Kaelter als dein Grab
„Oh, ich habe mit ihr geschlafen, ich kann sie nicht in den Käfig des Löwen schicken. Aber wenn ich nicht mit ihr geschlafen habe, ist esokay, das Leben einer Frau zu riskieren. Hauptsache, ich kriege meinen Verbrecher.“
„Wie oft muss ich es dir noch sagen? Ich habe versucht, den Einsatz zu verhindern“, sagte er. „Aber du hattest ja deine eigenen Vorstellungen, nicht wahr?“
„Ich wusste, dass man ihn auf diese Weise am besten drankriegen würde. Aber ich habe dich gehasst, dass du daran gedacht hast, mich so zu benutzen. Erst recht nach …“ Allem, was wir geteilt haben, beendete eine grausame kleine Stimme in ihr den Satz. Doch Leigh konnte die Worte nicht aussprechen. Sie wollte nicht, dass Jake sah, wie tief er sie berührt hatte in diesen wenigen Tagen, die sie miteinander verbracht hatten. Niemals wieder würde sie sich jemandem so sehr öffnen.
„Ich kannte dich nicht, als ich den Plan ausgearbeitet hatte. Ich dachte, du wärst …“ Er blickte zu ihr hinüber. „Ich dachte, du wärst wie er. Ich dachte, dass du zu seiner Organisation gehörst. Und dass du damit umgehen könntest. Außerdem standen Agenten bereit. Wenn du Ärger bekommen hättest, wären sie innerhalb von zwei Minuten bei dir gewesen.“
„In zwei Minuten kann viel passieren.“
Ein merkwürdiger Ausdruck trat in seine Augen, den sie nicht recht zu deuten wusste. „Du warst verdammt viel länger bei ihm als zwei Minuten.“
Leigh spürte, wie ihr das Blut in die Wangen stieg, und wendete den Blick ab. Sie hatte Jake niemals erzählt, was in jener Nacht geschehen war, als Sean Cutter sie verkabeltund zu Ian Rasmussen in das Penthouse in der North Michigan Avenue geschickt hatte. Sie hatte es niemandem erzählt. Doch ihr war klar, dass einige Agenten der MIDNIGHT Agency Bescheid wussten. Schließlich hatten sie zugehört, während sie ihre Seele verkauft hatte. Während sie Rasmussen dazu gebracht hatte, sich selbst zu beschuldigen. Doch es hatte sie etwas sehr Wertvolles gekostet. Ein Stück ihrer selbst, das sie nie wieder ersetzen konnte …
„Wage es ja nicht, mich für das zu verurteilen, was ich getan habe.“ Ihre Stimme zitterte vor Wut. Scham und Schuldgefühle wallten in ihr auf. Sie hatte sechs Jahre gebraucht, um zu erkennen, dass die Wunden, die Ian Rasmussen ihr zugefügt hatte, niemals richtig verheilen würden. Sie hatte begriffen, dass sie im besten Fall nur hoffen konnte, eines Tages damit leben zu lernen.
Jake war nicht sicher, was schlimmer war: das Wissen, dass sie mit Rasmussen geschlafen hatte, um ihn zu dem Schuldeingeständnis zu bringen, oder das Wissen, dass er mitverantwortlich dafür war.
Er war niemals ein eifersüchtiger Mann gewesen. Doch der Gedanke an Leigh, die mit Rasmussen im Bett lag, sorgte dafür, dass er rotsah. Und dass er sich wie der letzte Mistkerl fühlte, denn der Einsatz war seine Idee gewesen. Schließlich bekam Jake Vanderpol immer den Mann, den er jagte. Egal, was es kostete. Egal, wer dabei zu Schaden kam. In diesem Fall ging er davon aus, dass jeder, der indie Sache involviert war, viel leiden musste – vor allem Leigh.
„Es tut mir leid“, sagte er nach einer Pause.
Bebend atmete sie hörbar aus. Als sie sich ihm zuwandte, lag ein so gequälter Ausdruck in ihren Augen, dass es ihn schmerzte, sie anzusehen. „Es ist erledigt“, sagte sie. „Vorbei. Vergangenheit. Ich habe getan, was ich getan habe. Aber das Gleiche gilt für dich, Jake.“
Nach dem Schmerz zu urteilen, der sich in ihren Gesichtszügen abzeichnete, ging er davon aus, dass die Qualen für sie noch lange nicht vorbei waren. „Du hast etwas unglaublich Mutiges getan, Leigh. Es tut mir leid, dass du das tun musstest, aber dass du zu Rasmussen zurückgegangen bist, war sehr tapfer.“
„Ich weiß nicht, was ich mir dabei gedacht hatte, mich überhaupt mit ihm einzulassen.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich war unglaublich dumm.“
„Du warst erst einundzwanzig Jahre alt. Und warst wie lange in Chicago? Seit einem Monat? Du hattest nicht allzu viel Lebenserfahrung, auf die du zurückgreifen konntest.“ Er musste es wissen. Er war derjenige gewesen, der ihr Profil erstellt hatte, als er den Einsatz plante. Sie war ideal gewesen.
Bei der Erinnerung daran seufzte Jake. Gerade erst von der Farm ihrer Familie in Iowa nach Chicago gekommen, hatte sie vor sechs Jahren das College besucht und in Rasmussens Restaurant in der North Michigan Avenue gearbeitet. Schon in der ersten Woche hatte
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