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Kälteeinbruch (German Edition)

Kälteeinbruch (German Edition)

Titel: Kälteeinbruch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan-Erik Fjell
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umziehe.»
     
    Anton hatte ein Weihnachtsgeschenk und eine Dokumentenmappe auf dem Schoß. Das Sakko war nicht zugeknöpft. Das Hemd am Hals offen. Anfänglich hatte er sich einen Schlips umgebunden, es sich beim Gehen jedoch anders überlegt und ihn im Flur auf den Boden gefeuert.
    Seit Anton ihm die Adresse gegeben hatte und sie am Bahnhof in Sarpsborg losgefahren waren, hatte der beleibte Taxifahrer noch kein Wort gesagt. Erst als sie nur noch einen Häuserblock vom Ulstens Vei  15 entfernt waren, hatte er mit seiner plumpen Hand auf dem Lenkradknauf gefragt, ob Anton sich auf den Abend freue. Anton hätte gern eine ehrliche Antwort gegeben, wusste jedoch, dass dies nur eins zur Folge hätte: Smalltalk.
    «Ja, das wird nett.»
    «Besuchen Sie Ihre Familie?»
    Mist, dachte Anton. Jetzt war es passiert. Zum Glück war Ole Kvals Haus schon in Sichtweite. Er holte die Geldbörse heraus, damit er gleich bezahlen und den alten Wagen eiligst verlassen konnte. Das Fahrgestell knirschte, als es sich auf der unebenen, vereisten Straße vorwärtskämpfte.
    «Nein, einen Kollegen», antwortete Anton leise.
    Der Fahrer nickte. «Tja, das kann ja aber genauso gemütlich werden, wie mit der Familie zu feiern. Einen Kollegen, sagen Sie? Was arbeiten Sie denn?»
    «Finanzamt Ost», sagte Anton und sah den Fahrer an. «Steuerfahndung.»
    «Oh …» Der Fahrer schluckte. «Okay.»
    Das Taxi hielt vor Ole und Unni Kvals Haus. Kvals alter Kombi parkte vor einem Volkswagen Touran, dem Familienauto Nummer eins: Unnis Bruder musste bereits mit der ganzen Rasselbande eingetroffen sein. Auf jeder der sechs Treppenstufen brannte eine Fackel. Anton gab dem Fahrer vierhundert Kronen und bat ihn, das Wechselgeld zu behalten.
    «Wow, danke!», rief ihm der Taxifahrer aus dem Auto zu, als Anton die Beifahrertür zuschlug.
    Anton trat durch das Gartentor.
    «Fröhliche Weihnachten wünsche ich Ihnen!», hörte er den Fahrer noch rufen.
    «Ja, danke, ich Ihnen auch», erwiderte Anton.
    Er ging die Treppe hinauf. An der Haustür hing der obligatorische Weihnachtskranz. Anton klopfte an. Sekunden später wurde die Tür vorsichtig geöffnet.
    «Hallo», begrüßte ihn Unni Kval, «Ole hatte schon befürchtet, du hättest Migräne.»
    «Ich hab das traditionelle Weihnachtsessen schon gewittert, als ich meinen Rüssel aus dem Taxi gestreckt habe, es gibt also keinen Grund für Migräne.»
    Sie beugte sich vor und drückte ihn fest an sich. Ihr Parfüm überlagerte den Duft der gebratenen Rippchen.
    Das Taxi beschleunigte, schoss auf die Straße und verschwand mit hoher Umdrehungszahl den Hang hinunter.
    «Ach du lieber Gott», stieß Unni aus. «Bist du mit dem Taxi gekommen? Ole hätte dich doch abholen können.»
    Alkoholdunst schlug ihm entgegen.
    «Bestimmt, aber es reicht ja schon, dass ihr für einen Esser mehr decken müsst, da braucht ihr nicht auch noch Taxi zu spielen.» Anton machte einen halben Schritt nach vorn.
    «Dann komm mal rein!», sagte sie und öffnete die Tür sperrangelweit. «Ole!», schrie sie aus voller Kehle. «Ole!» Sie ging ein paar Schritte durch den Flur. «Ole! Anton ist da!»
    Anton verspürte den Anflug eines schlechten Gewissens. Als er, nachdem er Alexanders Weihnachtsgeschenk abgeliefert hatte, vom Hof gefahren war, war er kurz davor gewesen, Kval abzusagen und stattdessen Herlovs Einladung anzunehmen. Doch aus Unnis überschwänglichem Empfang schloss er, dass er sehnlichst erwartet wurde und Kval sich auf sein Kommen gefreut hatte.
    Vielleicht wurde es ja doch nicht so übel. Außerdem musste er ohnehin etwas mit ihm besprechen.
    Unni Kval kam wieder zurück. Warf einen Blick auf das Geschenk, das unter Antons Arm klemmte.
    «Aber Anton», sie deutete auf das Päckchen, «das wär doch nicht nötig gewesen.»
    «Ich hab ganz vergessen, dir auch was zu besorgen, entschuldige bitte. Schließlich bist du ja diejenige, die in der Küche steht und die ganze Mühe hat.»
    «Das ist halb so wild, meine Schwägerin greift mir heute unter die Arme.»
    Eine halbe Stunde später stand das Abendessen auf dem Tisch. Was Unni Kval einen kompletten Tag der Vorbereitung gekostet hatte, war innerhalb von vierzig Minuten verzehrt. Wie üblich hätte Anton nach zwanzig Minuten besser aufgehört. Bei den Rippchen hatte er dreimal zugeschlagen, dann hatte er fünf Frikadellen und das Dreifache an Würstchen vertilgt, dazu kamen noch zwei dicke Scheiben Braten. Bei den Kartoffeln hatte er nicht gezählt. Es war fast so schlimm wie

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