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Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe

Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe

Titel: Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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nämlich, daß dies der Fall sei. Er verbrachte außerdem den Nachmittag damit, mich in verschiedenen Glaubensgrundsätzen zu belehren. Offenbar erachtet er es als selbstverständlich, dies in seiner Dorfgemeinde zu tun, deren Seelsorger meiner aufrichtigen Anteilnahme sicher sein kann.
    Mit vorzüglichster Hochachtung Ihr A. R. T. Swingle
    P. S. Ich bringe es nur schwer über mich, Begünstigungen zu erbitten; wäre es jedoch möglich, mich an einen anderen Tisch zu setzen? Ich habe nahezu meinen letzten Penny in diese Reise investiert, da mein Arzt erklärte, daß ich dringend eine vollkommene Luftveränderung benötige. »

    Ebbs seufzte und steckte den Brief hinter seinen Spiegel. Es war trostvoll, zu wissen, daß auch andere Leute ihre Sorgen und Nöte hatten.
    «Willkommen, meine Herren, willkommen!» sagte er ein wenig später, als er in seiner Messe-Ausrüstung die Tageskabine betrat. «Ich bin hocherfreut, Sie zu begrüßen, meine Herren, und danke Ihnen für Ihre Unterstützung.»
    Seine rangälteren Offiziere, die mit ihm die Verantwortung für das Gelingen der Party trugen, befanden sich bereits inmitten von Glas und Silber und kosteten das Vergnügen ihres ersten Freitrunkes aus. Da standen Prittlewell und Shawe-Wilson; Earnshawe, der Chief, ein rotgesichtiger Bursche aus Yorkshire mit Händen, riesig wie Elefantenohren; und der Schiffsdoktor, ein ältlicher praktischer Arzt von bestrickenden Umgangsformen, der sich in die anspruchslose Praxis auf See zurückgezogen hatte, nachdem er ein Leben lang eine gleicherweise geruhige Heilkunst bei der Bengalischen Eisenbahn ausgeübt.
    «Ich baue darauf, daß dieser Abend den Beginn einer fruchtbareren Kameradschaft zwischen uns darstellt», sagte Ebbs mit mehr Überzeugung, als er in sich fühlte. «Alle Schiffe gleichen einander, meine Herren, aber es braucht seine Zeit, auf ihnen heimisch zu werden. Sie stehen unter Druck und Spannung - wenn ich diese Bezeichnungen aus Ihrer Abteilung, Mr. Earnshawe, übernehmen darf. Aber wir werden sehr bald ein zufriedenes Schiff bilden - ich hoffe es mit Zuversicht. Indessen fürchte ich, daß uns heute abend so etwas wie eine schwere Prüfung bevorsteht. Ich werde gewiß Ihrer Unterstützung bedürfen - beispielsweise beim Umgang mit den Damen, nicht wahr, Mr. Shawe-Wilson?» Dieser zuckte zusammen. «Sie haben da einen regelrechten Schmaus aufgetischt, Zahlmeister, einen regelrechten Schmaus», fuhr er fort, indem er wohlwollend die Sandwiches musterte. «Was sind das eigentlich für kleine Dingerchen hier? Übrigens, Zahlmeister, setzen sie den Kanonikus lieber nochmals woanders hin. Tun Sie ihn mit diesen jungen Turnerinnen zusammen - das sind aber wirklich sehr appetitliche Sandwiches, sehr appetitlich, das muß man schon sagen! »
    «Das sollen sie auch sein, Sir. Jedes von ihnen kommt die Gesellschaft auf fünf Shilling zu stehen.»
    «Wirklich? Fünf Shilling? Also, Zahlmeister, da bin ich aber überrascht! Wer hätte das gedacht, daß man fünf Shilling für ein Sandwich zahlen kann? Was kann da, um Himmels willen...»
    «Commander Barker und Mrs. Barker!» kündigte Burtweed von der Tür her an.
    «Du lieber Gott, da kommen schon die Gäste! » rief Ebbs und sprang mit ausgestreckten Händen quer durch die Kabine.
    Shawe-Wilson warf den anderen einen Blick zu. «Kaviar für - den Kapitän», murmelte er.
    Commander Barker begrüßte Ebbs herzlich, glaubte ihn bereits zu kennen, und fragte ihn, ob sie einander nicht schon im Bombay Yacht Club, im Royal Thames Yacht Club oder im Royal Yacht Squadron begegnet wären. Ebbs stotterte, daß er keinem einzigen Klub angehörte und sich noch nie auf einer Jacht befunden hätte, und eilte hinweg, um den nächsten Ankömmling zu begrüßen. Schon standen die Gäste draußen im Korridor Schlange und wurden unter dem ordnenden Auge Burtweeds eingelassen, während Ebbs an der Tür Posten bezog und mit zunehmender Großzügigkeit die kleinen Höflichkeitsfloskeln austeilte. Da er fast nur jene Passagiere angeblickt hatte, die ihn im Speisesalon umringten, waren ihm die meisten fremd; doch bald begann er alten Freunden zu begegnen.
    «Liebster Kapitän!» Mrs. Porteous - in einem enganliegenden, tiefausgeschnittenen Abendkleid - schüttelte ihm warm die Hand. «Riesig süß von Ihnen, mich zu Ihrer ganz entzückenden Party einzuladen!»
    «Ich versichere Ihnen, Madam, das Vergnügen -»
    «Was haben Sie doch für tiefe, tiefe graue Augen!» flüsterte sie, preßte seine Finger

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