschämtheit küssen können, sagte: »nun, an der Hose waren Spuren, Sie wissen schon, solche Spuren.« »Sperma?« fragte

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