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Kains Erben

Kains Erben

Titel: Kains Erben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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sich und zeigten mit dem Finger auf die Tabula an Vyves’ Mantel, auf sein schwarzes Haar und auf den hilflosen Mann in seinen Armen. Warum er trotzdem nicht fand, er gehöre einem Glauben ohne Stolz und Würde an, verstand Vyves selbst nicht.
    »Du weißt nicht, wie das ist.« Gideon weinte. »Vielleicht hast du gut daran getan, nicht zu heiraten. Wenigstens ist dir niemand so lieb, dass sein Schmerz dich um den Verstand bringt.«
    Für den Bruchteil eines Augenblicks glaubte Vyves wieder auf den Pflastersteinen eines Brunnenhofs zu liegen und begreifen zu müssen, dass sie fort war, Amicia, die Amsel von Carisbrooke, und dass er nie wissen würde, was sie ihr angetan hatten. Dann fand er wieder zu sich. »Zweifellos hast du recht«, sagte er und zerrte Gideon weiter, derweil Getuschel und Gezische hinter ihnen verhallten. Bei jedem Schritt strich das Metall des Medaillons ihm über die Haut.

13
    S
eit ihrer Ankunft schlug Regen an die hölzernen Läden, eintönig und unermüdlich wie der Takt, in dem die Stunden versickerten. Einmal hatte Amicia den Laden begierig nach Licht aufgestoßen und hatte nichts bekommen als endloses, bleiernes Grau.
    In der zweiten Nacht war Bruder Timothy zu Magdalene aufs Bett gekrochen und hatte so lange liebkosend auf sie eingeredet, bis Amicia davon aus dem Schlaf schreckte. »Amselchen«, sagte er, als er sah, dass sie aufrecht im Bett saß, »Amselchen, ich will, dass du eines weißt: Wenn wir nach Fountains Abbey kommen, gehe ich dort zum Abt und bitte ihn, mich von meiner Profess zu entbinden, damit ich Magdalenchen heiraten kann. Was die Hebamme gesagt hat, macht mir nichts aus.«
    Die Hebamme hatte gesagt, es sei unwahrscheinlich, dass Magdalene noch einmal ein Kind bekommen könnte.
    »Ich war ja noch ein grüner Junge, als mein Vater mich dem Kloster gebracht hat, damit ich ihm nicht hungers sterbe«, sagte er. »Gott muss mir vergeben. Ich wusste doch gar nicht, was ich da alles gelobe.«
    »Ja, ja gewiss«, sagte Amicia. »Jetzt gib Ruhe und schlaf.«
    »Ich hab dich ja nur wissen lassen wollen, dass ich wie ein Ehrenmann an Magdalenchen handeln werde.«
    »Ja, ja«, sagte Amicia noch einmal, und kurz darauf schlief Timothy an Magdalene geschmiegt ein. Erst jetzt bemerkte Amicia, dass sie im Raum nur zu viert waren. Matthew fehlte. Er ging ihr aus dem Weg, seit sie ihm die Abreibung verpasst hatte. Er hatte am Abend nicht mit ihnen gegessen und sich hinterher nicht mit ihnen schlafen gelegt. Feigling, dachte Amicia und fühlte sich unangemessen enttäuscht.
    Noch immer hielt Magdalenes Krankheit sie in dem Gasthof vor Petersfield fest. Die Hebamme kam jeden Morgen, um nach dem Mädchen zu sehen, und wenn sie wieder ging, ritt auch Matthew auf Althaimenes davon. Er nahm den namenlosen Hund mit, scherte sich nicht um den Regen, sagte niemandem, was er vorhatte, und kehrte erst nach Einbruch der Dunkelheit zurück. Wenn er einem von ihnen begegnete, verhielt er sich wortkarg, aber ausgesucht höflich, ohne jede Spur von Überheblichkeit.
    Hugh verbrachte seine Tage in der Schankstube, und Timothy wäre gern unentwegt bei Magdalene geblieben, aber die bat ihn, sobald sie die Kraft fand zu sprechen, sie mit Amicia allein zu lassen. »Er ist ein Guter«, sagte sie, nachdem er sich getrollt hatte. »Aber er strengt mich ein bisschen an, verstehst du?« Ihre Stimme klang fahl, und ihr Gesicht wirkte gläsern, als wäre alles Blut aus ihr herausgelaufen.
    Amicia bemühte sich um ein Lächeln. »Das verstehe ich allerdings. Ich an deiner Stelle hätte ihn längst hinausgeworfen.«
    In den Augen des Mädchens blitzte ein Lachen, das gleich darauf wieder verlosch. »Amsel«, presste es heraus.
    »Sprich nicht. Es kostet dich zu viel Kraft.«
    »Ich muss ja sprechen. Du hast meinem Herrn Matthew wehgetan, nicht wahr?«
    »Tu mir eine Liebe und hör auf mit deinem Herrn Matthew!«
    »Das kann ich nicht«, sagte Magdalene. »Zu mir war nie ein Mensch so gut wie er.«
    »Beim heiligen Erasmus, er war nicht gut zu dir, du dumme Trine!«, rief Amicia. »Wenn nicht er es war, der dich in diese Lage gebracht hat, dann nur, weil er mehr Glück hatte als der arme Timothy, der dich zumindest heiraten will.«
    »Er will was?« Ein kleines heiseres Kichern entfuhr ihr. »Aber ich bin doch eine Hübschlerin, Amsel!«
    »Ach was, du bist ein albernes Kind, das nicht begreift, dass nicht die ganze Welt voller liebenswerter, freundlicher Menschen ist.« Ein Klumpen saß ihr in der Kehle. Amicia

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