Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Junger, Sebastian

Junger, Sebastian

Titel: Junger, Sebastian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: War
Vom Netzwerk:
und mit ihren Freunden feierten.
    Und dann
waren da die Fragen. Moreno fuhr nach Hause nach Beeville in Texas, wo er mit
einem Fremden ins Gespräch kam, der ihn schließlich fragte, was er ihn schon
die ganze Zeit hatte fragen wollen, nämlich, ob Moreno jemanden getötet hatte.
Moreno sah ihn nur an. »Du musst bedenken, ich hab diesen Typen noch nie
gesehen«, sagte Moreno. »Ich also: >Hey, da sprechen wir nicht gerne
drüber.< Und er dann: >Hätte ich jemanden getötet, würde ich's dir
sagen.< Er verdreht die Augen und dies und das, und ich dann: >Alter, es
ist was anderes, wenn du deinen besten Freund tot vor dir liegen siehst. Du
hältst dich für knallhart, bis du einen gefallenen Soldaten da liegen siehst,
der nicht mehr atmet. Und dann sieht die Sache schon verdammt anders aus.<«
    Moreno
betrachtete den Urlaub hauptsächlich als achtzehn Tage, in denen er sich keine
Sorgen machen musste, niedergeschossen zu werden. Er zählte zu einer seltenen
Spezies: ein guter Soldat, der den bewaffneten Kampf nicht mochte. Soweit es
ihn betraf, brauchten sie nie wieder in ein Feuergefecht zu geraten. Einmal
wurden wir heftig unter Beschuss genommen, und eine RPG explodierte an den
Sandsäcken, neben denen Moreno stand. Es waren nur noch ein paar Wochen im
Einsatz durchzustehen, und Moreno ließ sich in eine Grube fallen. Als er
hervorkam, schüttelte er angewidert den Kopf. Steiner hingegen lief mit einem
breiten Grinsen durch die Gegend. »Das ist wie Crack«, johlte er. »Ein besseres
High kriegst du nicht.« Ich fragte ihn, wie er je wieder ins Zivilleben
zurückfinden könne.
    Er
schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung.«
     
    -8-
     
    Eine Mission, die allen Beteiligten Kopfzerbrechen
bereitet, ist die nach Karingal. Sie sind noch niemals dort gewesen, ohne beschossen
zu werden, und die Tatsache, dass es schon seit Wochen kein TIC mehr gegeben
hat, kann nur bedeuten, dass der Feind eine Menge Munition angesammelt hat. Karingal
liegt nur ein paar Kilometer südlich von Loy Kalay, aber der Zugang ist von den
feindlichen Stellungen auf Hill 1705 ungehindert einzusehen, und die Bewohner
sind Taliban vom harten Kern - die Männer sagen, dass man es an ihrem Blick
erkennt. Versöhnlich ist an der Stadt nur, dass es dort angeblich ein sehr
schönes Mädchen gibt, auf das Moreno einmal einen kurzen Blick erhaschen
konnte (kurz bevor sie aus dem Süden beschossen wurden). Alle anderen heißen
Mädchen sind in Obenau.
    Patrouillen
verlassen die Stellungen niemals zur selben Zeit oder folgen denselben Routen,
und die Mission nach Karingal ist für Mitte des Nachmittags angesetzt, wenn die
Sonne allmählich kalte blaue Schatten übers Tal wirft. Wir verlassen unseren
Drahtverhau durch das südliche Tor und überqueren die Schlucht, bewegen uns
zügig über offenes Gelände und bleiben nur hinter Bäumen stehen, damit die
Patrouille schwerer auszumachen ist. Man geht niemals dicht an den Vordermann heran,
denn Gruppen bieten ein besseres Ziel, und man spricht niemals lauter als im
Flüsterton. Wenn man unvorsichtig auftritt und Steine lockert, die den Abhang
hinunterrollen, drehen sich Köpfe und Männer blicken strafend. Wir überqueren
die Höhenstraße und marschieren weiter nach Süden und in ein hübsches kleines
Tal über einem Bach, der sich tief in die Schlucht eingegraben hat. Der Bach
kommt von den Gipfeln herunter, plätschert zwischen Gesteinsbrocken und über
Felsbänke. Wir müssen das Tal hinaufgehen, bevor wir auf die andere Seite
gelangen, und dann kehrtmachen. Tiefschnee liegt im Norden und schmilzt eifrig
auf den Südhängen, als würde es den Winter hier nicht geben, und wenn man
stehen bleibt, um die Sonnenstrahlen auf dem Gesicht zu spüren, kann man sich
vorstellen, dass es auch den Krieg hier nicht gibt.
    Nördlich
von Karingal verlassen wir die Schlucht und bewegen uns im Laufschritt auf der
Straße. Der Schnee knirscht unter den Stiefeln, die Männer sind stumm und
angespannt. Die typischen Geräusche des Dorflebens schallen uns entgegen,
Kinder rufen und das Weinen eines Babys und ab und zu ein Hahnenschrei und das
geduldige Stöhnen von Rindvieh. Wir bewegen uns im Gänsemarsch so schnell wie
möglich auf das Dorf zu, schwitzen heftig in unseren Kampfanzügen und
versuchen, möglichst nahe zu kommen, bevor die Männer des Dorfs ihre
Feuerstellungen erreichen. Gillespie pausiert kurz vor der Kuppe außerhalb der
Stadt, und wir nehmen den letzten Abstieg in Angriff. Über uns ragt Hill 1705
auf wie der

Weitere Kostenlose Bücher