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Kains Erben

Kains Erben

Titel: Kains Erben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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sie immer getan. Ich habe säckeweise Silberpennys für dieses Hirngespinst von Kreuzzug aus Kirchen gestohlen, und ich hätte auch keinerlei Skrupel, einem Haufen Zisterziensern ein Mädchen unter den Fingern wegzustehlen. Aber diese Büttel im Tower haben erschütternde Mengen von Beweisen gegen mich in der Hand. Wäre der König in London gewesen, hätte ich mich nicht freikaufen können, und wenn ich mich ausgerechnet jetzt bei der Schändung einer Abtei fassen lasse, habe ich die längste Zeit den Kopf über Wasser gehabt.«
    Sie wollte ihn stehen lassen. Aber die Frage nach dem geheimnisvollen Mädchen rumorte längst in ihrem Schädel. »Was willst du von mir, Adam?«
    Er wandte sich ab. »Dass du mir hilfst.«
    »Ist das dein Ernst? Du willst, dass ich für dich Leute ausschicke, damit die irgendwo ein Kloster überfallen und ein Mädchen rauben? Du musst verrückt sein. Haben sie dir im Tower den Verstand ausgeprügelt?«
    Er bog den Rücken durch. »Mich zu prügeln, sollte einer dieser Speichellecker wagen. Es bekäme ihm übel.«
    »Hör auf zu protzen.«
    »Hilfst du mir?«
    »Eher lege ich mir den Teufel ins Bett.«
    Er wirbelte herum. »Applaus!«, rief er. »Das ist die edle Isabel de Redvers, die Herrin von Carisbrooke. Scharf wie ein Panzerbrecher, durchtrieben wie ein Rossfälscher, aber immer vornehm und mit sauberen Händen.«
    Isabel zuckte zusammen. Hatte er bemerkt, dass sein Pfeil getroffen hatte? Sie sah Baldwyns Hände vor sich, die zarte weiße Haut und die Fingernägel ohne auch nur den kleinsten Trauerrand. Als Mädchen hatte sie sich sehnlichst gewünscht, solche Hände zu haben – und ein ebensolches Herz. Baldwyn hatte nie gelogen, nie geflucht, nie einen anderen um das Seine gebracht, sondern sich stets bemüht, die Sicht des Gegenübers zu begreifen, statt eine eigene darzulegen. Vielleicht ist es gut, dass Baldwyn gestorben ist, durchfuhr es sie, dann sieht er den Schmutz, der seiner Schwester beileibe nicht nur an den Händen klebt, nicht mehr.
    »Ich weiß, woran du denkst«, bemerkte Adam bitter.
    »So, tust du das?«
    »Es ist kein Kunststück, Isabel. Du bist nicht sonderlich originell. Wieder einmal entscheidet also der Heilige über unser Schicksal, nicht wir.«
    »Wen meinst du?«, fragte Isabel. »Man kommt allmählich durcheinander, zumal du neuerdings ja auch Randulph ›Seine Heiligkeit‹ nennst.«
    »Du weißt sehr wohl, dass ich ihre Allerheiligste Heiligkeit Baldwyn von Redvers meine«, ätzte er. »Gegen diese geballte Heiligerei ist der arme Randulph nicht mehr als ein Kirchenmäuschen, von dem du dich einwickeln lässt, weil er dich entfernt an den Allerheiligsten erinnert.«
    »Hör auf!«, schrie sie ihn an. »Nimm den Namen meines Bruders nie wieder in deinen dreckigen Mund!«
    Er schwieg und schluckte. Dann kam er zu ihr und sank noch einmal vor ihr auf die Knie wie ihr Vasall, der er war, als der er sich aber nie gebärdet hatte. »Gut«, sagte er. »Wenn du es so willst, werde ich mich daran halten, obwohl du dann niemanden mehr hast, der Baldwyn kannte. Den echten Baldwyn, der ein netter Kerl war, aber ein bisschen feige und verzagt. Nicht den, den du auf einen Sockel gestellt hast. Stein ist kalt, Isabel. Mein Mund mag dreckig sein, aber nirgendwo hat deine Zunge es so warm wie in meiner Mundhöhle.«
    Ein Zischen entschlüpfte ihr, ehe sie die Lippen aufeinanderpressen konnte.
    »Ich bitte dich, mir zu helfen«, fuhr Adam fort. »Nur noch das eine Mal. Ich brauche Kundschafter, die in London wie in Yorkshire Erkundigungen einziehen. Die Meute des Königs wird jedem meiner Männer auf die Finger sehen, aber jemand, der von dir käme, könnte unbehelligt agieren. Wenn ich weiß, wie es um das Mädchen steht, fällt mir hoffentlich ein, wie ich es befreien kann.«
    »Und warum sollte ich dir helfen?«, fragte sie hinunter in sein Gesicht. »Nenne mir auch nur einen überzeugenden Grund!«
    »Wenn ein Mensch mich kennt, dann du«, sagte er. Etwas in seiner Stimme zwang sie, ihren Blick nicht abzuwenden. »Du weißt, ich würde nicht betteln, wenn es nicht um alles ginge. Du sagst, du liebst mich nicht, und vielleicht hast du recht. Aber du hast dein Leben mit mir geteilt. Nicht mit Baldwyn, nicht mit Randulph oder dem formidablen Gregory. Außer mir ist keiner mehr da.«
    Sie hörte sich stöhnen. »Wie viele Männer brauchst du?«
    »So viele, wie du entbehren kannst. Ich komme für die Kosten auf.«
    »Wenn dieses Mädchen eine deiner Huren ist, dann

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