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Kains Erben

Kains Erben

Titel: Kains Erben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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Segen und meine Gebete würden dich begleiten.«
    »Danke«, krächzte Amicia. »Und wenn ich – wenn ich hierher zurückwill?«
    »Dann kommst du zurück«, antwortete Margaret und drohte ihr zugleich mit dem Finger. »Aber dann legst du dein Gelübde ab, verstanden? Wer immer es dir dann als Priorin abnimmt.«
    »Werdet denn nicht Ihr es mir abnehmen?«, fragte Amicia erschrocken.
    »Das ist eine andere Geschichte«, verwies sie Margaret. »Dich erwarte ich morgen früh in der Kleiderkammer, wo du den weißen Schleier ablegen und ein weltliches Gewand erhalten wirst. Bis zu deiner Abreise wirst du nicht mehr im Schlafsaal der Novizinnen wohnen, sondern als meine Verwandte im Gästehaus. Als meine Schwester sozusagen.« Noch einmal lachte sie auf, dann fuhr sie ernst und beinahe geschäftsmäßig fort: »Ich fürchte, die Vorbereitung der Reise wird mehrere Monate in Anspruch nehmen. Schließlich ist es Juden nicht gestattet, nach Gutdünken durch das Land zu reisen, und wir wollen deinen todesmutigen Freund ja nicht gefährden. Es werden Boten hin- und hergeschickt werden müssen, eine Verkleidung muss her, und ein Geleit zum Schutz werdet ihr auch brauchen.«
    Das Wort »Schutz« rief alles wieder wach. »Bin ich denn noch immer in Gefahr?«, stieß Amicia heraus. »Haben die, die mich hassen, ohne dass ich dafür je einen Grund kannte, noch immer nicht genug?«
    »Schscht«, machte Margaret beruhigend und hob eine Hand. »Das ist keine Frage, die hier beantwortet werden sollte, denn um die zu lösen, trittst du deine Reise an. Wir werden jedenfalls tun, was in unserer Macht steht, um für deine Sicherheit und die des jungen Mannes zu sorgen.«
    »Ich habe dafür kein Geld«, bemerkte Amicia entmutigt. »Und Vyves auch nicht.«
    »Aber Fountains Abbey hat Geld«, sagte Margaret. »Dank seiner Schafzucht dürfte es die reichste Zisterzienserabtei von ganz England sein, und Abt Henry vertraut mir. Überlass das mir, und verbringe bis dahin einen letzten eisigen Winter bei uns. Wenn das nächste Mal Frühling wird, bist du hoffentlich auf dem Weg. Und jetzt troll dich, Amicia. Ich bin keine junge Frau mehr und brauche mein bisschen Schlaf.«
    Benommen stand Amicia auf. Die überströmende Fülle, die sich in ihrem Schädel drängte, glich ein wenig der Leere, die sonst darin herrschte. »Ich wüsste gern etwas, womit ich Euch danken könnte«, war alles, was sie herausbekam, als sie die Türklinke schon in der Hand hielt.
    »Wenn es so ist, dann sage ich dir etwas«, entgegnete Margaret, die auf einmal alt und sehr müde aussah. »Du weißt, wir sind ein kleines Haus und besitzen nur wenige Bücher. In unserer Kleiderkammer befindet sich ein Buch, das du mit hierhergebracht hast. Würdest du es uns überlassen, wenn ich dir zum Ausgleich eine kleine Handschrift mit auf die Reise gäbe, die mein Liebster für mich gefertigt hat? Die Handschrift kann ich auswendig, aber von dem Buch hätte ich gern, dass es hierbleibt. Es hat meinem Bruder gehört.«

35
    D
rei Jahre hatte Edward I. in seinem Herzogtum Gascogne verbracht, um dem jungen König von Frankreich, dessen Vasall er war, bei Querelen mit den Nachbarn in Aragon und bei der Stärkung der Monarchie zur Seite zu stehen. Auf Letzteres verstand sich Edward wie kein Zweiter, weshalb es kein Wunder war, dass die Herrscher Europas auf ihn schauten, ihn als Vermittler beriefen und seinem Rat Gehör schenkten. Auch seinen Lebenstraum, den immer wieder verschobenen Kreuzzug, würde er letztlich noch auf den Weg bringen, daran hegte Cyprian keinen Zweifel.
    England durfte zum ersten Mal in einem ganzen Jahrhundert stolz auf seinen König sein. In einer Zeit, in der die Pfeiler der Macht ins Wanken gerieten, der Kaiserthron verwaist blieb und ein schwächlicher Papst den nächsten ablöste, verschaffte er seinem Land Stabilität. Dabei durchlebte auch England härteste Jahre. Das Meer bäumte sich zu sintflutartigen Wellen auf, bestimmte den Verlauf der Küste neu und riss ganze Dörfer mit sich fort. Auf den Hängen ersoff der Wein und auf den Feldern das Korn. Missernten erschwerten es den königlichen Beamten, die dringend benötigten Steuern einzutreiben, und zu allem gab es in Wales eine Rebellion, die erst nach anderthalb Jahren der Kämpfe niedergemacht werden konnte. Trotz alledem entglitten Edward nie die Zügel, die er mit eiserner Härte führte. Im Volk sprach man von ihm als dem »großen, schrecklichen König«, und man tat es mit unverhohlener

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