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Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe

Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe

Titel: Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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ein gutes Gelee ist. Iß es jetzt auf, sonst wird dir der Kapitän das Ganze wegessen. Und das hier ist Robert», fuhr sie angesichts eines kleinen Jungen fort, der Sombrero und Sporen und auf jeder Hüfte sowie auf dem Nabel ein Gewehr trug. «Warum hast du denn deine Würstchenpastete nicht aufgegessen, Robert?»
    «Ich glaube, ich muß auf die Brücke zurück-» begann Ebbs.
    «Bleiben Sie doch noch ein bißchen länger, Sir! Die lieben Kleinen freuen sich so schrecklich, wenn Sie da sind! »
    «Ich w-w-will Bananen!» kreischte Robert.
    Die Stewardess schüttelte mahnend den Zeigefinger. «Aber, aber, Robert! Bananen darfst du erst bekommen, wenn du deine gute Würstchenpastete fertiggegessen hast.»
    «W-w-will Bananen!»
    «Sei ein braver Bub, und iß deine köstliche Pastete auf, oder ich werde richtig böse. Der Kapitän auch.»
    «W-w-will Bananen!»
    «Aber es ist doch eine fabelhafte Würstchenpastete! Der Kapitän hat sie jedenfalls schrecklich gern. Nicht wahr, Kapitän? Schau, Robert - sieh mal, wie dem Kapitän deine köstliche Würstchenpastete schmeckt!»
    «W-w-ill Bananen!» brüllte Robert hartnäckig.
    Nachdem Ebbs sich Mandelmilchcreme, Sardinenbrote, Mandarinen, Schokoladeeis, Käseplatten und Nußtorte einverleibt hatte, sagte er: «Glauben Sie nicht, daß wir es mit etwas anderem versuchen sollten, Stewardess? Ich fürchte, daß mir leicht übel zu werden beginnt.»
    «Selbstverständlich, Sir. Wir wollen jetzt Gesellschaftsspiele spielen. Ach, wie sie das gerne haben!» Sie klatschte in die Hände. «Kommt, Kinder! Eßt schnell eure Speisen auf. Der Kapitän möchte mit euch spielen.»
    Die Kinder, die nun so viel gegessen hatten, daß ihnen selbst fast übel war, strömten von den Tischen herbei und umringten Ebbs erwartungsvoll.
    «Was wollen wir spielen, Kinder?» fragte sie.
    Sofort erhob sich ein wildes Gebrüll.
    «Musikalische Stühle!»
    «Schneider, leih mir die Schere! »
    «Ringelringelreihe! »
    «Indianer!»
    «Gesichter schneiden!»
    «Räuber und Gendarm! »
    «Ruhe, Kinder! » rief sie. «Sprecht nicht alle gleichzeitig. Wisch dir die Creme aus dem Gesicht, Ernest. Wir werden Blindekuh spielen. Der Kapitän ist die blinde Kuh.»
    «Nein, nein!» schrie Ebbs.
    «Gut, dann wollen wir spielen. Stellen Sie sich dorthin, Kapitän! Und ihr hierher, Kinder! Laß den Kleinen in Ruhe, Rosemary, du tust ihm weh. Sind Sie bereit, Kapitän? Eins, zwei, drei - wer fürchtet sich vorm Schwarzen Mann? »
    Die Stewardess war in ihrem Element, die Kinder stoben kichernd vorwärts, und Ebbs befiel eine tiefe Traurigkeit. Er rief sich seine Seemannslaufbahn ins Gedächtnis zurück, vom Augenblick an, da er zum erstenmal als unschuldiger, lang aufgeschossener Junge seine Hängematte auf der Worcester festgemacht hatte. Er sah sich als täppischen Kadetten in einer gefährlich neuen Uniform an Bord seines ersten Schiffes, eines ramponierten Frachters, auf einer zwei Jahre dauernden Fahrt in den Fernen Osten, mit Küchenschaben als Bettgenossen. Dann beim Studium für sein Kapitänspatent, im Kampf mit den Lehrbüchern in seiner Kabine und einem unbarmherzigen Kapitän auf der Brücke. Auf einen monatelangen Landurlaub in einer feucht-kühlen Behausung, der im Zeichen der Angst vor einem Durchfall stand, folgte die Kapitänsprüfung. Dann kam der Krieg, in dem jede Minute einen Torpedo zutage fördern konnte. Endlose bitterkalte Wachen auf schwankenden Kommandobrücken, warme Kojen, die man um Mitternacht schaudernd verlassen mußte; schweißtreibende Aufenthalte in atembeklemmenden östlichen Häfen, Nebel im Kanal, Eisberge im Atlantik; eine Fülle immer wieder neuer Leiden, die ihm den Weg zu seiner jetzigen Aufgabe geebnet hatten: mit Kindern Schwarzen Mann zu spielen.
    Seine Betrachtungen wurden durch ein Kind unterbrochen, das ihm seine Mütze herunterfegte.
    «Gib sie mir sofort zurück! » schrie Ebbs.
    «Du bist aber ein sehr, sehr schlimmer Junge! » rief die Stewardess. «Wirklich ein sehr schlimmer Junge! Wirst du wohl gleich dem Kapitän seinen Hut zurückgeben?»
    Ebbs' goldbetreßte, mit einem steifen weißen Tropenüberzug versehene Kappe wurde wie ein Wasserball zur Ebbezeit von den entzückten Kindern hin und her geschleudert.
    «Gebt mir die verdammte Mütze zurück!» brüllte er und stürzte sich in die Menge, um sie zu erhaschen.
    «Gebt sie sofort zurück! » schrie die Stewardess. «Jeannie... Charlie... Robin! Sofort, hört ihr? Der Kapitän möchte nicht

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