Kains Erben
Euer Urteil noch einmal mit der Waffe, und lasst uns sehen, wer hier etwas von Damen versteht!« Seine zwei Gefährten, die dazwischensaßen, sprangen flugs aus dem Weg, und der Herausforderer zog mit metallischem Ratschen sein Schwert.
All dies gehörte zu einem geselligen Abend wie Musik und Spiel, besonders in Friedenszeiten, wenn Ritter nicht genug Bewegung bekamen. Mit einiger Wahrscheinlichkeit gab es gar keine Verlobte, sondern nur den Wunsch, die Kräfte zu messen und sich die Schlacke aus den Knochen zu schütteln.
Peter de Heyno zog ebenfalls sein Schwert, und die ersten Schläge führten sie auf der Bank, um ihr Geschick und ihre Wendigkeit zu zeigen. Das hölzerne Möbelstück schwankte bedenklich, derweil die blanken Klingen aufeinanderklirrten. Der alte Tomos sang dazu leise sein Lied, und die Klage der Sackpfeife fügte sich ein. Die Damen applaudierten jeder gut geführten Parade, und die Gefährten überboten sich im Wetten. Kurz hatten alle Vergnügen, doch allzu schnell wurde deutlich, dass Peter de Heyno seinem Gegner haushoch überlegen war.
Bloßfechten ohne Schild und Schutz erforderte Schnelligkeit und Übung mit der Deckung, und Isabel hatte einen normannischen Fechtmeister eingestellt, der ihre Leute darin schulte. Dennoch wünschte sie, Peter hätte seine Fähigkeiten nicht so offen zur Schau gestellt. Es verstieß gegen die Höflichkeit, einen Gast derart mühelos in die Schranken zu weisen. Zuerst zwang er ihn rückwärts von der Bank hinunter, wobei der Mann stolperte und eine wenig elegante Figur abgab. Alsdann führte er zwei rasche Stiche, mit denen er ihm Brust und Flanke hätte durchbohren können, und zwang ihn, bis an die Wand zurückzuweichen. Zuletzt wirbelte er die schwere Waffe herum, umfasste mit beiden Händen die Klinge und hieb dem Gegner das Heft auf die Schultern.
Es waren freundschaftliche Hiebe, die den Mann unter seinem Gambeson nicht verletzten, doch sie warfen ihn auf die Knie. Peter lachte, schwang zum Tisch herum und verneigte sich vor den Damen.
»Ich habe mich für meinen Ritter zu entschuldigen, Mylord«, bekundete Isabel scharf und warf Peter einen vernichtenden Blick zu. Damit hätte die Sache ausgestanden sein sollen. Dass das Betragen blutjunger Ritter zu wünschen übrig ließ, war ein landläufiges Übel, mit dem sich jeder herumplagte, der Bewaffnete hielt.
Piers de Montfichet wirkte verschnupft und hatte Schweißtröpfchen auf der Oberlippe, doch er murmelte tapfer: »Keine Ursache, Mylady.«
Im nächsten Augenblick schoss der besiegte Ritter in die Höhe und stieß Peter de Heyno sein Schwert in den Arm. Der Stich kam so unerwartet, dass dem jungen Mann ein Schmerzlaut entfuhr und Tomos’ Hand an der Kurbel der Drehleier erstarrte.
»Nicht für mein Mädchen!«, rief der Mann aus Montfichet. »Für König Edward von England, der für euch alle und für eure Prasserei bezahlt!«
Mit einem Wutschrei stürzte der Verletzte sich auf seinen Gegner, eine der Damen kreischte auf, und auf die friedliche Jagdszene auf dem Wandteppich spritzte Blut.
Isabels Ritter waren bestens geschult. Auf ein Wort von ihr erhoben sie sich wie ein Mann, sprangen hinzu und trennten die Kämpfenden. Die bluteten beide aus Schnittwunden, doch Isabel sah mit einem Blick, dass keiner von ihnen schwer verletzt war. »Ich denke, der Herr de Heyno kühlt sein Mütchen eine Nacht lang im Verlies«, versetzte sie schneidend. »Geoff, Ihr bringt Peter hinüber und sagt dem Bader, er soll sich um die Wunde kümmern. Ich empfehle Essig zum Auswaschen, die Lektion kann nicht schmerzhaft genug sein. Was Ihr mit Eurem Mann tut, Mylord, bleibt natürlich Euch überlassen, doch wünsche ich in meiner Halle keine Blankwaffe mehr.«
Piers de Montfichet presste beide Hände an die Schläfen, als wolle er die passende Antwort aus seinem Quadratschädel hinauspressen. »Mein Heißsporn teilt das Schicksal des Euren«, schnarrte er schließlich. »Ab ins Verlies mit den beiden, und es möge nützen!« Wenig überzeugend hob er seinen Kelch und trank.
Es gab einiges Gemurre und Getuschel, doch letzten Endes wurden die Übeltäter abgeführt, und die Wogen der Erregung erstarben. Isabel ließ die Tafeln abräumen und schickte Diener und Damen zu Bett. Die Ritter schlossen sich an.
»Sagt dem Mundschenk, er soll noch Wein bringen«, bat Isabel ihren Stewart. »Dann legt Euch auch schlafen, Roger. Der Tag war lang.«
»Ihr kommt zurecht, Mylady?«, fragte er zweifelnd und unterdrückte ein
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