Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jungen und Maedchen - wie sie lernen

Jungen und Maedchen - wie sie lernen

Titel: Jungen und Maedchen - wie sie lernen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vera F. Birkenbihl
Vom Netzwerk:
und andere Schlechtleser eine Untergruppe in der Klasse bilden, dann würde er ja die Achtung seiner Kameraden im Schlechtleser-Club verlieren, wenn er besser werden würde. Also müssen Sie erkennen, wer zur „Gang“ gehört, und dann Wege finden, die ganze Gruppe zu fördern. Aber in einer Art, die sie annehmen kann. Dazu müssen Sie den Gruppenführer ins Boot holen. Wenn er Ihr Partner wird und zu einem PILOT-Projekt bereit ist, dann haben Sie eine Chance. Und nur dann. Aber wenn Eltern ihren eigenen Sohn durch Einzelmaßnahmen fördern wollen, dann kann dies nur greifen, wenn er einer Leistungs-Gruppe in der Klasse angehört.
    Andernfalls ist seine Angst, von den Kameraden als „Streber“ abgewiesen zu werden, größer als sein Wunsch, besser zu lesen!
    Die Frau als Individuum . . .
    Frauen sind keine Gruppenwesen; sie bauen einzelne Beziehungen zu anderen Einzelpersonen auf und koordinieren sich in kleinen Grüppchen.
    SCHWANITZ: Männer gehören Seilschaften an (streng hierarchisch), Frauen knüpfen Netzwerke (in denen jeder Knoten gleichberechtigt ist). Sie sehen sich also weit mehr als Individuen als Männer, daher suchen sie sich einzelne Personen, mit denen sie sich (im zweiten Sinne der Definition von oben) IDENTIFIZIEREN können (sie wollen also sein oder handeln wie diese). Das gibt ihnen Ziele und eine Ausrichtung, deshalb gehen weniger Frauen ziellos durchs Leben als Männer, die ihre Ziele eher von außen übernehmen. 7)

    Frauen definieren sich über ihre Leistung, sie sind in der Regel bemüht, das Beste zu geben. Wenn sie also gute Leistungen bringen können, ist ihr Selbstwertgefühl in Ordnung, dies sehen wir auch schon bei Schülerinnen. Sie freuen sich über ihren Erfolg, und sie leiden enorm unter schlechten Noten, während die Jungen sich über diese eher lustig machen, wenn sie in einer Gruppe integriert sind, die gute Noten als „doof“ oder „Weiberkram“ ablehnt! In diesem Zusammenhang müssen wir den nächsten Punkt sehen: Internationale Studien haben nämlich gezeigt, daß in Industrie-Nationen eine eigenartige Übereinstimmung darin besteht, wofür Kinder im Klassenzimmer und zu Hause eher gelobt oder getadelt werden.

Selbst-Wert-Gefühl : Lob und Tadel
    Die dritte „Überkreuz-Entwicklung“ zeigt:

    Überkreuz: LOB & TADEL im Klassenzimmer
    Hier scheinen uralte Klischees zu greifen, so daß das Gegenteil dessen, was Eltern und LehrerInnen bewußt anstreben, gelebt wird. Es hat sich inzwischen (wie gesagt weltweit, d. h. in allen Industrienationen) gezeigt: Jungen werden weit häufiger für ihre Leistung gelobt, auch wenn diese objektiv schlechter ist als die von Mädchen. Mädchen hingegen werden seltener für Leistung gelobt, sondern eher für „brav sein“. Dabei werden gutes Betragen, Fleiß, Pünktlichkeit, Hilfsbereitschaft, Zuverlässigkeit hervorgehoben, also WESENSZÜGE, die man bei weiblichen Wesen erwartet. Getadelt werden sie eher für Fehler, also für mangelnde Leistung (was sie besonders verletzt). Bei Jungen ist es umgekehrt. Beispiel: Pausiert ein Mädchen beim Vorlesen, weil es ein Wort nicht sofort entziffern kann, greifen Eltern zu Hause wie auch Lehrkräfte im Klassenzimmer viel früher ein (bis zu 5mal so schnell wie bei Jungen), indem sie „helfen“ (sprich: korrigierend eingreifen) oder, im Unterricht bzw. bei Nachhilfe-Stunden, sofort das nächste Kind aufrufen. Gerät ein Junge ins Stocken, erhält er bis zu 5mal mehr Zeit zum Überlegen. Auch wird deshalb noch lange nicht sofort ein anderes Kind aufgerufen. Ein Unterrichts-Protokoll zeigt beispielsweise: Wenn eine Lehrkraft einen Jungen NACH einem Mädchen (das ins Stocken geriet) aufruft, erweckt sie den Eindruck, er sei besser, indem sie ihm (unbewußt), wenn auch er Probleme hat, bis zu 5mal mehr Zeit gibt nachzudenken. Aber die Eltern zu Hause machen es oft genauso. Bis jetzt kann niemand genau erklären, warum dies so ist, insbesondere bei Eltern und Lehrkräften, die auf die Gefahr aufmerksam gemacht wurden und berichten, wie extrem schwer es ihnen fällt, nicht immer wieder in diese Falle zu tappen.
    Am besten können wir hier gegensteuern, wenn wir den Kindern helfen, möglichst bald selbst zu beurteilen, ob ihre Leistung ok ist, indem wir sie unterstützen, sich Stoff selbst zu erarbeiten sowie Maßstäbe zur Beurteilung zu entwickeln. Ein Junge, der regelmäßig Fußball spielt, kann seine eigene Leistung (wie auch die der Kameraden) gut einschätzen, somit wird er unabhängig von

Weitere Kostenlose Bücher