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Kains Erben

Kains Erben

Titel: Kains Erben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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den Kopf, küsste ihren Hals und ließ die Stirn auf ihrer Schulter ruhen.
    »Nur eines, Matthew«, fuhr sie fort und glättete sein Haar im Nacken. »Eines musst du mir sagen, weil es mir keine Ruhe lässt: Du hast gesagt, ich soll hier auf dich warten und mich nicht von der Stelle rühren …«
    »Versprich es mir«, fiel er ihr ins Wort und hob den Kopf wieder. »Tom hat mir in die Hand gelobt, dass es dir an nichts fehlen wird, ohne dass du seinen Grund und Boden verlässt. Tu es niemals, ich bitte dich. Diese Stadt ist ein Rattenbau aus tausend Gängen und Löchern. Wer dir im Verborgenen auflauern will, dem fällt es nirgendwo so leicht wie hier.«
    »Ich verspreche es«, erklärte Amicia feierlich. »Aber dafür musst du mir sagen, weshalb du dich vor dieser Stadt fürchtest.«
    »Ich fürchte mich doch nicht!«, protestierte er so entrüstet, dass sie lachen musste, obgleich die Frage ihr todernst war.
    »Nein, mein Liebster, spiel mir nicht den eisernen Ritter vor, der keine Furcht kennt. Was an dir aus Eisen war, liegt dort drüben auf dem Haufen, und was ich seit Stunden in den Armen halte, ist verletzlich und hat jedes Recht, sich zu fürchten. Vorhin warst du mutig genug, mir deine Angst vor Menschen zu gestehen, also sei jetzt nicht feige, sondern sprich.«
    Er grinste schief. »In London sind so abscheulich viele Menschen.«
    Sie versetzte seinem hübschen Mund einen Klaps. »Ich warne Euch, Mylord. Mit mir ist nicht zu spaßen.«
    »Das habe ich befürchtet.« Er stöhnte, wie er es so oft tat: als sei er ein Kranker, der alle Kraft aufbot, um nicht vor Schmerz zu schreien. Heftig zog er sie an sich. »Ich will nicht, dass du mich verachtest, Amicia. Ich habe mich von Menschen immer ferngehalten, damit mir gleichgültig bleibt, was sie von mir denken. Aber mir ist nicht gleichgültig, was du von mir denkst. Ich weiß, dass dich abstößt, was ich tue, dass du nicht begreifst, warum ich nicht das ehrenhafte Leben eines Ritters führe, und ich befehle mir Tag um Tag, darauf nichts zu geben. Aber ich gebe alles darum. Einst war ich sicher, das zauberhafteste Geschöpf auf der Erde sei ein Habichtsweibchen. Das Leben war unendlich viel einfacher, ehe du mir eingebläut hast, dass das nicht stimmt.«
    Amicia versuchte, sein Gesicht zu fassen, um ihn zu küssen, doch er ließ es nicht zu.
    »Ich dachte, die Bewunderung von Menschen sei ohne Wert«, fuhr er fort, »aber ich will, dass du mich bewunderst. Ich würde dir gern Geschichten über meine beispiellosen Taten erzählen, damit du zu dem Schluss kommst, ich sei der fabelhafteste Mann der Welt, ein Held ohne Furcht und Tadel. Nicht das Häufchen Elend, das sich vor den Richtern des Exchequers die Hosen nass macht wie ein Rotzlümmel vor dem Stock des Vaters. Kein Jammerlappen, der sich wünscht, es werde niemals Morgen, damit er nicht in dem verdammten Tower vorsprechen muss.«
    »Scht«, machte Amicia und schlug ihm sacht auf den Hinterkopf. »Nicht fluchen. Das gehört sich nicht für den fabelhaftesten Mann der Welt. Hörst du mir zu, du Held ohne Furcht und Tadel? Ich bin in einer Gemeinschaft von Zisterziensern aufgewachsen, auf einer Insel hinter dem Mond, und von den Läufen der Welt weiß ich weniger als nichts. Abt Randulph hat einmal zu mir gesagt: ›Wir können alle nur tun, was wir für das Richtige halten, und wenn wir wüssten, ob es wahrhaftig das Richtige ist, wären wir nicht wir, sondern Gott.‹ Sag mir nur, dass du tust, was du für das Richtige hältst – es soll mir genug sein. Und dann erzähl mir, was diese Richter dir antun können. Du bist nämlich weder ein Rotzlümmel noch ein Jammerlappen, und wenn dir etwas Angst macht, gibt es dafür einen Grund.«
    Noch einmal zog er sie mit aller Kraft an sich, dass sie fürchtete, er breche ihr die Rippen. Dann atmete er tief und erleichtert auf und sagte: »Danke.«
    »Es war mir ein Vergnügen, Mylord.«
    Er begann, ihre Schulter und ihren Hals hinauf kleine Küsse zu setzen, ihre Hüfte zu streicheln und sich zwischen ihren Beinen zu regen.
    »Halt!«, rief sie streng, während ihr Körper ihm bereits antwortete. »Muss ich dir Eisenkraut und Koriander einflößen, oder sagst du mir freiwillig, was dir von diesen Richtern droht?«
    »Ich. Weiß. Es. Doch. Nicht.« Nach jedem Wort gab er ihr einen Kuss. »Vermutlich nichts. Aber wenn doch, Amicia …«
    »Was, wenn doch?«
    »Wenn sie etwas mit mir tun, das mich hindert, dich nach Fountains Abbey zu bringen, dann finde ich

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