Just Listen - Roman
mir eine Erklärung. Was wiederum ziemlich praktisch war, weil ich keine hatte. Während ich zum Auto hinüberlief, stieß Rolly, der auf dem Beifahrersitz saß, die Tür auf, stieg aus und ließ sie für mich offen.
»Rolly hast du ja schon kennengelernt«, meinte Owen.
»Ja«, antwortete ich. Rolly nickte mir zu. »Aber du kannst gern sitzen bleiben. Ich gehe nach hinten.«
»Kein Problem«, gab Rolly mir zu verstehen und ließ sich auf den Rücksitz gleiten. »Außerdem wollte ich sowieso noch checken, ob ich meine Ausrüstung für später auch komplett beisammenhabe.«
»Ausrüstung?«, fragte ich, während ich einstieg und die Tür schloss. Owen signalisierte mir, mich anzuschnallen, was ich auch brav tat; die Aktion mit dem Hammer – damit der Verschluss einrastete – überließ ich allerdings ihm.
»Für die Arbeit. Ich muss später noch eine Gruppe trainieren«, erklärte Rolly. Ich drehte mich um und sah, dass er denselben roten Helm in der Hand hielt, den er bei unserer ersten Begegnung aufgehabt hatte. Auf dem Sitz lagen zudem mehrere Polster in verschiedenen Größen: ein ziemlich riesiges, ähnlich wie das, was die Schiedsrichter beim Football tragen, einige röhrenförmige sowie ein Paar dicke Handschuhe. »Ein Fortgeschrittenenkurs. Ich muss sichergehen, dass ich gut geschützt bin.«
»Sehr verständlich«, meinte ich. Owen legte gerade den Rückwärtsgang ein und rollte aus der Einfahrt. »Und wie kommt man zu so einem Job?«
»Wie es meistens so läuft.« Rolly legte den Helm auf seinenSchoß. »Ich habe auf eine Anzeige geantwortet. Am Anfang half ich eigentlich nur am Telefon aus, checkte Leute ein, so Zeug eben. Aber dann hatte einer der Trainer eine Leistenzerrung und konnte nicht mehr weiterarbeiten, deshalb wurde ich zum Angreifer befördert.«
»Oder degradiert«, meinte Owen. »Je nachdem, wie man es betrachtet.«
»Finde ich nicht.« Rolly schüttelte den Kopf. Er hatte ein richtig hübsches Gesicht, fiel mir plötzlich auf, und kam einem, verglichen mit dem großen, stämmigen Owen, eigentlich weniger als der Typ Angreifer vor. Rolly war kleiner und drahtig, mit strahlend blauen Augen.
»Angreifer sein ist tausendmal besser als ein Bürojob.«
»Wirklich?«, fragte ich.
»Logo. Zum einen ist es schon von sich aus aufregender«, gab er zurück. »Zum anderen lernt man die Leute, mit denen man zu tun hat, auf einer sehr persönlichen Ebene kennen. Wen wundert’s? Mit jemandem, der dir die Scheiße aus dem Leib prügelt, kann ja bloß eine echte Verbindung entstehen.«
Ich warf einen Seitenblick zu Owen hinüber, der mit der einen Hand an der Stereoanlage herumfummelte. »Kein Kommentar«, sagte er, die Augen auf die Straße gerichtet. »Da kannst du zu mir herschauen, so lange du willst.«
»Kämpfen schweißt Menschen zusammen«, fuhr Rolly fort. »Viele Frauen aus meinen Kursen kommen hinterher zu mir und umarmen mich. Die Leute fühlen sich intuitiv zu mir hingezogen. Das passiert andauernd.«
»Aber nur einmal hat es wirklich etwas bedeutet«, warf Owen ein.
Rolly seufzte. »Richtig«, sagte er. »Nur zu wahr.«
»Und das heißt?«, fragte ich.
»Rolly ist in ein Mädchen verknallt, das ihm direkt ins Gesicht geschlagen hat«, erklärte Owen.
»Nicht ins Gesicht«, korrigierte Rolly ihn. »An den Hals.«
»Offenbar hat sie einen hammermäßigen rechten Haken«, meinte Owen zu mir.
»Allerdings«, pflichtete Rolly ihm bei. »Es war in der Mall, bei einer dieser Demo-Aktionen, die mein Studio manchmal dort veranstaltet. Wir hatten einen Stand; die Leute konnten an einer Verlosung für einen kostenlosen Kurs teilnehmen oder versuchen, mir eine zu verpassen, nur so zum Spaß.«
Kopfschüttelnd setzte Owen den Blinker.
»Jedenfalls«, fuhr Rolly fort, »kam sie mit ein paar Freundinnen vorbei. Delores – meine Chefin – legte sofort mit ihrem üblichen Sermon über das Kursangebot los und forderte die Girls auf, mir eine reinzuhauen. Ihre Freundinnen wollten nicht, aber sie kam schnurstracks auf mich zu, schaute mir in die Augen und
rumms
! Direkt aufs Schlüsselbein.«
»Deine Schutzpolster hattest du aber an, oder?«, fragte ich.
»Logo!«, erwiderte er. »Bin schließlich Profi. Trotzdem kannst du durch die Polster spüren, wie doll dir einer eine reinsemmelt. Und dieses Mädel hat gesemmelt, das kann ich dir flüstern. Außerdem war sie bildhübsch. Eine ultragefährliche Kombination. Bevor ich auch nur ein Wort rausbringen konnte, lächelte sie
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