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Kabbala-Box (2 Romane in einem Band)

Kabbala-Box (2 Romane in einem Band)

Titel: Kabbala-Box (2 Romane in einem Band) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Regner
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unter mir. Ein bunter ich-bezogener Haufen von Schwulen tanzt zum elektronischen Beat und ihre halb-erregierten Schniedel platzen fast vor Geilheit. Dazwischen vereinzelt Lesbengruppen, die zusammen herumhängen und lachen und vor dem DJ-Pult tanzen. Nebelschwaden drücken von oben nach unten und verziehen sich schnell, Lichtgespenster überall, die flüchten und wieder auftauchen – immer am selben Ort.
      Up and down. You get up and down.
      Langsam setzt der Bass wieder ein. Leon und ich gehen zur Tanzfläche, Rhythmusgepeitscht beginnen wir uns zu bewegen, der Bass bleibt in der Magengegend hängen und scheinbar zittert der ganze Körper. Geschreie und Gejaule auf dem schwarzen Tanzboden. Es ist eigenartig. Ich sehe den jungen Mann vor mir, wie er meine Hüften berührt, noch vor kurzem hatte er meinen Schwanz im Mund und Speichelfäden trieften aus seinem Maul. Werde ich diesen Anblick je wieder los? Meine Hose spannt sich erneut und ich überlege ernsthaft Leon zu fragen, ob er heute bei mir übernachten möchte. Doch die Nacht ist noch zu jung dafür, die Typen, die mich mustern, zu heiß und mein Durst nach Leben, nach mehr LEBEN wird deutlich größer.
      Einige Typen, die am Rande der Tanzfläche stehen und sich scheinbar nicht amüsieren, tragen alle dasselbe: karogemusterte Kappen, dunkle Hosen und ganz enge T-Shirts. Der dampfende und drückende Rhythmus der Musik zieht energisch durch die Tanzhölle, unsere Köpfe schütteln sich – die, die tanzen – und unsere Beine heben sich. Gedränge. „Pass doch auf!“ Berührung. Bala nceakt, nicht umfallen. „Was’n?“
      Ein Feuerbogen aus Licht stürmt über uns hinweg. Blitze tauchen durch die Sehkanäle. Schweißgebadet tanzen wir. „Lass uns tanzen oder ficken oder beides, denn morgen sind wir tot“, lässt uns der DJ wissen. Hände brechen durch das Feuerlicht, durch die Nebelschwaden hindurch.
    Up and down. You get up and down. Show me if you can …
      Jemand fällt über die Flaschen, die am schwarzen Boden liegen. Ein Aufflackern eines Lichte rregens prescht auf uns tanzende Brut hinunter. Das Licht spiegelt sich in Leons Augen wieder. Kurzes Aussetzen der Musik, schleichend pirscht sie sich an uns heran. Dann: Volle Kanne drückt der Bass wieder nach unten. Ich will hinauf, hinauf, hinauf. Armpacker. Flaschensammler. Penisgrapscher. Der dumpfe Beat zieht mich in sich hinein. Intensiveres Leben, das sind die Schlagwörter. Ich will intensiver Leben ohne diese scheiß Probleme. Plötzlich sehe ich an einer Ecke den Arzt, ich schüttle den Kopf und sehe wieder zu der Ecke, zur selben Stelle und fort ist er. Einbildung.
      Die Blicke der Menschen um mich erscheinen beobachtend, nicht mehr musternd, raubtierhaft und allzeit bereit.
      „Was ist?“, schreit Leon, Schweißperlen sind in seinem Gesicht. Ich sage ihm, dass ich eine Koks-Line ziehen möchte, wenn er mitkommt, kriegt er was ab oder er kann sich verpissen. Das junge Ding zieht mein Ohr zu seinem Mund und sagt: „Du bist so eine geile Sau.“
      Küsse werden auf der Tanzfläche ausgetauscht. Geschupfe und Gerammle und dazwischen wir.
      Eigentlich ist das ja immer mein Spruch, aber das Kompliment nehme ich gerne an. „Danke, du Kid!“, sage ich und irgendwie scheint die Chemie zwischen uns zu stimmen, denn er lächelt mich an. Er lächelt. Dabei hassen es die jungen Dinger, wenn man ihnen sagt, sie seien noch Kinder oder so was in der Art … Egal. Gott, steh mir bei.
      Up and down. You get up and down. Show me if you can …
      Die Tanzfläche ist zum Erdrücken voll. Die Bässe dröhnen aus dem Sound-Blaster-System. Das Kid und ich gehen auf die To ilette. Wir warten nicht lange bis eine Kabine frei wird und als ein älterer Typ – was mich überhaupt wundert, dass einer da ist – aus der Toilette geht, hüpfen wir wie zwei Volltrottel, die einen an der Murmel haben, in die Toilette hinein. Wir kichern. Ich hole das Koks heraus, das feinsäuberlich in einem Metallumschlag abgepackt worden ist.
      „Das ist ja wie bei Wir Kinder vom Bahnhofzoo “, sagt das Kid und in dem Augenblick weiß ich, dass mein Leben verkorkst ist und dass sein Leben noch viel verkorkster zu sein scheint als anfangs angenommen.
      „Das ist jetzt nicht dein Ernst?“, frage ich das Kid und er sieht mich eigenartig an.
      „Doch, hab ich doch gesagt.“
      Ich sehe in seine Augen, sie strahlen pure Neugierde aus. Mein Gott … schon wieder denke ich, er wäre mein Gott, er ist nicht

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