Junimond (German Edition)
hatte, aber dafür, dass sie davon geträumt hatte und ihm falsche Hoffnungen gemacht hatte. Man konnte sich irren, das gehörte dazu, wenn man auf der Suche war, oder?
Magda Goebbels hatte ihre Lebensphilosophien gewechselt wie andere ihre Unterwäsche, mit jedem Mann, der in ihr Leben getreten war, hatte sie einen anderen Glauben angenommen. Und immer gedacht, sie täte das Richtige, bis zum Schluss. Aber Stella wollte kein Verständnis für diese Frau haben, ihr auf keinen Fall gleichen, nicht auch nur ein winziges bisschen.
Was dachte Ares von ihr? Sie würde verstehen, wenn er verletzt war. Und wie brachte sie alles wieder in Ordnung?
Stella zog die Decke über ihren Kopf und schloss die Augen. Sie versuchte, nicht an das Vergangene und nicht das Zukünftige zu denken und einfach nur auf ihren Atem zu horchen. Wie sie es im Yoga-Kurs ihrer Mutter gelernt hatte. Nur war das leider nicht so einfach.
60
»Unwissenheit ist ein Segen, mein Freund.«
(Batman Begins)
Mittwochabend
Ares hatte den ganzen Tag verschlafen und als er aufstehen wollte, brauchte er noch eine halbe Stunde, um den Schlafsack von seinem Oberschenkel zu lösen. In der Nacht hatte er Fieber bekommen, die Wunden suppten und eiterten und nun musste er Badeshorts anziehen, damit Luft an die Wunden kam. Am liebsten würde er das Zimmer gar nicht verlassen, warten, ob Nick zu ihm reinkäme oder Olivia vorbeischaute und dann sollten sie ihm nur sagen, dass Stellas Freunde verschwunden waren und die Luft rein sei. Doch es sah nicht danach aus. Ares sah aus dem Fenster. Im Garten stand Tim und spielte mit Olivia Frisbee in der untergehenden Sonne und er hörte Danas tiefe Stimme auf der Terrasse.
Als er nach unten kam, saßen alle auf der Terrasse und begrüßten ihn entspannt. Nur Nick fehlte.
Olivia deutete auf Ares Badeshorts. »Willst du schwimmen gehen?«
»Au ja, schwimmen gehen ist gut«, rief Dana. »Kommt, wir gehen runter zum See.«
Ares blinzelte erschöpft in die Sonne. Er hatte immer noch leichtes Fieber.
»Was ist mit dem Filmprojekt? Wir müssen Montag irgendwas abgeben, oder?«, sagte er an Olivia gewandt. Tim ignorierte er bewusst.
»Das kriegt Nick schon hin«, sagte Olivia.
»Wo ist er überhaupt?«
»Wir dachten, er ist mit dir zusammen.«
Tim hatte in dem Grillloch von Nick ein Feuer gemacht. Ares hätte ihn allein dafür hassen können, aber das war natürlich lächerlich. Man konnte doch nicht anfangen, den Typen in seinem Garten zu hassen, was war dann mit den Diktatoren überall in der Welt? Für die sollte man sich diese Art von Gefühlen aufsparen.
»Also, das hier war echt früher der Osten?«, sagte Tim und beschrieb mit einem verkohlten Holzstock einen Kreis um sich.
Dana schleppte ihn zu Stella auf die Terrasse. »Erkläre es ihm, bitte!«
Stella nahm Tim den Stock ab und zeichnete einen Kohlekreis auf die Terrassensteine. »Das hier ist Berlin.« Sie umkringelte die eine Hälfte des Kreises. »Und das war West-Berlin mit der Mauer.«
»Ich dachte immer um Ostberlin wäre die Mauer«, sagte Tim. »Die waren doch eingesperrt und kamen da nicht raus.«
»Stimmt schon. Aber die aus Ostberlin sollten nicht nach Westberlin. Also haben die eine Mauer um Westberlin gezogen.«
»Verrückt. Und wie kamen die aus Westberlin heraus?«
»Hast du das nicht in der Schule gelernt?«, fragte Olivia ungläubig.
»Ey, ich hab für das Skaten nach der 10ten aufgehört. Kann sein, dass wir das in der Grundschule besprochen haben, aber so richtig habe ich das nie kapiert. Also wie war das jetzt?«
Stella zog einen größeren Kreis um Berlin. »Das war Ostdeutschland.« Und malte ein Rechteck an den Kreis. »Und das war Westdeutschland. Und da, wo sich beide Seiten berühren, da war auch eine Mauer. Es gab Transitstrecken, Korridore, durch die man auf direktem Weg von Westberlin nach Westdeutschland fahren konnte.«
Tim kräuselte die Stirn. »Okay und wo befinden wir uns jetzt gerade in deiner Super-Kohle-Skizze?«
»Hier«, Stella pikste auf eine Stelle ganz nah, aber außerhalb des Kreises um West-Berlin.
Olivia zeigte auf den See. »Die Grenze zu Westberlin ging mitten durch den Griebnitzsee. Auf der anderen Seite war Westberlin.«
»Krass, so nah war das alles.«
»Ja«, sagte Olivia trocken, »so nah und doch so fern.«
Es dämmerte und Ares begann, sich Sorgen um Nick zu machen. Er ging in sein Zimmer, rief ihn auf seinem Handy an, aber da war nur die Mailbox. Dann ging er noch einmal durch das Haus,
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