Juwelen der Liebe
mit Bangen als mit Vorfreude entgegengesehen. Doch Megan St. James war heute abend eine solch charmante und amüsante Gastgeberin gewesen, dass Kimberly tatsächlich den Grund für ihren Aufenthalt auf Sherring Cross vergessen hatte.
Sie war auch erstaunt darüber, wie sie dank ihrer Gastgeberin wenigstens über kurze Strecken die Anwesenheit des Mannes vergessen konnte, der sie so faszinierte. Es half, dass er am entgegengesetzten Ende der Tafel Platz genommen hatte, weit genug entfernt, dass sie nicht einmal seine Stimme hörte, wenn er sich an Gesprächen beteiligte.
Nur in den Momenten, wenn sie das seltsame Gefühl bekam, dass MacGregors Blick auf ihr ruhte, erinnerte sie sich überhaupt an ihn. Dabei hatte sie kein einziges Mal in seine Richtung gesehen, etwa um sich zu vergewissern, ob er sie tatsächlich ansah. Wahrscheinlich war diese Vorstellung ohnehin ein Produkt ihrer Phantasie, da er keinen Grund hatte, sie zu beachten, wenn die schöne Megan anwesend war.
Kimberly wusste genau, wo sein Interesse lag. Schließlich hatte sie alles mit angehört, als er bei seiner Ankunft mit der Herzogin sprach. Nicht einen Moment hatte sie bei dem Wortwechsel an einen harmlosen Flirt geglaubt. Die Sache war ernst. Er beabsichtigte, einer verheirateten Frau nachzustellen. Und diese verheiratete Frau fühlte sich offensichtlich durch sein Verhalten belästigt und war verärgert, zumindest schien seine Idee ihr nicht im geringsten zu gefallen. Doch das würde ihn nicht aufhalten. Sein Verhalten heute abend war der Beweis dafür. Kimberly hörte die Schritte hinter sich, als sie in den Korridor einbog, der zu ihrem Zimmer führte. Das Geräusch ließ ihr Herz für einen Schlag aussetzen. Es könnte ein Diener sein, obwohl sie daran zweifelte, bei dem schweren Gang. Viel wahrscheinlicher handelte es sich um den Highlander; dabei hatte sie die abendliche Runde nur deshalb so frühzeitig verlassen, weil sie ein solches Zusammentreffen verhindern wollte.
Nach dem Essen waren sie vom Speisezimmer in den Musiksalon gewechselt, wo Cynthia sie mit ihrem Können auf dem Cembalo unterhielt. Weil es nach den Maßstäben der St. James’ nur eine kleine Gesellschaft war, hatten die Männer ihre gefüllten Brandygläser mitgebracht, und diejenigen, die zu rauchen wünschten, taten dies im hinteren Teil des Raumes.
Als Kimberly ging, schwenkte MacGregor noch eine große Portion Brandy in seinem Glas und war in eine intensive Unterhaltung mit Lady Hester vertieft. Daher hatte sie kaum damit gerechnet, dass er sie auf dem Korridor einholen könnte. Sie wusste , dass er die Angewohnheit besaß, erst spät schlafen zu gehen. Doch ihre Sinne sagten etwas anderes und versetzten sie in U nruhe. Oder war es Erregung … ? Sie wünschte sich wirklich, die beiden Gefühle auseinanderhalten zu können.
Kimberly beschlo ss , dass es vernünftiger war, jeder weiteren Konfrontation mit ihm aus dem Weg zu gehen, selbst einem knappen Kopfnicken im Vorübergehen. Sie würde sonst mit Sicherheit heute nacht kein Äuge zumachen. Also beschleunigte sie ihre Schritte, bis sie regelrecht rannte, doch als sie die Klinke niederdrückte, bemerkte sie, dass sie abgeschlossen hatte.
Verflixt, wie hatte sie nur so dumm sein können? Seine Worte waren doch nicht ernst gemeint, als er davon sprach, etwas bei ihr zu stehlen. Das würde er nicht wagen. Um ihre Ruhe zu haben, genügte es, den Schlüssel herumzudrehen, wenn sie sich tatsächlich im Zimmer befand. Doch nun war abgeschlossen, während die Schritte hinter ihr immer lauter wurden. Endlich hatte sie die unter den Rockfalten versteckte Tasche ertastet und den Schlüssel herausgeangelt, war aber so nervös, dass er ihr aus den Händen fiel. Es kam noch schlimmer. Als sie den Schlüssel wieder aufgehoben hatte, traf sie das Schlüsselloch nicht.
Eine riesige Hand erschien und wurde in Höhe ihres Kopfes gegen die Tür gepre ss t. In ihrem Nacken murmelte mit warmem Atem eine melodisch klingende, kehlige Stimme: »So, Sie glauben also, dass ich kein Riese bin?« Nach der Hast und Ängstlichkeit überkam sie plötzlich eine seltsame Ruhe. Vielleicht hatte sie etwas zu viel von dem süßen Wein getrunken, der zum Abendessen serviert worden war, oder vielleicht ergab sie sich in ihr Schicksal. Als sie sich umwandte, brachte es sie jedenfalls nicht allzu sehr aus der Fassung, den mächtigen Körper so nah über sich zu sehen.
Er hatte also ihre Bemerkung zu Cynthia gehört? Erstaunlich, dass es ihr
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