Kabal: Gesamtausgabe der Order of Burning Blood Trilogie Band I bis III (German Edition)
Taubheit aus ihnen herauszumassieren. Im Schein des Feuers war es fast so golden, wie das der anderen Priesterinnen, doch eigentlich war es aus einem besonderen Silber gemacht.
Wenn ich nie eine Seherin geworden wäre, wie wäre mein Leben dann wohl verlaufen? Nicht zu wissen, was vor einem ist ... einfach in den Tag hineinzuleben. Ich hatte beinahe vergessen, welche Freiheit darin liegt. Ich hätte dem Pfad des Pankration folgen können, wie ich es ... vor so langer Zeit tat. Vielleicht wäre ich dann nie im Orden aufgenommen worden. Hat irgendeine Priesterin je ihr Pentacut abgelegt?
Sie wickelte sich in die Decke, streckte sich stöhnend neben dem Feuer aus, ließ die Eindrücke und Bilder des vergangenen Tages Revue passieren. Es war ein chaotisches Blitzgewitter aus grauenhaften Tableaus, das vor ihrem inneren Auge vorbeizog und sie versuchte, nicht an die vielen Toten zu denken, die sie gesehen hatte. Das Lagerfeuer flackerte ruhig und knisternd vor sich hin und sie nahm sich schließlich ein Brot, einen trockenen Käse und einen angestoßenen Apfel aus ihrem Gepäck.
»Ein opulentes Mahl. Hast du Hunger?«, fragte sie Humaa, die ihren dunkelrot geschuppten Kopf erhob und über die Schulter blickte.
Ein Licht glitzerte in den großen Augen und plötzlich wandten sich die anderen Kraindrachen ebenfalls um.
Kassandra schluckte einen Bissen herunter. »Ich bin heute nicht besonders schmackhaft, so wie meine Muskeln schmerzen, das kann ich euch versichern«, witzelte sie.
»Wir haben Besuch«, sagte Humaa.
Kassandra sprang sofort auf die Füße.
»Seid gegrüßt, Drachenreiterin. Das ist eine stolze Gruppe von Kraindrachen, die Ihr dort begleitet.«
Sie sah Bewegung in den Schatten zwischen den Büschen und erkannte kurz darauf die Umrisse eines Kentauren und eines Minotaurs, doch die Stimme war ihr unbekannt. Der Minotaur war auch kleiner als Thanasis. Der Kentaur trug die Spange der Mikarianer: Huf und Speer gekreuzt. Im Schein des Lagerfeuers erkannte sie, dass er langes graues Haar hatte und den Körperbau eines Kaltblüters, mit den schweren Beinen wie Säulen und der breiten Brust, wie sie typisch für seine Art waren. Sein Fell war so grau wie sein Haar, das ihm in einem langen Zopf auf den Rücken fiel. Ein nicht verwandelter Mann trat lautlos aus einem Gebüsch in nächster Nähe, schwarz gekleidet und leichtfüßig wie eine Katze.
Ein Späher!
»Ihr seid Gefolgsleute von Mikar?«
»Sehr wohl. Ich bin Kustok, das sind Minael und Ulyssai. Wir sahen die Drachen kreisen und eilten hierher. Wir bewachen die Straße neben der Lirash. Kommt Ihr aus Idrak?«
Dies waren also Mikarianer, die aus einem Fort neben dem großen Fluss über das Land wachten, überlegte Kassandra.
Was soll ich ihnen sagen?
»Ja, ich war in Idrak, komme aber jetzt direkt aus dem Kloster der Flammengrube. Der Orden versammelt sich dort. Wir brauchen Heiler, die sich um die Überlebenden aus Idrak kümmern.«
»Also ist es wahr?«, fragte der Minotaur namens Ulyssai.
Sie atmete schwer und flüsterte nur. »Ja. Idrak ist zerstört.«
Er ließ sich schwach in die Hocke sinken und schüttelte unentwegt den Kopf. Kustok stampfte unruhig mit den Hufen, blickte zum Himmel und Ulyssai vergrub das mächtige Haupt in den Händen.
Kustok räusperte sich. »Mein Bruder dient ... diente in Idrak. Kennt ihr einen Tempelwächter, einen Kentaur mit dem Namen Feriil?«
Kassandra schüttelte den Kopf.
»Bei unserer Göttin, wie konnte das nur passieren«, murmelte Ulyssai und rieb sich über das Gesicht. Er erhob sich und drückte Kustok die Schulter. »Deinem Bruder geht es sicher gut, er wurde womöglich an die Küste versetzt.«
»Woher willst du das wissen? Bist du unter die Seherinnen gegangen?«, brummte der Kentaur wütend.
»Ich habe gehört, dass ein ganzes Bataillon nach Iphobialiss entsandt worden ist ...«
Kustok schimpfte leise und die beiden diskutierten miteinander, ohne Kassandra oder Minael zu beachten.
Minael blickte auf. »Ihr seid doch eine Seherin, nicht wahr?«
Kassandra schluckte und zögerte. »Ich bin Kassandra.«
Der Mann stand langsam auf und seine Gefährten nahmen sofort Haltung an, als sie den Namen hörten, salutierten zackig.
»Verzeiht, Herrin! Wir haben nicht gewusst, dass Ihr es seid«, sagte der Kentaur und warf Minael einen bösen Blick zu.
Kassandra winkte ab. »Es ist in Ordnung. Kein Grund, sich zu entschuldigen.«
Kustok trat näher. »Ich weiß, dass Ihr gewiss andere Sorgen habt, aber
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