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Kains Erben

Kains Erben

Titel: Kains Erben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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auf wie ein Herr, und er war dazu geboren, den Herrn zu spielen, wenn er auch nie einer sein würde.
    Wie auch immer – Adam war nicht hier. Weder Adam noch Baldwyn. Nur Isabel, wie in all den Jahren. Sie ließ das Feuer schüren, dass es trotz des milden Abends mannshoch loderte, und in Leuchter und Wandarme duftende Wachskerzen füllen. Zum Dinner orderte sie einen gerösteten Kapaun und zwei Schnepfen in pfeffriger Tunke, in Bier gelegte Maifische aus dem Mühlbach von Wootton, jungen Kohl, in Safran und Butter gewendet, frisch gesammelte Morcheln, Feigenpasteten, Gebäck aus Honig und Pinienkernen und den zarten, schmelzenden Käse, den sie sich aus der Champagne schicken ließ. Dazu einen fast schwarzen, mit einem Hauch von Bitterkeit gewürzten Wein, der ein Vermögen kostete, aber nicht aus Sizilien stammte.
    Sie rief ihre Kammerfrau, an der sie schätzte, dass sie nur sprach, wenn sie gefragt wurde, ließ sich das Haar auskämmen und wählte ein auf den ersten Blick schlichtes Kleid aus Brokat. Es war ihr Lieblingsstoff, weil Baldwyn gesagt hatte, er sei so wie die Insel: seidig und golddurchwirkt.
    Isabel war nie hübsch gewesen und hatte sich nie gewünscht, es zu sein. Hoheitsvoll, imposant und unnahbar, so hatten Männer sie beschrieben, und die meisten von ihnen hatten es nicht schmeichelhaft gemeint. Sie machte sich nichts vor: Kaum ein Mann vermochte eine Frau zu ertragen, die ihm überlegen war. Diejenigen, die um sie geworben hatten, hatte es nach ihrem Geld und ihrer Macht verlangt, nicht nach der seltsamen Isabel de Redvers auf dem hohen Ross.
    »Hab Dank, Rose, es ist genug«, sagte sie zu der Kammerfrau und ließ den Rest des aufgeflochtenen Haars auf die Schultern fallen. »Tu mir eine Liebe, lass Tomos bestellen, wir brauchen ihn und sein Organistrum zum Dinner. Und den Sackpfeifer dazu.« Tomos war der walisische Spielmann, den ihr Bruder so sehr geliebt hatte. An Isabels Hof gab es andere Musikanten, mit denen mehr Staat zu machen war als mit dem Alten und seiner Drehleier, doch zuweilen stand ihr der Sinn nach seinen Liedern. Sie erzählten von unerfüllter Sehnsucht und Sternen, die zum Greifen zu weit gewesen waren, und das Klagen der Sackpfeife passte dazu.
    Zum Dinner lud Isabel eine Handvoll auserwählter Ritter ihrer Familia ein, damit Piers de Montfichets Leute Gesellschaft hatten. Vier Damen ihres Haushalts vervollständigten die Runde. Die Männer, die bereits Bier erhalten hatten und gelöster Stimmung waren, wurden an zwei im Winkel aufgestellten Tischen platziert, während an der großen Tafel Isabel, ihr Stewart und der Gast allein Platz nahmen. Roger zählte dabei lediglich als Beiwerk, da er zum Gespräch nichts beitragen würde.
    Während des Essens bestritt der Gast die Unterhaltung nahezu allein, erging sich in Lobeshymnen über den Zustand der Burg, den Luxus der Quartiere und jede einzelne der erlesenen Speisen. Entweder er bemerkte nicht, dass seine Gastgeberin kaum ein Wort zur Antwort beisteuerte, oder er war entschlossen, es zu ignorieren. Je leerer sich die Schüsseln und Platten darboten, desto leerer wurde auch seine Rede. Je mehr abgenagte Knochen sich rund um die Leuchter mit den tropfenden Kerzen häuften, desto häufiger entstanden Pausen verlegenen Schweigens.
    Isabel verlangte von Rittern, die auf ihrer Burg zu Gast waren, grundsätzlich nicht, dass sie sämtliche Waffen zum Essen ablegten, wie es auf anderen Burgen üblich war. Das Gezänk, das aufkam, gehörte zur Unterhaltung. Auch an diesem Abend blieb es nicht aus. Einer der Ritter von Montfichet hatte einem der Ritter von Carisbrooke von den Vorzügen seiner Verlobten vorgeschwärmt, der andere hatte eine abschätzige Bemerkung fallenlassen und nahm sie auf Forderung des ersten nicht zurück. Die Gefährten des Hertford-Mannes, selbst der mit dem verbundenen Arm, drangen deshalb auf den Beleidiger ein, der auf die Bank sprang, durch den Saal lachte und ausrief: »Kein Mann von der Isle of Wight nimmt es hin, dass eine fremde Dame Lob erhält, während unsere eigenen Blumen unbeachtet bleiben!«
    Isabel kannte den jungen Mann gut. Er hieß Peter de Heyno, entstammte einer der ältesten Familien der Insel und hatte sich trotz seiner Jugend bereits mehrfach bewährt. Hinter seinem Wunsch, den anderen zu reizen, steckten weder Tücke noch Missgunst, sondern Überschwang und die belebende Lust zu kämpfen.
    Wie er es erhofft haben mochte, stieg der Mann aus Montfichet ebenfalls auf die Bank. »Dann sprecht

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