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Junger, Sebastian

Junger, Sebastian

Titel: Junger, Sebastian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: War
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unangenehmes, hohles und leises Pfeifen über unsere Köpfe zischt. Ein paar
Minuten später geschieht es noch einmal. Niemand weiß, was es ist, später finde
ich heraus, dass es Geschosse von Scharfschützen waren, die weit hinten aus
dem Tal kamen - Geschosse, die mit ihrer winzigen todbringenden Ladung wütend
durch die Dunkelheit irrten.
    »Die Dinger sind in Karingal wohl
ziemlich dicht neben dir eingeschlagen, oder?«, höre ich, wie jemand O'Byrne
nach der Patrouille fragte. »Ja, scheiß dicht.«
    »Als du
nicht zurückgefunkt hast, haben wir gefürchtet, dass du vielleicht getroffen
worden bist. Aber wir haben auch kein Schreien gehört, und darum haben wir
gedacht, du bist okay.«
    »Ja -«
    »- oder in
den Mund getroffen worden«, mischt sich ein anderer ein.
    Sogar
O'Byrne muss lachen.
     
    Buch drei  Liebe
     
    Die Furcht
des Feiglings vor dem Tod entstammt in hohem Maß seiner Unfähigkeit, etwas
anderes zu lieben als seinen Körper. Sein Unvermögen, am Leben anderer
teilzuhaben, steht der Entwicklung innerer Ressourcen im Wege, mit deren Hilfe
er in die Lage käme, den Schrecken des Todes zu überwinden.
    J. Glenn Gary, The
Warriors
     
    -1-
     
    In jenem Frühling traf Steiner ein Kopfschuss, als er
amAliabad-Friedhof in der Falle steckte. Der 3 rd Platoon errichtete
einen neuen Vorposten an der Stelle, wo Murphree die Beine verloren hatte, und
der 2 nd Platoon hatte den Job, auf dem Kamm von Hill 1705
Aufstellung zu nehmen und ihnen Deckung zu geben, während sie arbeiteten. Sie
wollten bei Dämmerung anfangen, die ganze Nacht durcharbeiten und hoffentlich
im Morgengrauen fertig sein. Da das Gelände über eine Straße erreichbar war,
benutzten sie vorgefertigte Betonplatten, die auf Pritschenlastern angeliefert
und mit dem Bulldozer abgeladen wurden, und am nächsten Morgen entschloss sich
Gillespie, seine Leute vom Berg abzuziehen, weil die Arbeit erledigt war. Aus
dem nächsten Tal stand Luftwaffenunterstützung bereit, und der Zeitpunkt war
so gut wie jeder andere. Aber manche Team Leader wollten bis zur Dunkelheit
warten. »Dafür haben wir doch unsere Nachtsichtgeräte«, sagte O'Byrne. »Damit
wir bei Nacht gehen können, wenn der Feind uns nicht sieht.«
    O'Byrne wollte das Argument auch
beim Lieutenant anbringen, aber Sergeant Mac forderte ihn schließlich auf,
nicht weiter rumzuzicken. »Wäre ich eine Zicke, hätte ich mich garnicht erst
bei der Army verpflichtet«, antwortete O'Byrne. Die andere Seite der Medaille
war, dass sie sich ohne viel Deckung weit in feindlichem Territorium befanden,
und wenn sie blieben, wo sie waren, würden sie wahrscheinlich auch angegriffen
werden. Wie man es auch drehte und wendete: Die Lage war beschissen. Über die
Steilhänge des 1705 machten sich die Männer auf den Weg hinunter, und kaum
hatten sie sich aus ihrer Stellung bewegt, knallte ein einzelner Gewehrschuss,
der im Tal widerhallte. »Genau da hätten wir verdammt noch mal Ruhe geben und
zurückbleiben sollen«, sagte mir O'Byrne später. »Es war doch nicht unser
erster Tag. Wir wussten doch alle nur zu gut, was der Schuss bedeutete.«
    Die Straße
nördlich vom Hill 1705 bietet nicht die geringste Deckung, liegt im freien
Schussfeld fast jeder feindlichen Stellung in der südlichen Hälfte des Tals und
ist einer jener Orte, die jedem Soldaten Albträume verursachen. Als alle unten
an der Straße angekommen waren, sagte O'Byrne zu den Männern hinter ihm, er
werde jetzt losrennen. Dann drehte er sich um und lief in Richtung einer
Stelle, die ungefähr dreihundert Meter entfernt war und ein wenig Deckung bot.
O'Byrne schaffte es zu einer niedrigen Steinmauer südlich von Aliabad, ohne
unter Beschuss zu geraten, und ging runter auf ein Knie, um allen anderen
Deckung zu geben. Der Rest seines Teams kam hinter ihm herangestolpert, und
dann keuchten Gillespie und Patterson vorbei, und schließlich tauchte die
Weapons Squad auf. Die Männer taumelten unter ihren Lasten und waren noch am
Straßenrand verteilt, als die ersten Feuerstöße kamen. Ihnen folgte massives
Sperrfeuer aus so gut wie jeder feindlichen Stellung im südlichen Tal, und
O'Byrne musste mit ansehen, wie die Steinmauer, hinter der er sich versteckte,
unter der Masse der Einschläge allmählich zerbröckelte. Er war immer noch
wütend, dass sie nicht auf die Dunkelheit gewartet hatten.
    Der Rest
von O'Byrnes Team steckte genauso in der Klemme. Steiner lag neben Stichter
flach auf dem Boden, und als er aufzustehen versuchte, ratterte

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