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Kälteeinbruch (German Edition)

Kälteeinbruch (German Edition)

Titel: Kälteeinbruch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan-Erik Fjell
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zusammenschrumpften. Die Hände krallten sich in die Oberschenkel. Das gesamte Gesicht, das eben noch ganz King im Ring gewesen war, nahm den Ausdruck eines zehnjährigen Kindes an, dem der Vater gerade eins mit dem Gürtel über den Schinkenspeck gebraten hatte.
    Panik stand ihm ins Gesicht geschrieben.
    «Was ist mit ihm …?», fragte Nils in dem Versuch, seine Alphamännchen-Fassade von vor wenigen Sekunden wiederherzustellen.
    «Er wurde am Montagabend ermordet.»
    Nils vermied jeglichen Augenkontakt. Sein Blick war auf das Champagnerglas gerichtet. Er sah aus, als wollte er es am liebsten auf ex hinunterkippen, noch einmal nachschenken und den Vorgang wiederholen.
    Ohne den Blick von dem Glas zu nehmen, sagte er: «So?» Dann sah er Anton an. «Ich meine … was hat das mit mir zu tun?»
    «Sie kannten ihn?»
    «Ich hatte ihn als Lehrer, wie viele andere auch, vor fünfzehn, zwanzig Jahren.»
    «Wirklich? Sind Sie nicht aus Fredrikstad?»
    «Doch?»
    «Dann hat Holm also nicht immer in Sarpsborg unterrichtet?»
    «Nein. Ich wusste gar nicht, dass er überhaupt in Sarpsborg unterrichtet hat.»
    «Das wussten Sie.»
    Nils zuckte mit den Schultern und erwiderte: «Hab vielleicht mal was in der Richtung gehört.»
    «Auf welche Schule sind Sie gegangen?»
    «Seiersten.»
    Anton fummelte seinen Notizblock aus der Gesäßtasche. Zog einen Stift aus der Jacke.
    «Wann haben Sie dort Ihren Abschluss gemacht?»
    Nils holte tief Luft und ließ sie langsam durch die Nase entweichen.
    «Fünfundneunzig.»
    Anton notierte: Seiersten Mittelschule – 1995 .
    Torp kam zurück. Hatte den Spiegel abgespült. Behutsam legte er ihn wieder auf den Tisch.
    «Hat man mich zum Besten gehalten, oder bin ich richtig informiert, wenn ich sage, dass Sie nicht unbedingt zu Holms Fanclub gehörten?»
    «Das ist jetzt ja wirklich schon verdammt lange her», antwortete Nils und legte den Kopf schief. «Aber wenn ich mich recht entsinne, war er nicht gerade mein Lieblingslehrer. Und von vielen anderen auch nicht.» Er befeuchtete seine Lippen. Schniefte. «Und weil Ihnen zu Ohren gekommen ist, dass ich Viggo Holm als Lehrer nicht mochte, soll ich ihn jetzt umgebracht haben?» Nils strich sich mit der Hand durch die Haare. «Come on. Wer mag schon ehemalige Lehrer?»
    «Wo waren Sie am Montagabend?»
    «Hier.»
    «Allein?»
    «Ist das ein Verhör?» Er musterte Anton und wartete darauf, dass dieser noch etwas sagte. Anton blickte ihn unverwandt an. «Ich war mit ihr zusammen hier.» Er zeigte auf die Blondine.
    Anton sah ihn skeptisch an. «Vergessen Sie nicht, was ich gesagt habe. Das war eine schöne Menge Pulver. Dürften wohl an die fünfzig Gramm gewesen sein? Sie wissen genauso gut wie ich, dass man für so viel Stoff in den Knast wandert. Und Sie erst recht, wo Sie schon wegen Drogen und Körperverletzung vor Gericht gestanden haben. Also raus mit der Sprache und markieren Sie nicht den Dummen.»
    Nils drehte sich zu den Mädchen um, die das Gespräch neugierig vom anderen Ende des Zimmers verfolgten. Sie hatten inzwischen T-Shirts und Hosen angezogen. Er sah sie an, bevor er Anton und Torp einen Blick zuwarf, den Anton nicht so recht zu deuten wusste, und fragte: «Welches Kokain?»
     
    Anton sank auf den Beifahrersitz des Passats und lehnte den Kopf gegen die Nackenstütze. Seine Augen fielen zu. Im Wagen war es still. Torp sagte kein Wort und sah abwechselnd auf das dunkle Armaturenbrett und durch die Windschutzscheibe. Eine Frau, die Torp auf sein Alter schätzte und die einen beigefarbenen Mantel und eine weiße Strickmütze trug, ging mit einem dampfenden Kaffeebecher an ihrem Wagen vorbei. Torp sah ihr im Spiegel hinterher, bis sie um die Ecke bog. Seit sie Nils Jahrs Wohnung verlassen hatten, hatte Anton kein einziges Wort gesagt. Schien sich mit zusammengebissenen Zähnen den Kopf zu zermartern. Torp unterdrückte ein Gähnen.
    «Worauf warten wir eigentlich?»
    «Ich denke nach», antwortete Anton so leise, dass sich seine Kiefer kaum bewegten.
    «Kann ich mal was fragen?»
    Anton öffnete die Augen und sah ihn an. «Was ich mir dabei gedacht habe, eben da oben?»
    «Mm. Ich hätte –»
    «Du hättest», unterbrach ihn Anton, «mit der Entsorgung des Pulver so lange gewartet, bis du die Informationen gehabt hättest, stimmt’s?»
    «Ja.»
    «Fein.» Er warf Torp ein kaum merkliches Lächeln zu. «Das zeigt, dass du in der Schule gut aufgepasst hast. Aber wir haben was gelernt.»
    «Ja?»
    «Ja. Nils Jahr ist ein aalglattes

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