Justifiers - Hard to Kill: Justifiers-Roman 8 (German Edition)
intellektuell so unmäßig Herausgeforderten«, nuschelte Nox, kurz bevor sich die Tür hinter Toro schloss, so dass er es gerade noch hören konnte. »Was hast denn du für eine Art, Besucher zu behandeln? Und kann es sein, dass der Arsch mir ein paar Schnurrbarthaare gezogen hat?«
Es war hochgradig surreal, ihm Auge in Auge gegenüberzustehen. Argon hatte nicht geglaubt, einen von ihnen je wiederzusehen. Um ehrlich zu sein, hatte er nicht erwartet, dass einer von ihnen lebend das nächste Jahr in den Diensten von SE überstand. Die Aufträge waren immer übler geworden, als hätte im Vorstand jemand Gefallen daran gefunden, Wetten auf ihr Überleben unter schwierigsten Bedingungen abzuschließen.
»Das mit Sky tut mir leid«, sagte er so tonlos, dass es genauso gut das Gegenteil hätte bedeuten können. Er wusste es selbst nicht so genau.
»Geschenkt«, erwiderte Nox gelassen.
»Das ändert nichts daran, dass ich dich in deine Einzelteile zerlegen lasse, wenn du mir nicht antwortest. Ich wollte nur, dass du es weißt. Ich wünschte, das wäre nicht passiert.«
»Argon, mein Herz, Freude meines Lebens«, erwiderte Nox und befühlte mit der Zunge prüfend einen seiner absurd langen Eckzähne, bevor er einen weiteren Mundvoll Blut ausspuckte. »Ich würde dir ja durchaus auf einiges, sogar auf etliches antworten, aber es wäre hilfreich, wenn du mir zu diesem Zweck erst mal ein paar Fragen stellen würdest. Wenigstens eine für den Anfang.«
Unangenehm berührt musterte ihn Argon. »Ich wäre dir sehr verbunden, wenn du mich nicht mein Herz nennen würdest, wenn du splitternackt vor mir stehst.«
Über Nox’ Gesicht huschte der Schatten eines Grinsens. »Ich muss gestehen, das befremdet mich selbst. Weißt du, da draußen ist das ein ganz interessantes Gefühl, wild und frei und irgendwie urtümlich, aber hier drinnen, in dieser Situation … ganz angenehm ist es mir nicht.«
Argon dachte nicht daran, sich auf den lockeren Plauderton einzulassen. »Wo sind sie, Nox?«
Aufmerksame bernsteinfarbene Augen, darin mehr Spott als Bedauern. »Musst du denn ausgerechnet mit der einen Frage anfangen, die ich dir nicht beantworten werde?«
Argon schnaubte. »Glaub mir, du wirst. Aber gut, fangen wir mit einer anderen an: Was habt ihr mit meinem Schiff gemacht?«
»Es betreten«, erwiderte Nox artig. »Unbefugt. Dann haben wir in einer Proviantkiste gesessen und sind kurz nach dem Start ausgestiegen, mit dem nicht besonders hehren Ziel, euch allesamt mit ein wenig Betäubungsgas lahmzulegen. Nelly sollte die Koordinaten neu programmieren, Sprung und zack, weg mit euch. Aber es kam anders. Wir sind aus der Kiste gestiegen und kamen nicht einmal dazu, das Lager zu verlassen, da gab es schon Alarm. Dann der Sprung. Und dann weiß ich nicht mehr viel, mich hat es nämlich aus deinem hübschen kleinen Schiff gerissen, ich wäre fast verbrannt, dann im Schlamm ersoffen, habe eine Höhle gefunden und dachte, ich wäre auf Duve, und alles seit damals und jetzt wäre nur ein Traum gewesen.«
Seine Gelassenheit war verstörend. Sie waren nie wirklich miteinander warm geworden, schon damals nicht, Argon hatte Nox’ riesiges Ego nicht gepasst, ebenso wenig seine spürbare Überzeugung, immer eine Spur genauer als alle anderen zu wissen, worum es wirklich ging. Er wusste nicht recht, was ihm vorgeschwebt hatte, eigentlich gar nichts Konkretes, aber dass Nox hier jetzt nackt und gefesselt und in denkbar ungünstigster Lage vor ihm hing und immer noch dreinschaute, als verberge er hinter den bernsteinfarbenen Augen den Zugang zu einem Wissen, das sich jemandem wie Argon niemals offenbaren würde … das trug jedenfalls nicht dazu bei, dass er ihn nachträglich doch noch ins Herz schloss.
»Und das denkst du jetzt nicht mehr?«, erkundigte er sich. »Dass du auf Duve bist? Wäre ja möglich, dass du nie von dort weggekommen bist.«
»Möglich«, erwiderte Nox und nickte, verzog schmerzerfüllt das Gesicht und hörte damit auf. »Ich beneide dich um deine eindimensionale Vorstellung einer unverrückbaren und nicht anzuzweifelnden Wirklichkeit. Echt.« Er kicherte. »Ja, natürlich kann es sein, dass ich noch auf Duve bin und mir aus lauter Einsamkeit all das hier nur ausdenke. Es gibt sogar einige Indizien dafür.«
»Spannend.« So weit kam es noch, dass er sich Nox’ höchstpersönliche Auslegung des Konstruktivismus anhörte. »Zurück zu meiner Frage: Wo sind die anderen?«
In Nox’ Augen spielte ein seltsames Licht,
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