Kains Erben
verdient. Den Galgen. Oder aber wir lassen ihn laufen, und er öffnet uns dafür das Tor der Burg.«
»Zum Teufel, Mann, das weiß ich alles!«
Hastig räusperte sich Thibault und sabberte einen Klumpen Blut. »Er hat gesagt, er tut es – er stelle nur eine Bedingung, und dafür zahle er mir, was immer ich verlange. Aber um des Geldes willen hab ich’s nicht getan, Mylord, das müsst Ihr mir glauben.«
»Muss ich? Und warum hast du’s dann wohl getan? Weil dein Herz vor Mitleid mit den armen Kindlein überquoll?«
»Nein, Mylord, fürwahr nicht, nicht mit den Bastarden. Ich hab’s getan, weil er Euch so empörend an der Nase herumgeführt hat …«
Die Ohrfeige, die Thibault dafür kassierte, kostete ihn einen Zahn, den die Birne wahrscheinlich bereits gelockert hatte. Diesmal brauchte es eine ganze Menge Gesabber und Gespucke, ehe er weitersprechen konnte, und die einzelnen Worte waren nur noch mühsam auszumachen. »Ich wollt ihn zum Narren halten, Mylord. Um Euretwillen … Er hat gesagt, er tut alles, was wir verlangen, nur den Knaben sollen wir verschonen. Wir sollen ihm den kleinen Bastard in einen Sack stopfen und an einen vereinbarten Ort bringen, wo er ihn übernimmt und zu den Brüdern nach Quarr schleppt. Ich habe mir gedacht: Dein Gesicht möcht ich sehen, Satan von Stratton, wenn du den Sack aufmachst und statt des Knaben steckt ein Mädchen drin.«
Ich hätte Adams Gesicht auch gern gesehen, dachte Cyprian wider Willen. Ich wünschte, ich könnte den verdammten Randulph dazu bringen, mir dieses Gesicht zu beschreiben. Der Wunsch aber machte Thibaults Tat nicht weniger idiotisch, und welches Vermögen er von Adam eingesackt hatte, um es in seine marode Haushaltung zu pulvern, wollte er lieber nicht wissen. Außerdem hätte der Mann Jahre Zeit gehabt, ihm zu sagen, dass das Mädchen lebte, statt in scheinbarem Eifer hin und her zu reisen und sein Geld zu vergeuden.
Als lese er Cyprians Gedanken, hob Thibault noch einmal den Kopf. »Ich dachte doch, die Mönche setzen sie aus oder ersäufen sie. Die weißen Mönche dürfen doch kein Mädchen halten. Wie hätte ich denn wissen sollen, dass sie noch immer dort lebt?«
»Du hättest gar nichts wissen sollen«, erwiderte Thibault kalt. »Dazu hättest du nämlich Verstand gebraucht, und der geht dir ab. Zu guter Letzt hast du das Mädchen auch noch entwischen lassen. Was, meinst du, sollte dich das kosten, Thibault?«
»Ich habe sie nicht entwischen lassen!«, versuchte der Gefangene ein letztes Mal, sein jämmerliches Leben zu retten. »Ich hatte sie doch schon sicher in den Händen – Herr Matthew war es, der dazwischenging. Der Schuldige ist Herr Matthew, und wenn Ihr ihn mir überlasst, Mylord, dann werde ich dafür sorgen, dass er dafür büßt.«
»Aha.« Cyprian betrachtete den besabberten Haufen Elend und musste sich nun doch ein Lächeln verkneifen. Ja, er hatte diesem Mann erlaubt, Matthew zu bestrafen und ihm eine Lehre zu erteilen, weil er gehofft hatte, der Junge brauche nur eine härtere Gangart und einen Kerl, der ihn ein wenig zuritt, damit er zu Sinnen kam. Aber hatte Thibault dabei nicht so bodenlos versagt, wie ein Mensch nur versagen konnte? So oder so, sein Vertrauen in Thibault war erloschen wie die Hoffnung auf Matthew, und seine letzte Strafe würde Matthew von ihm selbst bekommen. Von niemandem sonst.
Etwas setzte sich in seine Kehle, eine Trockenheit, die schleunigst nach Wein verlangte. Er schnippte mit den Fingern, und der Bucklige eilte mit dem Krug herbei. Du hast keine Wahl, Cyprian , sagte er zu sich, während er langsam die Flüssigkeit über seine schmerzende Gurgel gleiten ließ. Du bist von Versagern umgeben, die solchen Aufgaben nicht gewachsen sind. Du musst selbst gehen, Kundschafter senden und einen Trupp ausrüsten, zu guter Letzt aber selbst das Schwert nehmen und das Spiel zu einem Ende bringen.
In seinen Ohren hallte ein Lied, wie es hündische Bettler in den Mond sangen, aber Cyprian ließ sich von solchen Liedern nicht erweichen. Er teilte den Schmerz, den auch der Wein nicht zu lindern wusste, mit seinem König. Vor Wochen war die Nachricht vom Tod Alphonsos nach Aldfield gelangt – die Nachricht vom Tod eines wohlgeratenen Knaben, dem sein Vater ein Trebuchet aus Holz zum Spiel geschenkt und auf den er all seine Hoffnung gesetzt hatte. Aber der König hatte noch einen Sohn. Er hatte Brüder, Vertraute und nannte eine der seltenen Frauen sein Eigen, die die Fähigkeit zur Treue besaßen.
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