Kälteeinbruch (German Edition)
zurückgelassen hatte.
Sie lag im Bett. Genau so hatte er es sich vorgestellt, nur dass sie das Kleid noch anhatte und schnarchte wie ein übergewichtiger Mann, der die Erkältung seines Lebens ausbrütete. Vorsichtig berührte er sie am Rücken und fragte, was offensichtlich war: «Schläfst du?»
Keine Reaktion. Nicht mal ein Grunzen. Er holte tief Luft. Am liebsten hätte er vor Verzweiflung geschrien. Er ging zur Minibar und nahm sich die Halbliterflasche Cola, die von seinem gestrigen Einkauf noch übrig war. Sank in den Sessel und dachte an die fünfzehnhundert Kronen, die er im Restaurant versenkt hatte. Zum Dank dafür durfte er die Nacht im Sitzen verbringen.
Samstag, 18 . Dezember
Kapitel 53
«Ich hoffe, es ist wichtig», knurrte Polizeikommissar Ole Kval, als er sein Büro betrat, in dem sich Anton schon vor einer knappen halben Stunde breitgemacht hatte.
«Ist es», antwortete Anton ruhig.
Kval sah auf die Uhr. «Halb sieben, Anton. Ich weiß nicht, wann ich zum letzten Mal vor sieben auf der Arbeit war.»
Seit ihrem letzten Treffen am Dienstag hatten die Tränensäcke unter Kvals Augen ihre Größe verdoppelt.
«Es gibt ein paar Dinge, über die ich gern mit dir sprechen möchte, Ole», erwiderte Anton ernst. «Um genau zu sein, bin ich mir bei einer Sache etwas unsicher, wie ich sie am besten angehen sollte.»
«Okay.» Sein Tonfall war jetzt versöhnlich. Er ließ sich auf dem Besucherstuhl vor dem Schreibtisch nieder.
Anton hatte die Finger im Schoß verschränkt. Er berichtete, was gestern und am Abend davor im Hotel vorgefallen war.
«Warum hast du denn nichts gesagt?», fragte Kval.
«Am Donnerstag hab ich das nicht weiter ernst genommen, aber gestern wurde ich dann eines Besseren belehrt.»
«Aber warum? Hätte er vorgehabt, dich … na ja, zu töten, hätte er das doch gemacht?»
«Vielleicht wollte er herausfinden, wie weit wir in dem Fall gekommen sind», sagte Anton. «Möglicherweise dachte er, ich hätte Informationen auf meinem Zimmer. Unterlagen, Notizen … irgendwas. Hatte ich aber nicht. Vielleicht merkt er, dass wir ihm auf der Spur sind.»
Kval beugte sich leicht vor und drehte den Kopf so weit wie möglich nach rechts, dann wandte er sich rasch wieder Anton zu und sagte: «Nein. Jetzt mach aber mal ’nen Punkt. Das kann es nicht sein.»
«Nicht?» Anton sah ihn fragend an. «Was sollte es denn bitte schön sonst sein?»
«Wir
wissen
, wer der Mörder ist, Anton, und ich garantiere dir, dass der keinen blassen Schimmer hat, wer Anton Brekke ist. Und schon gar nicht, dass er im Quality Hotel residiert. Du hast dir nicht zufällig den Zorn von Elisabeths neuem Macker zugezogen?»
Anton zog die Augenbrauen hoch. «Was sollte dem das bringen?»
«Nur so ein Gedanke», erwiderte Kval und lehnte sich auf dem Stuhl zurück. Stützte das Kinn in die Hand. «Wer weiß, was du den Leuten so alles vor den Latz knallst.»
«Das war unser Mann. Da bin ich ganz sicher. Ich glaube nicht im Traum daran, dass dieser Benny den Holm ermordet hat.»
«Er heißt Bernandas Mielkos», korrigierte Kval ihn streng. «Vergiss nicht das Schotterwerk. Du glaubst nur nicht, dass er es war, weil du so auf Nils Jahr fixiert bist. Vergiss ihn.» Kval holte tief Luft und seufzte. «Kann mich gar nicht daran erinnern, dass du früher, als wir in Oslo zusammengearbeitet haben, auch schon so stur und rechthaberisch warst.»
«Dann hast du kein gutes Gedächtnis. Weißt du, was du noch vergessen hast?»
«Was denn?»
«Du hast immer auf mich gehört. Selbst wenn du anderer Meinung warst, hast du mir vertraut. Weil ich als Mordermittler mehr Erfahrung hatte. Weil ich meinem Bauchgefühl blind vertraue. Weil mich, und das ist kein Witz, mein Bauchgefühl bisher noch nie im Stich gelassen hat.»
«Damals hast du ja auch noch das Offensichtliche gesehen, im Gegensatz zu jetzt. Aber was willst du wegen dem Mann im Hotel unternehmen? Ein weißes Auto, mehr hast du doch nicht gesehen?»
Anton stand auf und stellte sich ans Fenster. «Mehr hast du doch nicht gesehen?», äffte er Kval nach. «Du kannst ja selbst mal testen, wie schwierig es ist, mitten in der Nacht ein Auto zu erkennen. Wollen wir gleich mal rausgehen und es ausprobieren, solange es noch dunkel ist?»
«Das war nicht als Kritik gemeint, Anton, überhaupt nicht. Aber … was willst du jetzt als Nächstes tun? Was denkst du? Sollen wir dort abends einen Streifenwagen postieren?»
«Was ich denke? Ich denke, es war Nils Jahr, aber
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