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Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition)

Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition)

Titel: Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Blum
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Witz ins andere Extrem gekehrt: Das Internet ist hier keine große, sondern eine winzig kleine Maschine. Zwei der Hauptpersonen machen sich einen Spaß daraus, ihrer gutgläubigen Kollegin Jen weiszumachen, »Das Internet« stecke in einem schwarzen, schuhschachtelgroßen Blechkasten, auf dem eine einzelne, rote LED -Lampe blinkt. Normalerweise befinde es sich auf der Spitze des Big Ben (»weil wir dort den besten Empfang haben«), aber mit Erlaubnis des »Ältestenrats des Internets« hätten sie es einen Tag lang ausgeliehen, damit Jen es für ihre Rede vor den Aktionären verwenden könne. »Das ist das Internet?«, fragt Jen ungläubig. »Das ganze Internet? Es ist so leicht!« Der Kollege lacht sie aus: »Klar ist es das, Jen. Das Internet wiegt doch nichts!« 30
    Als ich mir diese Szenen auf YouTube anschaute, fühlte ich mich einen Augenblick lang wie ertappt. Es sah ganz danach aus, als wäre mein Unterfangen ziemlich aussichtslos. Ich war auf der Suche nach einer Welt, an deren Existenz kaum jemand glaubte. Wenn die nur wüssten! Natürlich hauste das Internet nicht in einem kleinen Blechkasten – zumindest nicht das ganze Internet. Das heißt aber nicht, dass es nicht ein paar unglaublich wichtige Blechkästen gäbe (die ab und zu aus- und wieder eingesteckt werden müssen). Manchmal lässt sich das Zentrum – oder zumindest ein Zentrum – des Internets genauer angeben als mit dem Standort eines bestimmten Gebäudes. Aber wo standen die größten und wichtigsten Kästen? Und wer hatte im »Ältestenrat des Internets« das Sagen?
    Die Antwort auf beide Fragen war in der ausgesprochen übersichtlichen Welt der Internet Exchanges zu finden. Die Terminologie ist manchmal ein wenig verwirrend, aber in der Regel nennen sich die Internetknoten, an denen Netzwerke sich treffen, »Internet Exchanges«, oft » IX « abgekürzt. Equinix trägt diese Abkürzung ebenso im Namen wie der PAIX , wenn auch etwas subtiler. Etwas verkompliziert wird das Ganze dadurch, dass dieses » IX « sich entweder auf ein ganz konkretes Gebäude beziehen kann, in dem Netzwerke Daten austauschen, oder aber auf die Institution, die diesen Datenaustausch ermöglicht (und deren Equipment oft auf viele Gebäude in einer Stadt verteilt ist). Insofern muss sich die Bezeichnung »Internet Exchange« nicht auf eine Immobilie beziehen; es kann auch ein Unternehmen gemeint sein. Entscheidend ist, dass ein solcher Internetknoten ein ganz konkretes Ding ist, dessen Zentrum oft aus einer einzigen Maschine besteht.
    Die Logik, die einem Internetknoten zugrunde liegt, ist letztlich dieselbe wie im Fall von MAE -East: Damit Pakete so kostengünstig und direkt wie möglich an ihr Ziel gelangen können, muss man die Zahl der möglichen Wege erhöhen. Ashburn erfüllt diesen Zweck auf internationaler Ebene, aber auch auf regionaler Ebene gibt es einen Bedarf an kleineren Knoten. In dem Maße, in dem das Internet gewachsen ist, ist auch dieser Bedarf gestiegen. Viele Ingenieure vergleichen die Situation mit der von Flughäfen: Neben einer Handvoll großer internationaler Drehkreuze gibt es Hunderte regionaler Drehkreuze, die einen möglichst großen Teil des Verkehrs innerhalb einer bestimmten Region abwickeln und weiterleiten. Doch die kleineren Knotenpunkte müssen in einem solchen System aus Naben und Speichen permanent gegen den allgemeinen Konzentrationsdruck ankämpfen. Je mehr Netzwerke (oder Fluggesellschaften) fusionieren, desto größer werden die großen Knotenpunkte – was bisweilen erhebliche Einbußen bei der Effizienz zur Folge hat.
    Die Netzwerktechniker in Minnesota sprechen in diesem Zusammenhang vom »Chicago-Problem«. Im ländlich geprägten Minnesota kann es nämlich vorkommen, dass zwei kleine, konkurrierende Internetprovider den gesamten Datenverkehr über Chicago abwickeln, indem sie Übertragungskapazitäten bei einem der großen nationalen Backbones einkaufen, wie Level 3 oder Verizon. Doch genau wie bei einem Regionalflughafen ist dieser Weg des geringsten Widerstands nicht immer die Ideallösung. Im einfachsten Beispiel unternimmt eine E-Mail, die innerhalb von Minneapolis von einem Provider zum anderen verschickt wird, eine Reise nach Chicago und zurück. Wenn jemand in Minneapolis sitzt und die Website der University of Minnesota aufruft, überqueren die Daten unterwegs mehrere Bundesstaatengrenzen. Gäbe es einen regionalen Internetknoten, dann könnte der Datenaustausch zwischen den zwei (oder mehr) Netzwerken unmittelbar

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