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Just Listen - Roman

Just Listen - Roman

Titel: Just Listen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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Schlampe«, zischte sie. Ich hörte ein Raunen, dieses typische, tiefe Uuuuuuuuh des Mobs, gefolgt von der Stimme des Wachmanns, der die Leute erneut mahnend zum Gehen aufforderte.
    »Hände weg von meinem Freund.« Sie sprach nach wie vor mit sehr leiser Stimme. »Hast du mich verstanden?«
    Ich stand einfach bloß da. Spürte noch immer den Druck ihrer Brust gegen meine Hände. Und wie es sich angefühlt hatte, sie zurückzustoßen. Als etwas Festes plötzlich nachgab. »Sophie   …«, begann ich.
    Sie schüttelte abwehrend den Kopf, schob sich an mir vorbei, stieß so heftig mit ihrer Schulter gegen meine, dass ich stolperte und in jemanden hinter mir taumelte, bevor ich mich fangen konnte. Alle starrten uns an, eine verschwommene, schwammige Masse von Gesichtern, immer in Bewegung, während Sophie durch die Leute hindurch fortging. Nun richteten sich alle Augen auf mich.
    Ich schob mich durch die Menge, eine Hand vor dem Mund. Hörte, wie die anderen redeten, lachten. Endlich musste ich mich nicht mehr so hindurchdrängen, standendie Leute weniger dicht beieinander. Das Hauptgebäude lag direkt vor mir, davor eine Reihe hoher Büsche, die sich ums Haus herum zog. Darauf rannte ich zu. Die dornigen Blätter zerkratzten meine Hände, als ich mich hineinzwängte. Ich kam nicht sehr weit und konnte nur hoffen, dass mich niemand sah, als ich mich vornüberkrümmte. Meine Hand krallte sich in meinen Bauch, und ich übergab mich ins Gras, hustete, spuckte. Das Geräusch hallte unangenehm in meinen Ohren wider.
    Als ich fertig war, fühlte sich meine Haut klebrig an und ich hatte Tränen in den Augen. Es war grauenvoll und demütigend. Einer der Momente, in denen man sich nichts sehnlicher wünscht, als allein zu sein. Besonders, wenn man plötzlich merkt, dass man nicht allein
ist
.
    Ich hatte die Schritte nicht gehört. Und auch den Schatten nicht gesehen. Von dort, wo ich am Boden kauerte, sah ich zunächst nur den grünen Rasen. Doch auf einmal geriet ein Paar Hände in mein Blickfeld; an jedem der beiden Mittelfinger steckte ein flacher silberner Ring. Eine der Hände griff nach meinen Aufzeichnungen, die anscheinend zwischendurch aus der Tasche gefallen waren; die andere streckte sich mir entgegen.

Kapitel 5
    Owen Armstrong wirkte wie ein Riese, seine Hand schien gigantisch, als sie sich mir entgegenstreckte. Seine Finger umschlossen meine, er zog mich hoch. Für einen Moment stand ich tatsächlich aufrecht da; doch dann wurde mir schummrig im Kopf, schwindelig, und ich schwankte.
    »Ups!« Owen versuchte, mich zu stützen. »Moment, warte. Besser, du setzt dich erst mal hin.«
    Er schob mich vorsichtig zwei Schritte zurück und ich spürte die Backsteinmauer des Gebäudes an meinem Rücken, kühl, fest. Ich ließ mich langsam an der Mauer nach unten gleiten, bis ich im Gras saß. Aus diesem neuen Blickwinkel erschien er gleich noch größer.
    Er zog mit Schwung seinen Rucksack von der Schulter, der mit einem lauten Plumps auf den Boden fiel. Owen hockte sich daneben, griff hinein, kramte darin herum. Ich hörte, wie seine Sachen aneinanderstießen, als würden sie neu sortiert. Flüchtig kam mir der Gedanke, ob ich deswegen eigentlich beunruhigt sein sollte. Schließlich hörte Owen auf zu kramen. Ich spürte meine Anspannung, als er seine Hand Stück für Stück und ganz langsam aus dem Rucksack zog. Zum Vorschein kam   – eine Packung Papiertaschentücher. Eine kleine, zerknüllte, zerknitterte Packung. Er presste sie an seine Brust (meineGüte, was für eine breite Brust), um sie, mehr schlecht als recht, glatt zu streichen, bevor er ein Taschentuch herauszog und mir reichte. Ich nahm es mit denselben Gefühlen entgegen, mit denen ich zuvor seine Hand ergriffen hatte   – ziemlich skeptisch, sehr vorsichtig.
    »Wenn du willst, kannst du die ganze Packung haben.«
    »Schon okay.« Meine Stimme hörte sich rau an. »Eins reicht erst einmal.« Ich hielt es mir vor den Mund. Er legte die Packung trotzdem neben meine Füße. »Danke.«
    »Kein Thema.« Nun machte er es sich neben seinem Rucksack im Gras bequem. Da ich mittags Unterricht gehabt hatte, waren wir uns an diesem Tag noch gar nicht über den Weg gelaufen. Er sah im Prinzip aus wie immer: Jeans, am Saum ausgefranstes T-Shirt , schwarze Boots mit dicken Sohlen, Kopfhörer. Als ich genauer hinschaute, bemerkte ich, dass er ein paar Sommersprossen hatte und seine Augen grün waren, nicht braun. Also grün, definitiv. Ich hörte Stimmen, die sich vom

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