Kabal: Gesamtausgabe der Order of Burning Blood Trilogie Band I bis III (German Edition)
warten sollte. Je länger sie verharrte, je mehr hatte sie Angst davor, dem Mörder oder der Mörderin in die Arme zu laufen. Also blieb sie liegen und wartete nervös in der Dunkelheit. Sie fragte sich jedoch, was man so lange in dem Lagerraum mit einer Leiche machen konnte und schluckte, als ihr einige unangenehme Einfälle in den Sinn kamen.
Ich möchte gar nicht wissen, was gerade mit dem Leichnam passiert.
Als der Mörder endlich zurückkehrte, sah sie nicht mehr als seine Beine. Es war offenbar ein Mann mit normalen Füßen, die in Lederschuhen mit weichen Sohlen steckten. Er wirkte jung und kräftig auf sie, so wie er sich bewegte, aber womöglich war er nicht magisch begabt, überlegte sie. Als er die Treppe zur Galerie hinauf gehechtet war, zog sich Seraphia mit klopfendem Herzen unter dem Fass hervor.
Ich muss wissen, wo er mit der Leiche hin ist.
Bei dem Gedanken daran, dass sie womöglich ein bekanntes Gesicht zu sehen bekam, wurde ihr ganz flau im Magen. Sie schlich leise um das Fass herum, hinter dem der Mörder die Tote versteckt hatte und sah ... nichts. Sie folgte der Blutspur bis vor eine Wand, wo sie plötzlich verschwand.
Wie kann das sein? Eine Geheimtür?
Seraphia wünschte sich, ihre magischen Fähigkeiten wären fortgeschrittener. Sie schloss die Augen, konzentrierte sich und versuchte, die Aurasicht hervorzurufen, konnte jedoch kaum mehr als ein Aufflackern der magischen Strömungen erkennen. Sie probierte es noch einmal und horchte dabei ständig auf die Schritte des Mörders, der jeden Augenblick zurückkehren konnte. Nach dem dritten vergeblichen Versuch ließ sie davon ab, mehr über die Geheimtür mittels ihrer Magie herauszufinden. Sie war einfach zu aufgeregt und konnte sich nicht zusammenreißen.
Als sie ein klapperndes Geräusch hörte, schlich sie sich erschrocken zur Ecke des Fasses zurück, ging in die Hocke und warf einen vorsichtigen Blick in den Lagerraum. Der Mörder, den sie hinter dem Geländer und in den Schatten nicht erkennen konnte, wischte eilig mit einem großen Lappen über den Boden, den er immer wieder in einen Eimer tauchte.
Verdammt! Er ist gleich hier. Was mache ich jetzt?
Sie legte sich auf die kalten Fliesen und schob sich langsam und möglichst leise ganz tief in die Schatten unter dem imposanten Fass.
Die Blutspur war im Lagerraum nur noch dünn gewesen und der Mörder hatte diese letzten Reste seiner Tat schnell entfernt. Jetzt näherte er sich der Wand, wo sie die geheime Tür vermutete, hinter der er die Leiche versteckt haben musste. Sie roch, dass die Flüssigkeit im Eimer etwas enthielt, was die Blutspuren tilgte, eine stinkende Brühe, die zudem milchig weiß war.
Er muss die Tat lange im Voraus geplant haben!
Der Mann arbeitete hektisch und Seraphia wollte beinahe aufschreien, als er mit dem Hacken gegen den Eimer trat. Er fiel um und das Wasser daraus floss unter das Fass. Der Mann ließ sich fluchend auf die Knie nieder und wischte es eilig auf. Sie drückte sich tiefer unter das hölzerne Ungetüm, doch sie stieß mit den Waden bereits gegen seine Unterseite. Sie konnte von hier aus nicht auf die andere Seite gelangen! Ihr Herz pochte wild in ihrer Brust, als der Mörder den Lappen weiter und weiter unter das Fass schob. Dann hielt er inne und legte sich flach auf den Boden.
Im Dunkel trafen sich ihre Blicke.
Der Mann erschrak ebenso wie Seraphia, aber er schaltete, bevor sie einen klaren Gedanken fassen konnte. Blitzschnell schoss seine Hand hervor und packte ihren Arm. Mit Leibeskräften wehrte sie sich gegen seinen klammerartigen Griff, doch der knappe Raum unter dem ausladenden Weinfass begrenzte ihre Möglichkeiten. Der Mörder war muskulös und zerrte sie nun mit kräftigen Zügen seiner beiden starken Arme zu sich her. Dann spürte sie einen Stich in der Hand. Sie wollte aufschreien, bevor sie jedoch den Mund aufmachen konnte, schwanden ihr die Sinne.
Weich und warm. Dies war ein Bett, wie sie es im Kloster gern gehabt hätte. Dort waren die Schlafstätten hart und kalt. Sie spürte einen Körper neben sich. Sehr dicht neben sich. Zu dicht.
Wo bin ich?
Seraphia setzte sich ruckartig auf und bereute es auf der Stelle. Ihr wurde Schwarz vor Augen und sie kämpfte gegen eine heftige Übelkeit an. Dann hörte sie ein Stöhnen neben sich und sah zur Seite.
Iskar? Wie komme ich hierher? Und - wo ist meine Kleidung?
Iskar rührte sich neben ihr und setzte sich ebenso ruckartig auf wie sie. Er hielt sich den Kopf und starrte
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