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Junger, Sebastian

Junger, Sebastian

Titel: Junger, Sebastian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: War
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Kontakt mit Two-One?«, spricht Gillespie in sein Funkgerät. »Two-One«
bedeutet l st Squad - die Männer von Sergeant Mac. Sie sind ganz oben
im Dorf und sollen uns Deckung geben.
    »Two-One,Two-One,
antworten«, wiederholt jemand.
    »Fuck«,
sagt Gillespie zum zweiten Mal und bewegt sich in Richtung des obersten
Dorfteils. Stichter fordert Möserbeschuss auf Kilo Echo 2205, eines der
festgelegten Ziele auf einem Kamm südlich von uns, und wir hetzen durchs Dorf, so
schnell wir können. Die SAW-Schützen ächzen unter ihrer Last. Auf halbem Weg
den Berg hinauf meldet Pemble, dass er Kontakt zu Two-One hergestellt hat und
dass die Detonationen von 203-Geschossen stammten: Alles ist okay. Später
stellten wir fest, dass ein Geschoss das Holz direkt über O'Byrnes Kopf
zersplittert hatte. Aber das ist nichts Neues, und wir formieren uns außerhalb
des Dorfes und bewegen uns auf der Straße, über die wir auch gekommen sind.
    Der alte
Mann geht vornübergebeugt, die Arme auf dem Rücken verschränkt, um den
verletzten Jungen zu stützen, und ich habe den Eindruck, er könnte uns allen
geradewegs den Berg hinauf davonlaufen, wenn es sein müsste. Geplant ist, sich
auf der Straße nach Loy Kalay zurückzubewegen und den alten Mann und seinen
Sohn einer Patrouille der Destined Company zu übergeben, die mit ihren Humvees
dort eingelaufen ist. Das Gun Team braucht eine Weile, bis es zur Straße hinuntergeklettert
ist, sodass die Schießerei eine gute Stunde zurückliegt, als wir uns auf den Weg
nach Norden machen. Bei der Operation RockAvalanche war der l st Platoon geradewegs in einen nächtlichen Hinterhalt marschiert, und es scheint
so, als sei es kinderleicht, uns in dieselbe Situation zu bringen - sich auf
der Straße nur ein wenig Vorsprung zu verschaffen und dann die gesamte
Führungssquad mit Maschinengewehren und RPGs auszulöschen.
    Während
wir darauf warten, dass sich das Gun Team uns anschließt, bleibt mir Zeit, zu
entscheiden, wo in der Reihe ich meinen Platz finde möchte. O'Byrne ist ganz
vorn mit dem Rest seines Fire Teams - Money und Steiner und Vaughn. Wenn wir in
einen Hinterhalt laufen, kriegen sie das meiste ab, aber sie sind die Männer,
mit denen ich die Hütte geteilt habe und die ich am besten kenne. Wenn die
eigene Sicherheit total von anderen Männern abhängig ist, stellt man fest, dass
man seltsame unbewusste Entscheidungen trifft, was eigentlich ganz profane
Dinge betrifft: wohin gehen, wo sitzen, mit wem sprechen. Auf Patrouille
möchte man tunlichst nicht neben einem Soldaten der ANA gehen, denn es ist fast
so wahrscheinlich, dass sie dich aus Versehen umbringen, wie sie den Feind vorsätzlich
töten. Auch in der Nähe der Neulinge möchte man sich nicht aufhalten, falls sie
vor Panik erstarren oder so viel schießen, dass sie das Feuer auf sich ziehen
oder ihre Gewehre Ladehemmung haben. Auch den Cowboys möchte man nicht zu nahe
sein oder Männern, die erst nach einem Blick zu ihren Team Leaders etwas zu tun
wagen. Was man möchte, ist etwas sehr Differenziertes - ich bin nicht sicher,
ob es dafür ein Wort gibt -, aber nachts auf einer vereisten Straße außerhalb
eines feindlichen Dorfes spiegeln die Entscheidungen, die man trifft, etwas
sehr Reales wider. Ich greife mir mein Pack und gehe los.
    Zehn Meter
zwischen Steiner und mir, zehn Meter zwischen mir und Vaughn. Wie gewöhnlich
geht O'Byrne voran. Absolute Stille bis auf das Knirschen der Stiefel auf
gefrorener Erde und das gelegentliche Hundebellen unten in den Dörfern. Gott
weiß wieso, aber sie spüren, dass fremde Männer durch ihr Tal gehen, und das
gefällt ihnen nicht. Der Mond steht nicht am Himmel, aber die Sterne funkeln
gleißend und spenden genug Licht, um ein Stückchen Straße zu erkennen und die
Gestalten der Männer, die vorangehen. Ich gebe mir Mühe, nicht in zugefrorene
Pfützen zu treten, denn die vereiste Oberfläche zerspringt in der Frostluft
mit fatalem Klirren. Zwischen den Stechpalmen um uns tobt sich der Wind aus.
Ich spiele in Gedanken durch, wohin ich mich wende, wenn wir plötzlich beschossen
werden, aber die meisten Wegstücke bieten keine Deckung, sodass es wohl am
besten wäre, sich lang hinzulegen, damit man nicht von Schüssen der Männer
hinter einem getroffen wird.
    Wir
passieren still die dunklen Bergmassive und sehen gelegentlich ein
Verandalicht, das unten im Tal brennt wie ein einsamer Planet an einem
spiegelverkehrten Himmel. Viel später sind wir immer noch auf der Straße, als
ein

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