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Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi

Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi

Titel: Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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Jeansjacken kamen von draußen herein und gingen zur Theke. Sie holten sich Kaffee und Hefegebäck und ließen sich damit in einer Ecke nieder. Ein Mann in einem Anorak saß allein an einem Tisch und blätterte in einer Zeitung. Sonst befand sich niemand mehr in dem Lokal.
    »Du warst mein Unglück«, sagte Halldóra leise. »Das hat mein Vater immer gesagt: ›Der Mann ist dein Unglück.‹«
    »Es hätte anders laufen können«, sagte Erlendur. »Wenn du nur ein wenig mehr Verständnis dafür gezeigt hättest, wie es mir ging. Aber du fühltest dich zutiefst verletzt, du wurdest bitter und hast mich gehasst, und das tust du immer noch. Du hast mich nicht zu den Kindern gelassen. Findest du nicht, dass es reicht? Findest du nicht, dass es an der Zeit ist, etwas großherziger zu sein?«
    »Du gibst mir die Schuld an allem!«
    »Das tue ich doch gar nicht.«
    »Doch.«
    »Können wir etwas für Eva tun?«
    »Das sehe ich nicht. Ich habe nicht das geringste Interesse daran, dir dein Gewissen zu erleichtern.«
    »Könnten wir es nicht versuchen?«
    »Dazu ist es zu spät.«
    »Es hätte nie so laufen dürfen«, sagte Erlendur.
    »Was weiß ich darüber. Du hast die Entscheidungen getroffen.«
    Halldóra nahm ihre Zigaretten und das Feuerzeug und stand auf.
    »Du hast doch immer alle Entscheidungen getroffen«, fauchte sie und rauschte hinaus.

Siebzehn
    In den folgenden Tagen fuhr Erlendur ein paarmal zum Busbahnhof und hielt Ausschau nach Tryggvi. Er hatte eine ungenaue Beschreibung von Rúdólf im Napóleon erhalten und hoffte, dass sie genügte. Als er ein weiteres Mal kurz nach Mittag zum Busbahnhof kam, wurden gerade die Reisenden nach Akureyri über den Lautsprecher gebeten, zum Fahrsteig zu gehen. Eine Handvoll Menschen in der Wartehalle begab sich zum Ausgang. In der Cafeteria, wo außer belegten Broten und Getränken aller Art mittags auch warme Gerichte angeboten wurden, war es wieder ruhiger geworden. An den Tischen am Fenster, von wo aus man die Busfahrsteige hinter dem Gebäude im Blick hatte, durfte man rauchen. Dort saß ein Mann ganz allein an einem Tisch. Seine Hand hielt eine gelbe Plastiktüte auf dem Tisch umklammert. Der Mann sah zu, wie die Fahrgäste den Überlandbus nach Akureyri bestiegen. Sein Haar stand wirr in alle Richtungen, und am Kinn hatte er eine große Narbe, vermutlich von einem alten Unfall oder einer Messerstecherei. Seine großen Hände waren dreckig, und die Nägel am Zeige- und Mittelfinger hatten schwarze Trauerränder.
    »Entschuldigung«, sagte Erlendur, als er vor dem Tisch stand, »bist du vielleicht Tryggvi?«
    Der Mann sah ihn misstrauisch an.
    »Und wer bist du?«
    »Ich heiße Erlendur.«
    »Hä?«, brummte der Mann, der anscheinend nichts für Menschen übrighatte, die ihn einfach so anquatschten.
    »Darf ich dich zu einem Kaffee einladen, oder möchtest du etwas zu essen?«, fragte Erlendur.
    »Was willst du?«
    »Ich würde mich gern ein wenig mit dir unterhalten. Ich hoffe, das ist in Ordnung.«
    Der Mann maß ihn mit seinen Blicken. »Dich mit mir unterhalten?«
    »Falls du nichts dagegen hast.«
    »Was willst du von mir?«
    »Kann ich dir etwas holen?«
    Der Mann sah Erlendur lange an, unschlüssig, was er von dieser Störung halten sollte.
    »Du kannst mir einen Schnaps besorgen«, sagte er schließlich.
    Erlendur verzog das Gesicht und zögerte einen Augenblick, bevor er zur Theke ging. Er bestellte einen doppelten Brennivín und einen Kaffee. Der Mann wartete am Fenster auf ihn und sah dem Bus nach Akureyri nach, der sich langsam in Bewegung setzte. Der Inhaber der Cafeteria bediente Erlendur, der die Gelegenheit nutzte und ihn fragte, ob er den Mann da am Fenster in der Raucherzone kannte.
    »Meinst du den Penner da?«, fragte der Wirt und nickte in Richtung des Tischs.
    »Ja. Kommt er oft hierher?«
    »Ja, schon seit vielen Jahren«, sagte der Wirt.
    »Und was macht er hier?«
    »Nichts. Er macht nie etwas, er macht aber auch keine Probleme. Keine Ahnung, weshalb er herkommt. Ich weiß, dass er sich manchmal auf dem Klo rasiert. Ansonsten sitzt er nur stundenlang da und sieht den Bussen zu. Kennst du ihn?«
    »Ein bisschen«, sagte Erlendur. »Eigentlich nur ganz wenig. Er fährt aber nie mit einem der Busse weg?«
    »Nein, nie. Ich habe nie beobachtet, dass er in einen Bus gestiegen ist.«
    Erlendur nahm das Wechselgeld entgegen, bedankte sich und ging zurück zu dem Mann am Fenster und setzte sich zu ihm.
    »Was hast du gesagt, wer bist du?«, fragte der

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