Kain
auch nicht bleiben. Wir mussten die goldene Mitte finden.
Da noch Zeit war, bestellten Suko und ich jeweils eine Flasche Wasser. Sie wurde gebracht und stand kaum auf dem Tisch, als wir eine uns bekannte Stimme hörten.
»Das ist doch nicht wahr! Das kann ich nicht glauben. Das ist verrückt!«
Ich drehte mich um. »Was ist verrückt?«
»Dass du hier sitzt, John, und Suko auch. Wenn das mein Vater gewusst hätte, dann hätte er mich begleitet.«
»Hi, Johnny«, sagte ich nur. Mit dem Auftauchen meines Patenkindes hätte ich nicht gerechnet.
Johnny Conolly war nicht allein. Einige Kumpels waren bei ihm, die sich jedoch zurückhielten, während sich Johnny auf den freien Stuhl setzte, der noch am Tisch stand.
»Ist das Zufall, John?«
»Klar.«
»Das glaube ich nicht. Und jetzt sagt mir nicht, dass ihr in das Konzert wollt.«
»Doch, wollen wir«, sagte Suko.
Johnny wusste nicht, wohin er zuerst schauen sollte. Schließlich entschied er sich für mich, war aber alles andere als überzeugt. Er schüttelte den Kopf.
»Seit wann seid ihr Fans dieser Musik?«
Ich hob die Schultern. »Nun ja, wir wollen am Ball bleiben und wissen, was modern ist.«
»Die Gruppe setzt Trends. Dark Gothic. Das ist etwas für euch.«
»Das denke ich auch.«
Johnny rückte zwar nicht näher an uns heran, doch er schob seinen Kopf vor. Dabei zog er dann die Haut unter seinem linken Auge nach unten.
»Wer’s glaubt, der wird selig.«
»Wieso?«, fragte ich.
»Ihr wollt nicht in das Konzert.«
»Doch.«
»Kann sein. Aber nicht aus Spaß. Ihr seid dienstlich hier, John. Ich kann mir vorstellen, dass hier einiges abläuft. Dass mal wieder die Post abgeht, sodass ihr im Mittelpunkt steht.«
»Wie meinst du das?«
Johnny senkte seine Stimme noch tiefer. »Dass diese Gruppe euch nicht ganz geheuer ist und noch andere Kräfte eine große Rolle spielen.«
»So ist es aber nicht.«
Johnny grinste mich an. Er kannte mich, er wusste, dass ich ihm nicht die Wahrheit gesagt hatte, auch wenn ich zurückgrinste.
»Und, John, was ist wahr?«
Ich nickte Johnny zu. »Ja, du hast dich nicht vertan. Wir sind nicht ganz freiwillig hier, weil wir den Verdacht haben, dass nicht alles mit rechten Dingen zugeht.«
»Bei der Gruppe?«
»Ja.« Ich konnte auf Johnnys Fragen eingehen und sie auch beantworten, das war kein Problem. Auf Johnny Conolly konnte ich mich verlassen. Sein Vater war mein ältester Freund. Er hieß Bill und führte mit seiner Frau und seinem Sohn schon seit Jahren ein sehr unruhiges Leben, weil die Conollys immer wieder Zielscheibe schwarzmagischer Kräfte waren. Das war wohl ihr Fluch. Und Johnny, der Sohn, war oft ebenfalls mit hineingezogen worden.
Jetzt wieder.
Johnny saß bei uns am Tisch und stellte seine nächste Frage. »Was genau werft ihr der Gruppe vor?«
»Das können wir dir nicht sagen«, meinte Suko.
»Ach? Oder wollt ihr das nicht?«
»Nein, denn es geht nicht um die Gruppe.«
Jetzt war der junge Conolly erstaunt. »He, worum geht es euch dann?«
»Um eine Person. Um ihn.«
»Um Kain?«
»Ja.«
Johnny lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und pfiff durch die Zähne. »Dachte ich es mir doch.«
»Was?«
»Dass er der Grund ist.«
Jetzt fragte ich: »Hast du da auch einen Grund, warum du so über ihn denkst?«
Johnny schüttelte den Kopf. »Nein, das war nur geraten. Aber ich weiß, dass er der Chef ist.«
»Gut. Und weiter?«
»Nichts weiter, John. Er hat alles im Griff. Die anderen tun, was er sagt.«
»Gut. Und was weißt du noch?«
»Sie machen gute Musik.«
»Das will ich nicht abstreiten. Ich denke, dass wir sie uns auch anhören.«
Johnny grinste und schüttelte den Kopf. »Das ist mir alles nicht geheuer«, sagte er. »Welchen Verdacht hegst du denn gegen Kain?«
Ich kannte Johnny schon verdammt lange. Ich wusste auch, dass er in der letzten Zeit in Fälle hineingerutscht war, die mich tangierten. Er wusste sehr viel. Er war ein Conolly und trug das Erbe weiter. Schon des Öfteren war er in höchste Lebensgefahr geraten und hatte sich im Laufe der Zeit ebenfalls zu einem Kämpfer entwickelt.
»Er kann ein Killer sein. Das heißt, ich gehe davon aus, dass er einer ist, und sein Antrieb ist wohl die Macht des Teufels oder der Hölle.«
Jetzt wusste auch Johnny Bescheid, und er stöhnte leise auf, bevor er nickte.
»Nun, was sagst du?«, fragte ich ihn.
»Ja, John. Ja.«
»Wie?«
»Man könnte davon ausgehen, dass er mit der Hölle paktiert. Bei der Musik und bei den Texten.
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